Die Aussortierten (German Edition)
Großstadt firmieren wollen. Klar, dem Oberbürgermeisterchen kann es nicht groß genug sein, der würde am liebsten noch einen diplomatischen Dienst einrichten und Botschaften eröffnen. Aber ich glaube, warum viele Oldenburger an ihrer Stadt hängen, ist gerade, dass sie noch etwas von einer Kleinstadt hat, in der man beim Einkaufsbummel samstags in der Innenstadt noch Bekannte und Freunde treffen kann.“
„Sehe ich genauso. Aber noch mal zurück zum Thema Urlaub. Stimm dich bitte mit deinen Mitarbeitern ab und leg einen Termin fest. Ich möchte nicht, dass wir in der Abteilung Urlaub vor uns herschieben.“
„Ok.“
„Und, ähm, privat alles ok?“
„Ja. Was soll denn nicht ok sein?“
„Na, ich dachte, du warst ja ziemlich lange weg, und da dauert es doch sicherlich, bis wieder die alten Kontakte aufgebaut sind.“
„Alles halb so wild. Ich hatte erst gestern einen tollen Nachmittag bei einem alten Freund. Nee, ich fühl mich wirklich wohl. Da brauchst du dir keine Sorgen machen.“
„Na wunderbar. Und nun zum eigentlichen Anlass unseres Gesprächs. Ich wollte mit dir besprechen, ob das jetzt nicht der richtige Zeitpunkt wäre, die Akte mit den Aussortierten dicht zu machen. Die haben ja nun schon eine ganze Weile Ruhe gegeben. Das Agreement hat also funktioniert. Ich wollte jetzt versuchen, dem PI-Leiter klar zu machen, dass wir unsere Ressourcen nicht länger an diesen Fall binden können. In den Medien ist das Thema auch tot. Die jagen schon längst wieder neue Säue durchs Dorf. Bevor ich jetzt zum Chef gehe, wollte ich wissen, ob es irgendwas gibt, was ich noch wissen muss.“
„Nein. Und ich wäre wirklich heilfroh, wenn wir da endlich `nen Deckel drauf machen könnten. Es macht mir auch keinen Spaß, meinen Leuten was vorspielen zu müssen. Also ich wäre dir geradezu dankbar, wenn du das hinkriegen würdest.“
„Na wunderbar. Dann machen wir das genauso. Derzeit ist die Lage dafür optimal, bei dem, was wir sonst noch alles an den Hacken haben. Und die Presse hat nur die Schlägerbande, die die Innenstadt unsicher macht, im Kopf und macht da Druck. Also nutzen wir die Gelegenheit!“
Genau das dachten zu diesem Zeitpunkt auch andere.
15. Kapitel
Überraschung beim Friesensteak
Alfons, der erste Kellner im Ammerländer Krug, servierte an Tisch 7 gerade ein Friesensteak (Zarte Schweinemedaillons, belegt mit Katenschinken, Tomatenscheiben, Nordseekrabben und Kresse; das Ganze mit Sauce Hollandaise überbacken, serviert mit deftigen Bratkartoffeln und knackigen Salaten), als mit lautem Krach die Eingangstür aufflog und drei auffällig maskierte Gestalten mit Pistolen in den Händen eintraten. Jeder der Männer trug Jeans, einen blauen Kapuzenpulli, die Kapuze übergestülpt, vor dem Gesicht eine weiße Maske, die Hände in weißen Handschuhen. Simonitsch, der Inhaber des Restaurants, der gerade hinter der Bar stand, griff sofort zum Telefon. Im selben Moment brüllte auch schon einer der Maskierten „Finger weg vom Telefon! Sonst knallt’s!“ Und dann: „Alle raus aus der Küche!“ Der Anführer der drei Männer hielt die 15 Gäste des Abends, den Wirt und die vier Angestellten mit seiner Waffe in Schach.
„Das ist eine kleine politische Aktion zugunsten von Hartz-4-Empfängern. Wir werden jetzt von allen Anwesenden Spenden für Arbeitslose entgegennehmen. Wer sich weigert.....“ Statt den Satz zu beenden, zeigte der Anführer auf seine Pistole.
„Die Aussortierten also“, dachte Alfons. Und tatsächlich, als jetzt einer der Männer ihm den Rücken zudrehte, sah er auf der Rückseite des blauen Kapuzenpullis den Aufdruck „Die Aussortierten“.
Die drei Männer hatten Glück. Heute Abend waren gutbetuchte Gäste im Ammerländer Krug zu Gast. Zusammen mit dem Inhalt der Kasse kamen schnell 3200 Euro zusammen. Mit Wertgegenständen wie Schmuck oder Uhren hielten sich die Männer gar nicht erst auf. Sie hatten es nur auf Bargeld abgesehen. Als sie alles eingesammelt hatten, ging einer der Männer zur Eingangstür, öffnete diese einen Spalt und ließ mit den Händen im Mund einen lauten Pfiff ertönen. Ein Wagen fuhr heran, aber so, dass er von innen aus der Perspektive der Gäste und des Personals nicht gesehen werden konnte.
„Der erste von uns, der im Wagen ist, wird die Tür und die Fenster ins Visier nehmen. Der Mann auf dem Rücksitz wird beim Wegfahren den Eingangsbereich und die Fenster ins Visier
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