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Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Titel: Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joelle Charbonneau
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fest entschlossen zu sein, dich für sich allein zu beanspruchen.«
    Aus einem ersten Impuls heraus will ich das vehement abstreiten, aber es stimmt, dass Tomas recht einsilbig geworden ist, seitdem Will zu uns gestoßen ist. Wenn er überhaupt etwas sagt, dann ist sein Ton so wachsam, dass ich mich schon gefragt habe, was los ist. Im Augenblick läuft Tomas vor uns her: nahe genug, um unser Gespräch mit anzuhören, aber weit genug weg, um sich nicht beteiligen zu müssen. Vielleicht hat Will ja recht. Nicht dass Tomas mich für sich allein haben will, denn schließlich weiß er ganz genau, dass dies weder die richtige Zeit noch der richtige Ort für ein Eifersuchtsdrama ist. Im Augenblick zählt nur, die Auslese zu überleben. Aber vielleicht hat Tomas Schwierigkeiten damit, dass Will zu Fuß unterwegs ist. Wenn wir uns mit ihm zusammentun, bedeutet das, dass wir weitaus langsamer als bisher vorwärtskommen werden. Allerdings bin ich mir gar nicht sicher, wie gut Tomas angesichts seiner Verletzung überhaupt mit dem Rad fahren kann. Im Laufe des Tages ist sein Humpeln immer schlimmer geworden. Es wird Zeit, dass wir dem Labyrinth entkommen und uns einen kühlen Fluss suchen, in dem Tomas sein geschwollenes Hinterteil kühlen kann.
    Aber es hat keinen Sinn, jetzt über Will und Tomas nachzugrübeln – nicht wo wir schon wieder in eine Sackgasse eingebogen sind. Wir kehren um und versuchen es auf einem anderen Weg. An der nächsten Gabelung gibt es zwei Möglichkeiten. Sollen wir uns nach rechts halten oder doch lieber nach links gehen? Der Kompass verrät uns, dass die Straße, die aus der Stadt hinausführt, irgendwo rechts liegen muss. Also schlagen wir diese Richtung ein.
    Wir folgen der Anzeige des Kompasses und laufen immer weiter. Irgendwann weist uns Tomas darauf hin, dass die Häuser, an denen wir vorbeikommen, allmählich kleiner werden und mehr und mehr jenen ähneln, die wir passiert haben, als wir in die Stadt hineinfuhren. Das Ende des Labyrinths muss ganz nah sein. Ich würde zu gerne auf mein Fahrrad springen und die Straße hinuntersausen, um zu sehen, ob die Vermutung stimmt. Stattdessen marschieren wir zu Fuß weiter. Eine Meile lang teilt sich die Straße nicht mehr, was bedeutet, dass wir auch keine Entscheidungen treffen müssen. Zwei Meilen. Das Lächeln auf unseren Gesichtern wird zuversichtlicher. Es gibt immer weniger Häuser links und rechts an der Straße. Und endlich sehen wir vor uns nur noch harten und zusammengebackenen Erdboden und die wenigen Pflanzen, die in dieser Gegend überlebt haben. Die Straße scheint sich bis in endlose Ferne zu erstrecken.
    Als die Stadt einige Meilen hinter uns liegt, fragt Will: »Würde es euch etwas ausmachen, wenn ich heute noch bei euch übernachte? Ab morgen will ich euch nicht mehr unnötig aufhalten, aber es wäre schön, noch ein bisschen länger in Gesellschaft zu sein.«
    »Natürlich kannst du heute Nacht bei uns bleiben.« Tomas’ Zustimmung kommt, noch bevor ich etwas sagen kann. Aber mir entgeht nicht, dass er Will lediglich für diese eine Nacht eine Zusage gegeben hat.
    Auch wenn ich weiß, dass Tomas darüber nicht erfreut sein wird, füge ich hinzu: »Unsere Nahrungsvorräte gehen zur Neige. Morgen werden wir also ohnehin zu Fuß unterwegs sein und nach Essen und Wasser suchen. Vielleicht entdecken wir dabei ja auch irgendein Gefährt für dich. Dann können wir bis zum Ende zusammenbleiben.«
    »Das klingt toll.« Will lächelt. »Aber wenn wir morgen nichts Fahrbares finden, dann müssen wir uns trennen. Ich will nicht, dass ihr beide meinetwegen zurückfallt. Je schneller ihr wieder in Tosu-Stadt seid, desto besser. Okay?«
    Nach diesen Worten entspannt sich Tomas ein bisschen. Wir setzen unseren Weg fort, bis die Sonne schon tief am Horizont steht. Von der Straße aus ist der südliche Grenzzaun, der das Prüfungsgebiet markiert, sichtbar. Dahinter entdecke ich ein glitzerndes, klares Gewässer. Unwillkürlich frage ich mich, ob die Prüfer uns ganz bewusst diesem verlockenden Anblick aussetzen. Vermutlich wollen sie herausfinden, ob wir uns an die Anweisung, das abgesteckte Testgebiet auf keinen Fall zu verlassen, erinnern und ob wir sie befolgen.
    Wir suchen uns eine geeignete Stelle hinter einem großen Steinhaufen für unser Lager aus. Während sich Tomas und Will damit beschäftigen, ein Feuer anzuzünden, ziehe ich los, um nach etwas Essbarem zu suchen. Der Boden hier ist härter und ausgetrockneter als auf der anderen Seite

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