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Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Titel: Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joelle Charbonneau
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Versuch.
    Zunächst bemühen wir uns noch, die Sache mit Humor zu nehmen, wenn wir vor der anscheinend unvermeidlichen nächsten Barriere stehen, die uns zum Umkehren zwingt. Aber nach stundenlangem Suchen wollen uns die lustig gemeinten Bemerkungen nicht mehr so recht über die Lippen kommen. Unser Lachen wird gezwungener, bis es uns schließlich ganz vergeht. Meine Kopfhaut juckt vom Schmutz und vom Schweiß, und mein ganzer Körper tut mir weh von der ständigen Anstrengung, die uns doch nirgends hinzuführen scheint. Wir essen den allerletzten Rest des getrockneten Obstes. Tomas entdeckt ganz unten in seiner Tasche ein steinhartes Brötchen, das wir uns teilen, um damit den nagenden Hunger zu stillen. Die einzig gute Nachricht ist, dass wir keinerlei Auswirkungen des verdächtigen Wassers verspüren. Doch selbst die kurze Erleichterung darüber wird getrübt, als wir der Tatsache ins Auge sehen, dass der Vorrat nicht mehr lange reichen wird. Keine einzige Wolke ist am Himmel zu entdecken, die uns Hoffnung auf Regen machen könnte.
    Meine müden Beinmuskeln protestieren, als wir einen Weg mit einer Steigung einschlagen. Ich muss mich zwingen, weiter in die Pedale zu treten. Langsam bekommen wir einen besseren Überblick über die Stadt, obwohl wir uns gar nicht so hoch befinden. Aber hier und dort, wo die Gebäude im Laufe der Zeit in sich zusammengefallen sind, können wir mehr sehen als nur die unmittelbar hinter uns liegende Strecke. Wenn ich die Augen zusammenkneife, meine ich, in der Ferne das lang gestreckte Gebäude mit dem Kuppeldach zu erkennen, an dem wir am Anfang des Labyrinths vorbeikamen. Wie weit wir davon schon weg sind!
    Ich weise Tomas darauf hin, und zum ersten Mal an diesem Tag wirft er mir ein von Herzen kommendes Lächeln zu. »Nun, somit kann das Ende ja nicht mehr weit sein, oder? Dann wollen wir es mal finden.«
    Die Aussicht darauf, die Stadt auf der anderen Seite wieder verlassen zu können, ist so verlockend, dass wir neue Kräfte mobilisieren. Als wir wieder mal nicht weiterkommen, meint Tomas: »Tja, eine Sackgasse weniger auf dem Weg zum Ausgang.«
    Dann kehren wir um.
    In diesem Augenblick hören wir es: den Klang von Stiefeln auf Asphalt. Jemand ist ganz in der Nähe von uns. Wir legen einen Zahn zu, biegen um eine Ecke, treten in die Pedale.
    Eine Sackgasse.
    Die Laufschritte kommen näher. Ich werfe Tomas einen Blick zu. Angst und wilde Entschlossenheit liegen in seinen Augen, als er mir zunickt. Wir steigen von unseren Fahrrädern ab, legen sie auf den Boden und holen unsere Waffen heraus. Jetzt kann man hören, dass es Ledersohlen sind, die aufs Pflaster trommeln, und zwar unmittelbar hinter der Straßenbiegung. Ich hebe meine Pistole, halte den Atem an und versuche, nicht zu zittern.
    Als Erstes sehe ich den Schatten: die Silhouette einer Person. Auch die Umrisse einer Waffe in deren Hand sind deutlich zu erkennen. Meine Armmuskeln sind angespannt. Mein Finger spannt sich über dem Abzug, während der Schatten immer größer wird. Ich kenne die Reichweite meiner Pistole. Derjenige, der da angerannt kommt, könnte im gleichen Augenblick abdrücken, in dem er uns sieht, was bedeutet, dass ich ihm zuvorkommen muss. Ohne mir im Klaren zu sein, wer da kommt. Ohne zu wissen, ob er oder sie uns überhaupt etwas Böses will.
    Ich will mich zwingen abzudrücken, als der Schatten noch größer wird und schließlich eine Gestalt um die Ecke biegt. Ich will schießen, aber ich kann es nicht tun. Ich kann niemandem das Leben nehmen. Dass die Person männlich ist, registriere ich kaum. Ich kann nur daran denken, dass es meine Schuld sein wird, wenn Tomas und ich jetzt sterben.
    Doch statt eines Pistolenschusses höre ich: »Cia! Tomas? Seid ihr das wirklich?« Ehe ich noch begriffen habe, dass unser Leben doch nicht zu Ende ist, werde ich von zwei völlig verdreckten Armen in die Luft gehoben. Will wirbelt mich lachend herum. Sein freudiges Lachen ist ansteckend, und ich klammere mich an ihm fest. Bei seinem Geruch rümpfe ich unwillkürlich die Nase: Er stinkt nach einer Mischung aus Schmutz, Schweiß, Blut und was sich noch alles an ihm festgesetzt hat, seitdem die Prüfung begonnen hat. Aber das ist mir egal. Auch ich dürfte zurzeit nicht gerade nach Rosen duften, und während ich ihn so in meinen Armen halte, steigt plötzlich die Hoffnung in mir auf, dass auch Zandri und Nicolette noch am Leben sein könnten.
    »Das ist ja fantastisch, dass ausgerechnet ihr beide euch hier draußen

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