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Die Auserwählten

Die Auserwählten

Titel: Die Auserwählten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Kazinski
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Viele der Opfer haben für wohltätige Organisationen gearbeitet. Sie wissen schon: Entwicklungshilfe, Ärzte, Sozialdienst.«
    Niels las: Red Notice. Der Text war auf Englisch, verfasst in dem für Interpol so typischen lakonischen, abgehackten Stil: Possible sectarian killings. First reporting officer: Tommaso di Barbara . Niels fragte sich, ob die da unten in Lyon auch so miteinander sprachen. Wie Roboter.
    »Früher hätten wir darauf gar keine Zeit verwendet. Aber jetzt, nach den Mohammed-Karikaturen … in Zeiten der Globalisierung. Was immer das bedeuten soll.«
    »Welche Verbindung gibt es zwischen den Morden?«, fragte Niels.
    »Schriftzeichen auf den Rücken der Opfer, wenn ich das richtig verstanden habe. Ein Mal. Vielleicht haben die Morde einen sektiererischen Hintergrund? Wer weiß, vielleicht lauert hinter jeder Ecke irgendein Verrückter mit Krummsäbel und einer halben Tonne Dynamit um den Bauch.«
    »Sie meinen, es gibt ein religiöses Motiv?«
    »Vielleicht, aber wir haben nichts mit der Aufklärung zu tun. Zum Glück. Morde im Namen des Glaubens. Das bedeutet immer höllisch viel Papierarbeit. Alte verstaubte Bücher, mit denen man sich auseinandersetzen muss. Was ist eigentlich aus der guten alten Gier und Eifersucht geworden? Das waren noch Motive, die man verstanden hat.«
    Sommersted unterbrach sich und blickte ein paar lange Sekunden aus dem Fenster. Niels hatte den Eindruck, als wären seine Gedanken durch das Wort »Eifersucht« auf Abwege geraten. Er hatte Sommersteds Frau bei einigen Anlässen zu Gesicht bekommen. Aufgewachsen in einem Internat, blond, eine etwas verblasste Schönheit, die die Schattenseiten des Lebens vermutlich nie kennengelernt hatte. Aber vielleicht war so ein Leben als Frau der Oberschicht, die zu Hause blieb, gar nicht so einfach. Wo holte man sich dann seine kleinen Siege und Motivationsschübe? Die persönlichen Bestätigungen, die der Seele Nahrung gaben? Sommersteds Frau fand die ihren in den Blicken der anderen Männer, das hatte Niels schon beim ersten Mal bemerkt, als er sie an der Rezeption hatte stehen sehen. Sie stand dicht neben ihrem Mann und nahm immer wieder seine Hand, orientierte sich aber unablässig an den Blicken der anderen im Raum.
    »Ich meine, Sie sollten den Tag nutzen, um mal Kontakt zu den … na, sagen wir acht bis zehn guten Menschen in Kopenhagen aufzunehmen. Erkundigen Sie sich, ob ihnen irgendetwas Ungewöhnliches aufgefallen ist. Den Chef vom Roten Kreuz, die Leute von den Menschenrechtsorganisationen und ein paar Umweltaktivisten. Diese ganzen Organisationen. Bitten Sie sie, mal einen Blick nach hinten zu werfen, damit wir den Rücken frei haben.«
    »Und was ist mit denen, die zur Klimakonferenz gekommen sind?«
    »Nein.« Sommersted rang sich ein Lächeln ab. »Die werden vermutlich so schon genug geschützt. Außerdem sind die ja alle in vier Tagen wieder weg. Ich glaube, dass diese Bedrohung eine langfristigere Perspektive hat.«
    Niels warf einen Blick auf die beiden Blätter, obwohl Sommersted ihn allem Anschein nach aus dem Zimmer haben wollte.
    »Gibt es bereits Verdächtige?«
    »Bentzon, rechtzeitige Vorsorge, sonst nichts.«
    »Aber warum wenden die sich an uns?«
    »Hören Sie: Das ist eigentlich gar nichts. Sie können das quasi als freien Tag betrachten, als Dank für die Hilfe heute Nacht. Würden wir derart vage Hinweise jedes Mal ernst nehmen, kämen wir zu nichts anderem mehr. Dabei haben wir wirklich genug zu tun. Begehen wir auch nur den kleinsten Fehler, verlangen morgen früh drei Morgenzeitungen und einhundertneunundsiebzig Abgeordnete eine Erklärung, eine Untersuchung und Überarbeitung der Priorisierung unserer Arbeit. Da kann ich noch so große Lust haben, diese Leute zum Teufel zu wünschen oder ihnen den Mund zu verbieten; ich bin dann gezwungen, Rede und Antwort zu stehen und brav zu nicken wie ein Schuljunge beim Abschlussball.«
    Sommersted seufzte übertrieben und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Diese Rede hatte er schon einmal gehalten.
    »So sieht meine Wirklichkeit aus, Bentzon: Ich muss permanent vor Ministern und der Staatsanwaltschaft geradestehen. Muss Mails versenden und darin erklären, warum wir nicht zwei Minuten früher am Tatort waren, und der Presse gegenüber klarstellen, warum wir unsere Arbeit so schlecht machen, denn dieser Glaube scheint sich tatsächlich irgendwie gefestigt zu haben.«
    Sommersted zeigte aus dem Fenster auf die Stadt.
    »Betrachten Sie mich als Ihren

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