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Die Außenseiter

Die Außenseiter

Titel: Die Außenseiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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Zeit, von allem zu kosten.
    Die schmalen, seichten Wasserläufe im Wald versetzten ihn unaufhörlich in Staunen und Entzücken, doch der erste größere Nebenfluss, auf den er stieß, gab ihm zu denken. Der Fluss war weniger als fünf Meter breit, höchstens einen Meter tief und schien stillzustehen - zumindest war keinerlei Strömung zu erkennen. Jedes Menschenkind hätte hineinspringen und ihn mühelos überqueren können. Aber nicht Desvendapur oder jeder andere Thranx. Ganz gleich, wie kräftig ein Thranx strampelte und Wasser trat, er war trotz seiner acht Gliedmaßen ein kläglich schlechter Schwimmer. Im Laufe der Evolutionsgeschichte hatte sich der Thranx-Körper auf das Leben an Land spezialisiert und besaß im Wasser so gut wie keinen Auftrieb. Menschen wie Thranx konnten beim Schwimmen die Köpfe über Wasser halten, wobei ein Mensch durch die beiden Öffnungen in der Mitte seines Gesichtes atmete. Ein Thranx atmete jedoch durch acht Stigmen, von denen er vier auf jeder Seite des Thorax hatte. Sobald ein Thranx ins Wasser sprang, lagen diese Atemöffnungen unterhalb der Wasseroberfläche.
    Der Dichter wandte sich flussaufwärts und hielt nach einer Stelle Ausschau, an der er den Fluss bequem würde überqueren können. Ein großer, umgestürzter Mahagonibaum, zwischen Felsen eingeklemmt, bot ihm eine natürliche Brücke. Der Stamm sah wackliger aus, als es Des lieb war. Doch da er keine Alternativen hatte, musste er das Risiko, in den Fluss zu stürzen, wohl oder übel eingehen. Er wollte sich so schnell und so weit wie möglich von der Kolonie entfernen.
    Als er auf den Stamm kletterte, rührte dieser sich nicht von der Stelle. Mit allen sechs Beingliedern suchte Des Halt. Gefahr hin oder her - um seine innere Muse zu stimulieren, gab es nichts Besseres, als den Tod herauszufordern. Während Des über den Stamm balancierte, diktierte er unentwegt Verse in seinen Sch'reiber, den er bequem in einer Echthand hielt. Schließlich kam er unversehrt am anderen Ufer an und tauchte in freudiger Erregung in den dichten Regenwald ein.
    Auf diese Weise verbrachte er einige Tage, lagerte jede Nacht an einer anderen Stelle, kostete von der heimischen Vegetation und dichtete ohne Unterlass, während er alle Wasserläufe und Flüsse auf seinem Weg mit einer Hemmungslosigkeit überquerte, die schon fast an Leichtsinn zu grenzen begann. Er war trunken vor Entzücken über die sich ihm bietenden Anblicke und wusste, dass allenfalls sehr wenige Thranx auch nur halb so viel von der Welt der Zweifüßer zu Gesicht bekommen hatten wie er. Vielleicht auf Bildern, ja, aber das war nicht damit zu vergleichen, durch das herrlich verrottende Erdreich des Regenwalds zu stapfen, einen Schmetterling vorbeiflattern oder andere Insektenvarianten im Sonnenlicht aufblitzen zu sehen, dem Zetern und Kreischen der Vögel zu lauschen, die sich auf den Bäumen mit den Affen stritten, oder innezuhalten, um eines der vielen essbaren fremden Blätter oder eine Blume zu kosten.
    Das zu erleben, war alle Mühen wert, die ich auf mich genommen habe, um hierher zu kommen!, dachte er zufrieden. Es ist alles wert, was die Obrigkeit mir antun wird, wenn man meiner habhaft wird. In den vergangenen Tagen hatte er weit mehr und viel bessere Gedichte geschrieben als je zuvor in seinem Leben. Für einen wahren Künstler rechtfertigte das sämtliche möglichen Konsequenzen.
    Er bestaunte die winzigen Juwelen, die zur Familie Dendrobatidae gehörten: Pfeilgiftfrösche. Als er ein Faultier traurig zwischen den Bäumen hängen sah, setzte er sich auf seine vier Beine, um es zu beobachten. Als er einen kleinen Fluss erreichte, durch dessen klares Wasser er bis auf den Grund zu blicken vermochte, beschloss er hindurchzuwaten, anstatt nach einer natürlichen Brücke zu suchen oder einen Umweg in Kauf zu nehmen. Seine Beine und sein Abdomen tauchten ganz im einen Meter tiefen Fluss ein, nur sein Thorax und sein Kopf ragten noch über der Oberfläche hervor. Alle vier Echtbeine waren unter Wasser, ein Umstand, der jeden empfindsamen, vernünftig denkenden Thranx ausgesprochen nervös gemacht hätte. Was, falls er in ein Loch treten würde und unterginge? Was, wenn der Fluss viel tiefer war, als es den Anschein hatte oder er im Grund einsacken würde?
    Des hielt den Atem an und tauchte absichtlich tiefer in den Fluss ein, bis ihm das Wasser bis an die Mundwerkzeuge reichte. Nun waren auch seine Stigmen unter Wasser, nur noch der Kopf ragte heraus. Nach wie vor konnte

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