Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)
ein männlicher Prüfling. Dann deutet Tomas hinter sich. Weit in der Ferne schleppt sich ebenfalls eine Gestalt die Straße entlang. Freund oder Feind? Wir radeln einfach immer weiter und hoffen, dass wir auf diese Frage keine Antwort finden müssen.
Zwei Meilen darauf kann ich nicht mehr. Mein Kopf dreht sich, und meine Kehle ist staubtrocken. Die Wunden in meinem Arm schmerzen so heftig, dass ich mich kaum mehr auf etwas anderes konzentrieren kann. Ich sage Tomas, dass wir haltmachen müssen.
Als ich den Verband abwickle, mache ich mich auf das Schlimmste gefasst, und genau das bekomme ich auch zu sehen. Die Haut um die Wunden ist dick angeschwollen und fühlt sich heiß an. Als ich noch ein Kind war, bin ich einmal hingefallen und habe mir dabei einen tiefen Riss im Bein zugezogen. Dr. Flint war gerade nicht in der Kolonie, weshalb meine Mutter die Wunde versorgt und mich ins Bett gesteckt hat. Etliche Tage später befand sich mein Bein in ziemlich ähnlichem Zustand wie mein Arm im Augenblick. Zum Glück war Dr. Flint inzwischen zurückgekehrt und wusste, was zu tun war. Er verabreichte mir eine kleine Dosis von irgendeinem Schmerzmittel, öffnete die Verschorfung und drückte den gelben und weißen Eiter aus der Wunde. Mit heraus kam auch ein kleines Stückchen kontaminierten Metalls, das die Ursache für all die Probleme gewesen war.
Ich bin mir sicher, dass der Schorf auf meinem Arm das Gift, das für die Infektion verantwortlich ist, in der Wunde einschließt. Aber hier gibt es keinen Dr. Flint. Nur Tomas, mich und meinen Überlebenswillen.
Tomas entzündet ein Feuer. Er erhitzt Wasser und kocht darin Streifen des Handtuchs aus, das ich aus dem Prüfungszentrum mitgenommen habe. Wir wollen sie als Verbände verwenden, da ich alle Wundauflagen aus meinem Erste-Hilfe-Set bereits aufgebraucht habe. In der Zwischenzeit setze ich mich hin, schlucke weitere Schmerztabletten und bitte Tomas, mir die Lederscheide seines Messers zu geben. Er wirft mir einen fragenden Blick zu, zieht jedoch das Messer heraus, bindet die Hülle vom Gürtel und reicht sie mir. Ehe ich es mir noch einmal anders überlegen kann, beiße ich auf den dicken Lederstreifen, umklammere meinen linken Arm und drücke zu.
Wenn ich nicht schon sitzen würde, dann wäre ich bei diesem Schmerz auf die Knie gesunken. Stattdessen wird mir übel, meine Augen tränen, und meine Lungen ringen keuchend nach Luft, während sich meine eigenen Finger in mein Fleisch graben. Stück für Stück platzt der Schorf auf, und gelber und grüner Eiter und milchig verfärbtes Blut strömen heraus. Ich würge beim Gestank nach Fleisch, das zu lange in der Sonne gelegen hat, und als ich begreife, dass der widerwärtige Geruch aus meinem Arm aufsteigt, beginne ich zu weinen. Aber ich höre nicht auf zu pressen. Der Eiter läuft mir den Arm hinunter. Tomas nimmt den Verband, den ich zuvor entfernt habe, taucht ihn ins Wasser und beginnt, das infizierte Wundwasser, das herausquillt, abzutupfen. Aber wie sehr er sich auch beeilt, der Strom versiegt einfach nicht.
Die Welt um mich herum verschwimmt. Ich winde mich vor Schmerzen. Aber ich verringere nicht den Druck. Meine Finger rutschen weiter bis zur Mitte der Wunden hinunter und verkrallen sich dort. Dann noch ein bisschen tiefer.
Tomas spricht mit mir, aber seine Stimme klingt meilenweit entfernt. Ich kann ihn nicht verstehen. Die Zeit verliert jegliche Bedeutung, als ich die faulig gelbe Entzündung Tropfen für Tropfen aus meinem Körper zwinge. Ich höre erst auf, als rotes Blut aus der Wunde kommt. Kein Gelb mehr. Kein Grün oder Weiß. Keine Infektion mehr – fürs Erste.
Ich löse meine Finger aus ihrer schraubstockartigen Umklammerung und lasse Tomas die brennenden, klaffenden Risse mit heißem Wasser ausspülen. Er braucht den letzten Rest unserer Salbe auf und umwickelt die Wunden mit sterilen, nassen Tüchern. Dann nimmt er mich in die Arme und wiegt mich sanft hin und her, während er mir ins Ohr flüstert, dass alles gut werden wird. Dass ich schlafen solle. Er werde aufpassen, dass mir nichts geschieht.
In meinen Träumen reihen sich entsetzliche Szenen an glückliche Momente. Ryme und Malachi helfen mir, das augenlose Mädchen zu begraben. Zeen verzeiht mir, dass ich ihm ungefragt den Transit-Kommunikator weggenommen habe, und erinnert mich daran, dass ich mich damit zu Hause melde, sobald sich mir die Chance dazu bietet. Roman grinst, als er durch eine Tür tritt und mich einer Gruppe von
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