Die Aussortierten (German Edition)
Haus war von innen größtenteils geschmacklos eingerichtet. Alles darauf ausgerichtet, edel zu wirken. Aber alles wirkte furchtbar neureich und war stets zu dick aufgetragen. Die Wasserhähne vergoldet. „Kein Imitat, echtes Gold. Wenn es um Qualität geht, mache ich keine Kompromisse!“ Frank Landuris war ein neureicher Aufsteiger, wie er im Buche stand. Er trug seinen kleinbürgerlichen Minderwertigkeitskomplex wie eine Monstranz vor sich her, ohne es auch nur annähernd zu merken.
Als Frank in der Küche Kaffee kochte, entdeckte er ein Familienfoto. Frank mit Frau und seinen zwei Töchtern. Seine Frau war etwas füllig, wirkte sehr bieder. Als Frank mit dem Kaffeetablett zurückkam und sah, dass de Wall sich das Familienfoto ansah, meinte de Wall in Franks Gesicht einen Moment lang verhärtete Züge zu erkennen. Aber dies war sofort wieder vorbei.
„Ja, das ist meine Familie. Und, wie sieht das bei dir aus? Was machen die Frauen?“
„Im Moment nichts. Ich lebe allein.“
„Was? Kann doch nicht angehen dass so ein sportlicher, attraktiver Mann wie du nicht regelmäßig vögelt. Kannst das ja nicht ausschwitzen. Gibt doch auch bei euch in der Behörde bestimmt genug attraktive Polizistinnen, die es gern mal besorgt bekommen. Bei dem Foto von der Pressekonferenz, die ihr neulich gegeben habt, da war doch eine unheimlich attraktive Polizistin dabei.“
Er meint Tessa, dachte de Wall.
„Wäre die denn nichts für dich? Da sah man doch selbst bei dieser Perspektive von vorne, dass die eine anständige Oberweite hat. Da hättest du ja richtig gut was in den Händen.“ Es folgte ein schepperndes Lachen. De Wall konnte nur mit Mühe seinen Widerwillen unterdrücken. Es wurde ihm immer klarer, dass die im Keim schon in ihrer Jugend erkennbare Distanz zwischen ihnen sich zu einer Mauer entwickelt hatte, über die zu klettern de Wall keine Lust mehr hatte. De Wall spürte: Die Freundschaft zwischen ihm und Frank Landuris würde nicht wieder aufleben. Obwohl wieder in der alten Heimat, fühlte er sich manches Mal in Oldenburg und Umgebung ganz und gar nicht mehr zuhause.
14. Kapitel
Akte xy ungelöst
Tauber war offenbar bester Laune, als de Wall am folgenden Montag dessen Büro betrat.
„Ah, da bist du ja, Ulli. Setzt dich.“
Auf dem Tisch stand alles, was man für ein genussvolles Frühstück brauchte. Tee, Kaffee, Brötchen, Honig, Käse usw. Und Tauber hatte gerade seine Edelpralinen aus dem Schrank geholt. De Wall hatte ihn dabei genau beobachtet, was Tauber bemerkte.
„Keine Angst, ich will dich weder bestechen noch ist irgendwas Schlimmes im Gange. Ich dachte bloß, wir könnten einfach mal das Notwendige mit dem Nützlichen verbinden und auch mal gemütlich zusammen frühstücken.“
„Wunderbar, gute Idee. Ich hatte tatsächlich schon befürchtet, es gäbe wieder Ärger. Ich kann jetzt wirklich mal ein paar ruhige Tage gebrauchen. Und wenn man schon Beamter geworden ist, dann sollte man doch wenigstens auch mal ab und zu die dazugehörenden Privilegien genießen können. Ich meine, wann gönnen wir uns so was schon mal? Im OB-Büro, habe ich gehört, soll das regelmäßige große Frühstück übrigens Standard sein. Und glaub man nicht, dass da einer ausstempelt!“
„Dann werden wir uns ja wohl einmal ein solches Frühstück ohne schlechtes Gewissen gönnen können. Überstunden haben wir ja ohnehin massenhaft. Und wie ich das einschätze, werden wir die nie bezahlt oder durch Urlaub ausgeglichen bekommen. Also guten Appetit! Kaffee oder Tee?“
„Tee!“
„Was hast du eigentlich für deinen Urlaub geplant?“
„Noch gar nichts. Ich weiß ja noch nicht mal, wann ich ihn nehme.“
„Dann mach dir mal Gedanken. Irgendwann muss es mal sein. Oder hast du etwa keine Lust?“
„Doch, doch. Hab bloß noch nicht darüber nachgedacht.“
„Und wie hast du dich bei uns in der Provinz wieder eingelebt?“
„Bestens, bestens. Ich merke immer mehr, dass in mir das Landei wieder zum Vorschein kommt und ich es genieße, wieder auf dem Land zu leben“.
„Auf dem Land ist gut. Das lass mal nicht das Oberbürgermeisterchen hören, und einige Oldenburger, die das hier für den Mittelpunkt der Welt halten.“
„Na, ja, du weißt ja, ich wohne in Tungeln, und das gehört ja nun schon zu Wardenburg und ist auf’m Land. Und ich bin mir gar nicht so sicher, ob die meisten Oldenburger unbedingt als
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