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Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Titel: Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joelle Charbonneau
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nur um Konkurrenten loszuwerden. Die Methoden der Prüfungskommission lassen mich schaudern vor Entsetzen, aber ich bezweifle, dass die Prüfer, die uns am Ende beurteilen werden, Fallstricke für andere gutheißen werden. Was für ein Anführer würde so eine Art von Mensch schon werden?
    Ich versuche, mir an Bricks gelassenem Auftreten ein Beispiel zu nehmen, und erkläre ihm ruhig, was meiner Meinung nach Romans Plan ist. Was meiner Ansicht nach Annalise zugestoßen ist. Was möglicherweise mit uns geschieht, wenn wir versuchen, unsere Aufgaben wie abgesprochen zu lösen. Brick hört zu, ohne mich zu unterbrechen, und als ich fertig bin, schaut er mich lange und nachdenklich an, ehe er sagt: »Wir haben vereinbart, die Fragen zu lösen, auf die wir uns geeinigt haben.«
    Glaubt er mir nicht? Nein. Auf seinem Gesicht liegen keine Zweifel, sondern ich sehe dort Resignation. »Roman hat zugestimmt, im Team zu arbeiten, aber ich glaube nicht, dass er sich daran hält. Wenn wir eine Frage beantworten wollen, für die bereits eine Lösung gefunden wurde, dann werden wir bestraft werden.«
    Vor meinem geistigen Auge sehe ich den Nagel, der in Malachis Auge eindringt. Das Blut. Den zuckenden Körper auf dem Boden. Da ich weiß, was geschehen kann, will ich Bricks regungslose Schultern packen und schütteln, als er den Kopf wiegt und sagt, dass er sein Wort gegeben habe. Seine Eltern hätten ihn gelehrt, ein Versprechen zu halten. Ende der Geschichte.
    Verzweiflung greift nach meinem Herzen. Ich frage mich, ob er recht hat. Oder ob ich mich irre. Ob Roman vielleicht wirklich nur seine eigene Aufgabe bearbeitet hat. Ob es nicht der größte Fehler wäre, den wir machen können, unsere eigene Frage nicht zu beantworten.
    Ich hänge mir meine Tasche über die Schulter und gehe durch den Raum. Ich habe alles getan, was in meiner Macht steht, um Brick dabei zu helfen, den Tag zu überleben. Wenn er nicht …
    »Bitte.« Ich drehe mich um, laufe zurück zu Brick und nehme eine seiner Hände. »Du kennst mich nicht, und es gibt keinen Grund, warum du meinen Worten Glauben schenken solltest. Ich kann dir nicht vorschreiben, was du tun sollst. Ich kann dich nur bitten, dir Romans Heft anzuschauen und dich zu fragen, wer am meisten zu gewinnen hat, wenn er die anderen betrügt. Wenn er alle fünf Aufgaben gelöst hat, dann wird jeder, der es noch einmal versucht, bestraft werden. Ich weiß nicht, wie diese Strafe aussieht …« Ich sehe wieder den Nagel in Malachis Auge und schlucke die bittere Galle hinunter, die sich in meiner Kehle gesammelt hat. »Aber wenn ich recht habe, dann könnten wir drei aus der Auslese ausscheiden, nur weil wir unserem Teamkameraden vertraut haben.«
    Einen Moment lang gerät Bricks gefasste Haltung ins Wanken und macht Verwirrung Platz. »Ich bin nicht aus deiner Kolonie. Warum kümmert es dich, was aus mir wird?«
    »Weil ich nicht will, dass noch jemand stirbt.«
    Brick sieht über meine Schulter hinweg zur Tür. Das grüne Licht erinnert mich daran, dass es Zeit für mich wird, meine Entscheidung zu treffen.
    Ich lasse seine Hand los, öffne die Tür und werfe meinem Teamkameraden einen letzten Blick zu. Als ich hinausgehe, hoffe ich inständig, dass ich alles getan habe, um Bricks Leben zu retten. Ich hoffe, dass ich meinen Schlussfolgerungen genug trauen werde, um mein eigenes Leben zu retten.
    Der Flur ist spärlich beleuchtet. Ich fühle mich unbehaglich in diesem Dämmerlicht, als ich dem Gang bis zum Ende hin folge. Wie angekündigt, stoße ich auf einen weiteren Flur, von dem sechs angestrahlte Türen abgehen. Rechts von mir befindet sich die Tür mit der Nummer vier. Die Tür, durch die ich, wie vereinbart, gehen soll. Zu meiner Linken sind die Türen eins bis drei. Ich gehe zu Tür zwei und suche nach irgendwelchen Anzeichen – wovon? Von Blut? Von Haaren? Von irgendetwas, das meine Theorie bestätigt. Die silberne Türklinke schimmert im Licht. Es sind keine Flecken darauf zu erkennen, die verraten könnten, dass sie benutzt worden ist. Ich überprüfe die anderen Klinken. Alle sind makellos poliert.
    Schließlich gehe ich wieder zurück zu Nummer vier und fahre die schwarze Zahl auf der schneeweißen Tür mit dem Finger nach. Halte ich mein Wort und drücke die Klinke runter, oder vertraue ich meinem Bauchgefühl und gehe einfach davon?
    Wie lange stehe ich schon vor der Tür? Ich weiß es nicht. Aber als ich endlich meinen Entschluss fasse und mein Gewicht verlagere, um mich in Bewegung

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