Die Aussortierten (German Edition)
der Polizei durchgesetzt. Denn bei der Polizei ist weiterhin das 1. Fachkommissariat federführend – wenn auch jetzt in enger Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft.
Die Ermittler stehen inzwischen unter großen Druck. Denn mittlerweile „gehen selbst Gourmets aus Angst lieber in eine Pommesbude, als in einen Dreisterneschuppen“, wie es ein Gastronom etwas salopp formulierte. Und tatsächlich: Wenn man sich in den Spitzenrestaurants in Oldenburg umschaut, kriegt man selbst in den normalerweise langfristig ausgebuchten Restaurants mühelos für sechs Personen einen sehr guten Tisch. Auch der Oberbürgermeister der 160.000-Einwohner-Stadt macht sich große Sorgen, weil das Image der Stadt leidet. „Die Stadt erwartet, dass die Polizei alle verfügbaren Mittel einsetzt, um die Täter zu fassen. Es kann nicht angehen, dass sich ausgerechnet in der anstehenden Weihnachtszeit kein Mensch mehr in ein gutes Restaurant wagt. Und wer weiß, ob das nicht noch weiter eskaliert“
Selten hat der Oberbürgermeister so ins Schwarze getroffen.
19. Kapitel
Rendezvous mit schlechtem Ausgang
Verdammte Scheiße, dachte Kriminalhauptmeister Detlev Hanau. Warum zum Teufel musste der Idiot ausgerechnet heute das Haus verlassen? Detlev Hanau gehörte zum Mobilen Einsatzkommando. Die MEKs sind spezielle Einsatzkommandos der Polizei für verdeckte Observationen und Zugriffe in besonderen Lagen. Auch die Peilung und Ortung von gesuchten Personen, Fahrzeugen oder Handys im Rahmen von Ermittlungen gegen einen Beschuldigten bzw. Verdächtigen gehört zu ihren Aufgaben. Gegründet wurden die Mobilen Einsatzkommandos, die der Kriminalpolizei zugeordnet sind, nach der Geiselnahme bei den Olympischen Spielen 1974 in München, bei der die Polizei hoffnungslos überfordert war. Ihre Pendants bei der Schutz- und Bereitschaftspolizei sind die Spezialeinsatzkommandos (SEKs), die auf sogenannte „statischen Lagen“, wie zum Beispiel einem Bankraub mit Geiselnahme, spezialisiert sind. Sie verfügen außerdem über eine etwas andere technische Ausstattung, unter anderem über eine bessere Ausrüstung zum Eigenschutz. Jedes Bundesland in Deutschland verfügt über mindestens ein MEK und ein SEK. Auch in Oldenburg ist ein MEK angesiedelt. Es gehört zur Zentralen Kriminalinspektion der Polizeidirektion Oldenburg und unterstützt mit Observationen und Technik die Kommissariate eben dieser Zentralen Kriminalinspektion sowie die Ermittler der lokalen Polizeiinspektionen, die der Polizeidirektion Oldenburg zu- bzw. untergeordnet sind. Kriminalhauptmeister Detlev Hanau hatte den ganzen Tag einen Drogendealer beobachtet, weil er und seine Kollegen gehofft hatten, dass dieser sich tagsüber mit einem Kurier des Drogenrings treffen würde. Normalerweise verließ der Mann ab 18.00 Uhr nicht mehr seine Wohnung. Er war ein richtiger Stubenhocker. Aber ausgerechnet an diesem Abend, ging die Zielperson aus dem Haus, was die Ablösung um 19.00 Uhr verzögert hatte. Dies brachte Hanaus Zeitplan für seine Verabredung an diesem Abend durcheinander. Er wurde regelrecht sauer, denn diese Verabredung war ihm wirklich wichtig. Seine attraktive neue Nachbarin, die ihm bei ihrem Einzug vor einigen Monaten sofort aufgefallen war, hatte sich tatsächlich von ihm zum Essen einladen lassen. Hanau konnte, als er sich endlich überwunden und den Mut gefasst hatte, sie zu fragen, sein Glück kaum fassen. Zum einen war er nicht gerade der Typ Mann, der Frauen wie ein Magnet anzog, trotzdem er sehr sportlich und durchtrainiert war (denn ansonsten hätte er beim MEK nicht die geringste Chance gehabt; eine exzellente körperliche Verfassung war Voraussetzung, um dort zu arbeiten). Aus seiner körperlichen Fitness bezog er auch ein gewisses Selbstbewusstsein. Trotzdem hatte sich sein Glück bei Frauen immer sehr in Grenzen gehalten. Nicht etwa, weil er hässlich gewirkt hätte. Er hatte ein Durchschnittsgesicht, andere bei Frauen weitaus beliebtere Männer sahen keinen Deut besser aus. Es war wohl eher seine ganze Ausstrahlung, die die Frauen auf Abstand hielt. Hanau hatte kein echtes Selbstbewusstsein. Er brauchte ständig Beweise in Form von Leistungen, um sich gut zu fühlen. Sei es nun im Beruf, oder im privat betriebenen Sport. Aber auch bei noch so guten Leistungen hielt das gute Gefühl nie lange an. Es war so, als ob er nach wenigen Metern mit festen Boden unter den Füßen wieder Kilometer auf brüchigem Eis laufen musste, immer in der Angst einzubrechen.
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