Die außergewoehnlichen Geheimnisse von April, May & June
gesagt«, widersprach ich. »Nämlich dass ich es irgendwo gehört hab. Was kann ich denn dafür, wenn das in den Gedanken von Daphne und Jessica war! Mit solchen Tussen sollte Mariah eh nicht befreundet sein!«
»Und übrigens«, fuhr April fort, als ob ich nichts gesagt hätte, »wirst du unter keinen Umständen mit Mariah die Schule schwänzen.«
»Wer bist du eigentlich? Meine Zweitmutti? Hatte ich doch überhaupt nicht vor!«
April schlug sich mit der Hand vor die Stirn. »June? Jetzt lüg nicht auch noch mich an.«
Das war alles so unfair, dass ich kurz vorm Explodieren war. »Ach lass mich doch in Ruhe!«, wehrte ich mich. »Du mit deiner dämlichen Hellseherei! WeiÃt du, ich krieg nämlich auch eine ganze Menge mit, mehr als du wahrscheinlich! Ich weià zum Beispiel, dass May andauernd schwänzt und du noch nie versucht hast, sie davon abzuhalten! Ist doch nicht meine Schuld, dass du ständig die megabrave Schwester spielen musst! Wenn ich mit Mariah befreundet sein will und mit ihr schwänzen will, dann mach ich das eben und lass mir das von dir ganz bestimmt nicht ausreden.«
April kniff ihre blauen Augen zusammen. »Wag es bloÃ!«
Ich ging einen Schritt auf meine älteste Schwester zu. »Wag duâs doch!«, sagte ich ganz ruhig. »Dann erzähl ich nämlich Mom, dass du mit diesem Typen schlafen wirst.«
Das saÃ. April blinzelte zweimal und sah mich an. »Das trau ich dir zu.«
»Vielleicht.« Die Achterbahn, in der ich saÃ, raste immer noch gen Himmel und mir war ein bisschen mulmig, aber jetzt gab es kein Zurück mehr.
»Hör mal, Junie«, änderte April ihre Taktik. »Ich bitte dich ganz dringend, nicht mit Mariah zu schwänzen. Bitte.«
»Und warum nicht?«
»Ich ⦠also ich finde diesen Gedanken einfach nicht gut.«
»Na, das mit den Gedanken ist ja wohl jetzt mein Job. Dafür bin ich zuständig und nicht du.«
Damit machte ich auf dem Absatz meiner tollen Stiefel kehrt und ging zurück zu Mariah. Jessica und Daphne hatten sich verzogen (vermutlich zu irgend âner Sammelstelle für verstoÃene Freunde, wie beispielsweise die Bibliothek, wo sich die Loser trafen). Ich schüttelte lässig meine Haare und lächelte. »Tut mir leid«, sagte ich. »Meine Schwester dreht manchmal ein bisschen am Rad.«
»Genau wie mein Bruder«, sagte Mariah verständnisvoll. »Also, kannâs losgehen?«
Ich spürte, wie April zu mir herüberstarrte und in Endlosschleife dachte: Tuâs nicht, tuâs nicht, tuâs nicht.
»Und wie«, rief ich. »Los gehtâs.«
Junie, tuâs nicht, bitte nicht â¦
Aber ich blendete sie einfach aus. »Dann mal los«, sagte ich zu Mariah. »Hauen wir ab von hier.«
Kapitel 10
» Ich sollte mich in gelbes Absperrband wickeln, so gaga bin ich. «
April
In der Nacht, nachdem June die Schule geschwänzt hatte , schlief ich grottenschlecht. Ich wusste nicht mal, ob ich die Zukunft von irgendwelchen fremden Leuten sah oder einfach nur träumte. Da war immer wieder dieses rote Licht. Lautlos blinkte es in meinem Hinterkopf, und ich hoffte inständig, dass es kein Hirntumor oder so was war. Ich hätte gerne gewusst, ob ich einfach so zum Arzt gehen und mein Problem schildern konnte, ohne auf direktem Wege in die Klapse verfrachtet zu werden. »Hallo, Herr Doktor, also, ja, es ist so, dass ich die Zukunft vorhersehen kann und aus irgendeinem Grund überall Gefahr wittere, und nein, das ist nicht nur, weil ich gerade 16 bin und mir wegen meiner College-Bewerbungen Sorgen mache. Vielleicht nehm ich mal ein paar Schmerztabletten?«
Wohl eher nicht.
Manchmal wüsste ich ja zu gern, ob June das auch kennt, ob sie auch im Bett wach liegt und Millionen von Stimmen um sich herum hört. Manchmal wünsche ich mir echt, ich wär die Gedankenleserin, damit ich endlich wüsste, was zum Teufel meinen Schwestern und den anderen so durch den Kopf geht und ich nicht mehr ständig raten müsste.
Wahrscheinlich litt ich schlicht und ergreifend unter Superkraftneid.
Aber noch mehr ging mir ja auf die Nerven, dass ich mir viel zu viele Gedanken um meine Schwestern machte und mich deswegen nicht richtig auf meinen Englisch-Aufsatz konzentrieren konnte. Wir behandelten gerade das Höhlengleichnis, dieses Ding von Platon, und am Abend zuvor hatte ich es auch
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