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Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Titel: Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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kleinen Waschkommode bereit wie auch frische Handtücher. Die Bettwäsche duftete nach Lavendel und Kamille. Entzücktsah sich Emilia um. Selbst ein kleiner Zweig Ilex stand in einer Vase am Fenster. Die roten Beeren schimmerten im Kerzenschein.
    »Schön ist es hier«, sagte Rieke verzückt.
    »Hach ja.« Emilia setzte sich aufs Bett. Sie hatte noch drei Löffel von dem Zwiebelhonig hinuntergewürgt und rasch einen Becher Tee aus Schafgarbe und Spitzwegerich getrunken. Gleich sollte sie noch Brustwickel bekommen. Lieber das, als noch einmal zur Ader gelassen zu werden, dachte sie.
    »Mien Stuuv is ooch so scheen.« Rieke lachte breit. »Ik bien doch son Bangebüx und nun darf ik im Oken schlafen.«
    »Wo?«, fragte Emilia verwundert.
    »Na, in die Kammerken nebenan.«
    Dort war Sofie gestorben, fiel Emilia ein und ein Schauer lief ihr den Rücken herunter. Zum Glück bemerkte Rieke das nicht, denn sie wollte das Mädchen nicht erschrecken.
    Es klopfte und Inken trat ein, um den warmen Spitzwegerichbrei und Tücher zu bringen.
    »Du bist das neue Mädchen?«, fragte sie Rieke. Das Mädchen löste die Schnüre und Knöpfe an Emilias Kleid.
    »Die Rieke bin ik.«
    »Die Mamsell hat mir von dir geschrieben.« Inken betrachtete das Mädchen aufmerksam. »Man sieht ja noch gar nichts.«
    Rieke zuckte zusammen. »Von dem Gör? Ne, da kannste kieken, wie de willst, dat siehste nich.«
    »Das wird sich aber ändern. Wo ist der Vater?«
    »Mein Vater?«, fragte Rieke verwundert. Inken lachte.
    »Nein, du dummes Ding, der Vater deines Kindes.«
    »Ach, der Schadderbüddel, der Alte, hat sich davongemacht, konnte gar nicht so schnell kieken, wie der weg war. Der war voller Brass, als ik ihm vonne Gör erzählt habe. Is aufn Schiff und fott.«
    Inken seufzte. Inzwischen hatte Emilia ihr Kleid ausgezogen und setzte sich auf das Bett. »Die Mamsell sagt, solange ich die Wickel umhabe, darf ich das Nachthemd nicht anziehen.«
    »Da hat die Mamsell auch recht. Rieke, leg die Leinentücher aufdas Bett, damit es nicht feucht wird.« Sanft trug sie den warmen Brei auf Emilias Brustkorb auf, wickelte die Tücher darum und deckte Emilia bis zum Kinn zu. Dann setzte sie sich auf den Bettrand und schaute wieder zu Rieke.
    »Was wirst du mit dem Kind machen?«
    Rieke schüttelte den Kopf. »Ich kanns nicht behalten, dat geit nich. Dat Gör muss inne Heim.« Sie senkte den Kopf.
    »Würdest du es behalten wollen?«, fragte Inken sanft nach.
    »Ei sicher. Is mien Gör. Sehen tut man es nicht, aber ik spür es schon, högen tu ik mich jedes Mal, wenn es tritt.«
    Inken seufzte. »Erst mal musst du lernen, richtig zu sprechen.«
    »Wat hät dat mit mien Gör zu tun?«
    »Es hat etwas mit dir zu tun, Rieke«, sagte Inken und stand auf. »In einer halben Stunde können wir den Wickel abnehmen.« Sie nickte Emilia zu und ging.
    »Meint Ihr, sie weiß eine Lösung?«, fragte Rieke hoffnungsvoll und setzte jedes Wort mit Bedacht.
    »Wenn nicht Inken, dann niemand«, murmelte Emilia müde.
    Der Zwiebelhonig, den Emilia gewissenhaft zweimal am Tag zu sich nahm, und die Umschläge wirkten. Ihr Husten verschwand langsam. Dennoch blieb sie schlapp und kraftlos. Die Feiertage verbrachten sie so, wie es sich Onkel Hinrich gewünscht hatte – in aller Ruhe. Am ersten Feiertag zog der Himmel zu und es begann zu schneien, sacht und leise. Am zweiten Feiertag endlich, nach Wochen grauen Himmels, klarte es auf. Es war, als hätte der Schnee den Himmel geputzt. Die Sonne schien von einem leuchtend blauen Firmament, die Landschaft war wie gezuckert. Emilia stand am Küchenfenster und sah nach draußen. Jasper und Mathilda versuchten Mats zu überreden, mit ihnen zum Nutzteich zu gehen. Aber die Eisschicht, die sich über Nacht gebildet hatte, war noch viel zu dünn.
    »Wenn das Wetter so bleibt und die Temperatur noch sinkt, dann vielleicht nächste Woche«, sagte Mats und duldete keinen Widerspruch.
    »Nächste Woche.« Mathilda kam schmollend in die Küche, währendJasper Mats in den Stall folgte. Hier in Othmarschen war alles für sie ein Abenteuer und sei es auch nur, die Pferde zu füttern. »Nächste Woche. Bis dahin sind wir sicher schon längst wieder in Hamburg. Mutter packt ja jetzt schon.« Sie setzte sich auf die Küchenbank und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Ach, Liebchen«, beschwichtigte Emilia sie. »Schau mal, Inken hat Plätzchen gebacken. Du darfst bestimmt naschen.« Sie reichte ihr die Schale mit den nach Gewürzen duftenden

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