Die Aussortierten (German Edition)
war und Ihnen vielleicht weiterhelfen könnte. Aber ich weiß es im Moment nicht, was das war.“
„Ich bin sicher, das wird Ihnen noch wieder einfallen. Wenn’s soweit ist, rufen Sie mich unbedingt an, ja?“
„Ok.“
„Dann wünsche ich Ihnen, dass Sie das hier alles gut verarbeiten. Danke für den Espresso.“
„Danke für die Zigarette“, antworte Simonitsch.
Als Djallo und de Wall wieder im Auto saßen und sich auf den Nachhauseweg machten, fragte Djallo de Wall, was er glaube, warum die Aussortierten plötzlich wieder zuschlugen und sich von Politaktivisten zu regelrechten Kriminellen entwickelten.
„Weil es nicht die Aussortierten sind.“
„Nicht? Du meinst Trittbrettfahrer?“
„Ja, die ganze Handschrift passt einfach nicht.“
„Na ja, auf jeden Fall kriegen wir jetzt wieder einen Arsch voll zu tun. Und ausgerechnet jetzt hat Tessa Urlaub. Kannst du sie nicht aus dem Urlaub zurückrufen? Ich bin mir ziemlich sicher, sie hätte Verständnis.“
„Ja, wahrscheinlich. Aber ich möchte es trotzdem nicht.“
Am nächsten Morgen war auf der Titelseite der Oldenburger Tageszeitung ein Foto des Ammerländer Kruges mit Polizeiwagen, Krankenwagen und einem Menschengetümmel zu sehen. Unter dem Foto waren folgende Zeilen zu lesen: „Die Aussortierten haben nach langer Pause wieder zugeschlagen. Opfer ist dieses Mal der Ammerländer Krug an der Wilhelmshavener Heerstraße kurz hinter der Nordgrenze Oldenburgs. Die Täter begnügten sich dieses Mal allerdings nicht damit, von den Tellern der Gäste zu essen oder Gebäude mit politischen Parolen zu besprayen. Dieses Mal wurden der Wirt und seine Gäste unter Einsatz brutaler Gewalt (die Täter waren mit Pistolen bewaffnet und drohten zu schießen) ausgeraubt. Die drei Männer erbeuteten mehrere Tausend Euro. Einige Gäste erlitten einen Nervenzusammenbruch und brauchten ärztliche Hilfe. Von den Tätern gibt es bislang keine Spur. Die OTZ wird morgen ausführlich über den Fall berichten.“
17. Kapitel
Einsamkeit
Als de Wall gegen 1 Uhr morgens wieder seine Wohnung betrat, empfand er diese unwillkürlich als furchtbar still und leer. Er ärgerte sich, dass er nicht doch dem Impuls gefolgt war, Djallo zu fragen, ob er nicht mit reinkommen wolle. Aber davor war er zurückgeschreckt. Er wollte Djallo nicht die ohnehin geringe Zeit, die er für seine Familie hatte, noch verkürzen. Und, ja, er wollte auch nicht gerne den Eindruck erwecken, einsam zu sein. Es fiel ihm schwer genug, sich selbst dies einzugestehen. Geh ich gleich ins Bett?, fragte er sich, als er etwas deprimiert im Wohnzimmer stand. Das wäre wahrscheinlich das Sinnvollste, denn er hatte in den letzten Tagen viel zuwenig Schlaf bekommen. Aber er hatte einfach keine Lust dazu und entschloss sich, seine depressiven Gefühle mit Tee, Schokolade und Zigaretten zu vertreiben. Als hätte er schon geahnt, dass es ihm am Wochenende nicht gut gehen würde, hatte er beim Wochenendeinkauf diverse Süßigkeiten und Zigaretten gekauft. Als er es sich im Sessel gemütlich gemacht hatte und Schokolade und Tee genoss, musste er wieder an den Abend mit Tessa denken. Sie hatten noch nicht wieder darüber gesprochen. Nicht dass es ihm peinlich gewesen wäre. Er hätte kein Problem gehabt, mit Tessa über den Abend zu sprechen. Aber er hatte keine Lust. Und er spürte, dass Tessa sich einer Aussprache zwar nicht entziehen würde, aber dass sie auch keinen Wert darauf legte, mit ihm darüber zu sprechen. Seltsam, einerseits war sie eine so natürliche, offene Frau. Nie hätte er gedacht, dass sie sexuell offenbar in irgendeiner Weise ein Problem hatte. Was war mit ihr los? War sie vielleicht einmal vergewaltigt worden? War das der Grund, warum sie sich, wie er inzwischen aus ihrer Personalakte wusste, so hartnäckig darum bemüht hatte, in das 1. Fachkommissariat zu kommen, wo auch sexuelle Delikte bearbeitet wurden? Aber musste man immer gleich so etwas vermuten? Konnte es nicht ganz einfach banale Gründe haben, dass sie einen Rückzieher gemacht hatte? Schließlich war er ihr Chef, und das war schließlich auch eine etwas delikate Situation. Es war schon seltsam. Sie hatte ihn ja geradezu förmlich dazu eingeladen, sich ihr körperlich zu nähern. Und er hatte nur allzu gern so getan, als glaubte er ihr tatsächlich, dass sie einen verspannten Rücken habe und dass sie ihn nur aus diesem Grund bat, sie zu massieren. Es hatte dann nicht sehr lange
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