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Die außergewoehnlichen Geheimnisse von April, May & June

Die außergewoehnlichen Geheimnisse von April, May & June

Titel: Die außergewoehnlichen Geheimnisse von April, May & June Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Benway
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Neunten waren ausgezeichnet. Nur Einsen und Zweien.« Er legte das Blatt auf den Tisch und faltete seine Hände darüber. »Was läuft denn in diesem Schuljahr anders?«
    Ich fing an zu lachen. Ich konnte mich einfach nicht beherrschen. »Was anders ist?«, brachte ich zwischen zwei Lachanfällen hervor. Also zunächst mal, antwortete ich in Gedanken, haben meine Eltern sich scheiden lassen, wir sind hierher gezogen, meine Mom ist total gestresst, mein Vater mutiert gerade zu so ’ner Art Hippie-Cowboy, neulich hab ich mich dermaßen mit Tequila abgefüllt, dass meine Leber jetzt noch stöhnt, und außerdem – das hätte ich ja beinahe vergessen! – kann ich Ihre Gedanken manipulieren und Ihnen vormachen, dass ich unsichtbar werde! Aber abgesehen davon gibt es nicht viel Neues, nein.
    Ich biss mir auf die Zunge und versuchte, mich wieder in den Griff zu kriegen. »Entschuldigung«, sagte ich. »Also, die Sache ist die. Meine Geschichtslehrerin an meiner alten Schule war steinalt und halb blind. Alle haben geschummelt wie beim Kartenmischen in Las Vegas. Alle haben ständig Einsen abgesahnt. Nur einmal in der letzten Klausur hab ich eine Zwei bekommen, weil ich zu faul zum Spicken war.« Das stimmte nur zur Hälfte, aber da dieser Typ ganz sicher keine Gedanken lesen konnte wie June, juckte mich das herzlich wenig.
    Mr Cordays Augenbrauen zogen sich zusammen wie beleidigte Tausendfüßler. »Sie wissen hoffentlich, dass Täuschungsversuche an dieser Schule streng geahndet werden, Miss Stephenson?«
    Ich versuchte, meine Augen so groß und unschuldig aussehen zu lassen wie die von Bambi. »Nun, wie Sie wahrscheinlich meinen Test-Noten entnehmen können, betrüge ich hier nicht, Mr Corday.«
    Dem konnte er nun echt nichts entgegenzusetzen haben, das stand fest.
    Â»Ich habe mich gebessert«, fuhr ich fort. »Betrachten Sie meine Strafe als verbüßt.«
    Â»Ja, ja, schon in Ordnung, May, ich habe Sie verstanden.« Er lehnte sich zurück und schob seine Brille nach oben auf die Stirn. Stand ihm überhaupt nicht. »Wissen Sie«, sagte er, »ich denke wirklich, dass Sie ein sehr pfiffiges Mädchen sind.«
    Â»Damit sind Sie keineswegs allein«, erwiderte ich.
    Â»Aber vielleicht sind Sie ja ein bisschen pfiffiger, als Ihnen guttut.«
    Ich blinzelte. »Bei allem Respekt, Mr Corday«, sagte ich, »ich finde ja, noch viel mehr Menschen sollten pfiffiger sein, als ihnen guttut.«
    Danach glotzten wir uns ein paar Sekunden lang an, und ich dachte schon, ich hätte es zu weit getrieben und jetzt einen Monat Nachsitzen an der Backe oder so. Aber er setzte nur seine Brille wieder auf die Nase und sagte: »Es ist jetzt 14.53 Uhr. Um 15 Uhr treffen Sie sich mit Henry in der Bibliothek.«
    Â»Mit wem?«
    Â»Mit Ihrem Nachhilfepaten.«
    Mir verschlug es die Sprache. »Mein Nachhilfetyp für europäische Geschichte heißt Henry?«, fragte ich. »Und das finden Sie nicht albern? Welcher von den vielen Henrys ist es denn? Henry der Neunte? Henry der Huldvolle?«
    Â»Suchen Sie sich einen aus. Sie treffen ihn jedenfalls um drei in der Bibliothek.«
    Jemandem, der die Jedi-mäßige Gedankenkontrolle draufhatte, muss man wohl einfach einen gewissen Respekt zollen. »Geht klar«, sagte ich. »Sind wir jetzt fertig? Ich muss mich nach anderen Ausdrucksmöglichkeiten für meine jugendlichen Ängste umsehen, wo ich doch in europäischer Geschichte jetzt nicht mehr versagen kann.«
    Â»May …«
    Â»Nur ein Scherz, nur ein Scherz«, beeilte ich mich, ihn zu beschwichtigen. Meine Zehen fingen schon an zu kribbeln, und ich wusste inzwischen aus Erfahrung, dass das gar kein gutes Zeichen war. Das ganze geistreiche Geplänkel forderte langsam seinen Preis. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich mich schlagartig in Luft auflösen würde, wenn ich zu müde, zu wütend, zu was-auch-immer war. Ich würde vollständig abhandenkommen. »Dann nichts für ungut, man sieht sich«, verabschiedete ich mich eilig von Mr Corday und schoss aus seinem Büro hinaus auf den Gang.
    Henry der Hilfreiche wartete schon in der Bibliothek auf mich, als ich um 15.03 Uhr dort ankam. Ich kann die Schulbibliothek nicht ausstehen. Es müffelt dort so komisch nach vergilbtem Papier und Bleistiftspänen und Nerds. April verteidigt den Muff immer. »So riechen Geschichte und Wissen

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