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Die Auserwählten

Die Auserwählten

Titel: Die Auserwählten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Kazinski
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hatte nie zuvor erlebt, dass er laut geworden war.
    Der Polizeichef versuchte, Haltung zu bewahren und trotz seines Gefühlsausbruchs kontrolliert zu wirken. Es würde eine Untersuchung geben, das wusste er. Er würde vernommen werden: Warum hatte er Tommaso suspendiert? Ob er dem, was Tommaso gesagt hatte, mehr Bedeutung hätte beimessen sollen? Die Rettungssanitäter hatten noch in der Toilette versucht, Tommaso mit einem Defibrillator zu reanimieren, und dabei das bizarre Muster entdeckt, das sich von Schulter zu Schulter quer über seinen Rücken zog. Ein seltsames Mal aus aufgedunsener, geröteter Haut.
    »Die Haut war so heiß, als wäre sie in Kontakt mit Feuer gewesen«, hatte einer von ihnen gesagt.
    Der Arzt streckte den Kopf aus der Tür und rief: »Kommen Sie mit!«
    So redete sonst niemand mit dem venezianischen Polizeichef. Aber vielleicht war das ja nur ein Vorgeschmack auf das, was ihm noch bevorstand. Degradierung. Demütigung. Höhnische Artikel in der Presse.
    Sogar mit einem toten Mitarbeiter am Tisch dachte Commissario Morante vor allen Dingen an seinen eigenen Status.
    ***
    Leichenhalle
    Eine einzelne Girlande schmückte den Eingang. Auch in der Rechtsmedizin war Weihnachtszeit.
    Der Leichnam von Tommaso di Barbara lag mit dem Gesicht nach unten auf dem eiskalten Stahltisch. Aber nicht der Leichnam als solcher nahm ihre Blicke gefangen, sondern der dekorierte Rücken.
    Der Polizeichef trat einen Schritt vor und betrachtete Tommasos Rücken. »Was ist das?«
    »Ich hatte gehofft, Sie könnten mir das sagen.« Der Arzt blieb mit vorwurfsvoller Miene am Fenster stehen. Als wäre das alles die Schuld des Polizeichefs.
    »Woher soll ich das wissen?«
    Der Arzt zuckte mit den Schultern.
    »Genau davon hat Tommaso gesprochen.« Flavios Stimme war nur noch hauchdünn. Er blickte zu Boden und fuhr fort. »Er hat von Menschen gesprochen, die mit einem solchen Mal auf dem Rücken gestorben sind. Dieser Fall, von dem er immer geredet hat. Das Päckchen aus China. Die Berichte, die er ausgeschnitten und gesammelt hat. Hätten wir ihm doch nur geglaubt.«
    In dem Raum wurde es still.
    »Was können Sie denn über die Todesursache sagen?«, fragte der Polizeichef schließlich.
    Der Arzt zuckte erneut mit den Schultern. »Wenn mir keiner sagen kann, was das da ist, würde ich sagen: Mord.«
    »Mord?«
    »Giftmord. Eine andere Ursache für dieses Mal kann ich mir kaum denken.«
    Sie atmeten tief durch. Flavio hatte sich etwas zurückgezogen. »Flavio!«, rief Commissario Morante.
    »Ja, Chef?«
    »Schaffen Sie mir Tommasos Sekretärin her. Sie weiß eine Menge über diesen Fall. Sie hat für ihn übersetzt.«
    »Ja, verstanden, Chef.«
    »Und lassen Sie uns Kontakt zu Interpol aufnehmen.«
    Der Polizeichef sah erst den Arzt und dann Flavio an. »Es ist wichtig, rechtzeitig zu handeln. Jetzt.«

Teil II: Das Buch der Gerechten
    Teil II
    Das Buch der Gerechten

Aber Abraham trat zu ihm und sprach:
Willst du denn den Gerechten mit dem Gottlosen umbringen?
Es könnten vielleicht fünfzig Gerechte in der Stadt sein;
Der HERR sprach:
Finde ich fünfzig Gerechte zu Sodom in der Stadt,
so will ich um ihretwillen dem ganzen Ort vergeben.
    1. B UCH M OSE 18

1.
    1.
    Vesterbro, Kopenhagen Der Schnee knirschte unter Niels’ Schuhen, als er über den Parkplatz hastete. Er konnte Hannah nicht sehen, wusste aber, dass sie irgendwo in seiner Nähe war.
    »Niels!«
    Er gab den Versuch auf, seinen Koffer durch den frisch gefallenen Schnee zu ziehen, und hob ihn stattdessen vor seine Brust. Irgendwie fühlte er sich dadurch geschützt. Wie durch eine überdimensionale, schusssichere Weste.
    »Du hast das die ganze Zeit über gewusst, Niels.«
    Sie war jetzt hinter ihm.
    »Ich weiß nicht, wovon du redest.«
    »Es geht um dich, Niels.«
    »Hörst du denn nicht, wie lächerlich das klingt?«
    »Lächerlich?«
    Er wurde langsamer.
    »Etwa, weil es jetzt um richtige Menschen geht? Findest du es deshalb mit einem Mal lächerlich?« Sie holte ihn ein, packte seinen Arm und sagte: »Waren das nicht deine Worte, Niels?«
    Niels antwortete nicht. Sie hatten jetzt das Auto erreicht.
    »Wann bist du zuletzt verreist?«
    Niels vermied den Augenkontakt. Er weigerte sich, ihr zu antworten. Hannah wurde lauter: »Antworte! Wenn es so lächerlich ist, kannst du ja einfach antworten.«
    Niels wühlte in seinen Taschen.
    »Suchst du den hier?« Sie hielt den Autoschlüssel hoch.
    »Verdammt. Das ist dein Auto.«
    »Genau. Fahren wir?«
    Sie

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