Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Titel: Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
Vom Netzwerk:
Kapitän Lessing. Beide wollte sie in Ruhe lesen. An diesem Abend waren nur zwei Ehepaare zu Gast. Die beiden Frauen arbeiteten zusammen mit Tante Minna an verschiedenen wohltätigen Projekten. Nach dem Essen gingen die Herren ins Kaminzimmer, um ein Glas Port zu sich zu nehmen, und die Damen in den Salon, wo süßer Sherry und Schokolade gereicht wurde.
    Tante Minna wollte unbedingt, dass Emilia bei den Gesprächen dabei war. Sie wollte sie in die Arbeit der Wohltätigkeitsorganisationen einführen.
    Nach einer halben Stunde, in der die Frauen über die Familien und Bekannte erzählt hatten, hielt Emilia es nicht mehr aus.
    »Entschuldigt mich, ich muss zu Bett. Ich glaube, ich bekomme Kopfschmerzen.« Sie legte die Hand an die Stirn.
    »Ach Kindchen«, sagte Margret von Beummels, »Kopfschmerzen sind ein großes Übel. Lasst Euch Kaffee bringen.«
    »Oder ein Glas Sekt«, meinte Frau Henders. »Das hilft mir immer, deshalb genehmige ich mir schon eines zum Frühstück. Dann gehe ich gleich beschwingt in den Tag.«
    Tante Minna sah Emilia kopfschüttelnd an. »Den ganzen Tag hast du schon so rote Wangen, du wirst doch wohl nichts ausbrüten? Das wäre kein Wunder.« Sie sah zum Fenster. Der Regen peitschte gegen die Läden und der Wind heulte über der Alster. »Geh ruhig, Kind. Lass den Ofen ordentlich anheizen und eine Wärmflasche in dein Bett legen. Jule soll dir Wollsocken geben. Nichts ist schädlicher als kalte Füße.«
    Emilia verabschiedete sich. Als sie endlich in der Diele stand, seufzte sie erleichtert auf. Sie ging zur Tür, die ins Souterrain führte. Die Mamsell hatte einen Narren an Karamell gefressen. Der Bursche musste jeden Morgen mit dem Hund spazieren gehen. Nachmittagsübernahm das Emilia, wenn das Wetter und ihr Terminkalender es zuließen. Sie hatte Karamell eine rote Lederleine gekauft und ein schönes Halsband. Der Hund hatte sich erstaunlich schnell daran gewöhnt. Nur selten passierte ihm noch ein Missgeschick im Haus. Und wenn doch, beseitigte es das Personal schnell und unauffällig. Nachts schlief Karamell in Emilias Bett, zusammengerollt zu ihren Füßen. Emilia hatte Jule das Versprechen abgenommen, dass sie der Tante nichts davon erzählen würde.
    Auf leisen Sohlen schlich sie nach unten. In der Küche wurde gespült, immer wieder brachte der Aufzug, der durch einen Seilzug betätigt wurde, weiteres dreckiges Geschirr nach unten.
    »Kara?«, rief Emilia. Die Hündin sprang auf und stürmte auf sie zu. Schon jetzt, nach wenigen Wochen, erreichte ihr Kopf Emilias Knie.
    »Sie hat breite Pfoten«, hatte der Kutscher gesagt, »die wird mal groß.« Er schien recht zu haben.
    »Hallo, meine Süße.« Immer noch konnte Emilia das Tier auf den Arm nehmen. Sie drückte ihre Nase in das weiche Hundefell, verzog aber dann das Gesicht. Der Hund roch wie feuchte Wäsche.
    »Ich hatte den Burschen noch einmal mit ihr nach draußen geschickt«, erklärte die Mamsell. »Die Pfoten habe ich zwar abgewischt, aber ich hoffe, dass sie Euer Kleid nicht ruiniert hat.«
    Emilia setzte den Hund wieder auf den Boden und schaute an sich herab. »Schokoladenfarbener Samt ist ziemlich praktisch«, sagte sie und strich grinsend über den Stoff. »Vermutlich reicht es, wenn wir das Kleid über Dampf hängen und es dann gut ausbürsten.«
    Die Mamsell nickte. »Ist der Abend schon beendet? Es hat keiner geläutet und der Diener hat gerade neuen Portwein hochgebracht.«
    »Es tut mir leid, ich fürchte, die Gäste werden noch eine ganze Weile bleiben.« Emilia zog eine Grimasse. »Nur ich habe mich entschuldigt. Kopfschmerzen.«
    »Soll ich Euch einen Tee kochen? Pfefferminze hilft mir immer.«
    Emilia biss sich auf die Lippe. »Mir geht es gut. Ich möchte nur in mein Zimmer und ein wenig nachdenken.«
    »Das verstehe ich.« Die Mamsell nickte. »Ich werde Jule gleich zu Euch schicken, damit sie Euch aus dem Korsett befreit.«
    »Dankeschön. Komm, Kara.«
    »Soll Jule Euch noch einen kleinen Imbiss mitbringen?«, fragte die Mamsell schmunzelnd. »Ich habe noch schöne heiße Brühe mit Markklößchen und ein wenig Roastbeef.«
    »Ach, das wäre herrlich. Gute Nacht.«
    »Und gebt dem Hund nicht zu viel von dem Fleisch. Er hatte schon …« Die Mamsell grinste.
    Emilia lief die Treppe wieder hoch, in der Diele blieb sie stehen und schlüpfte aus den unbequemen, wenn auch sehr eleganten Seidenschuhen. Dann stieg sie nach oben.
    In ihrem Zimmer war der kleine Kachelofen angeheizt worden, der eine wohlige Wärme

Weitere Kostenlose Bücher