Die Auswanderinnen (German Edition)
Dringendes?“
Ohne sich lange mit irgendwelchen Höflichkeitsfloskeln aufzuhalten, kam Isabella zur Sache. „Weißt du, wo Dieter steckt? Hat er sich bei euch gemeldet?“
„Wie kommst du denn darauf?“
„Er hatte in den letzten Wochen doch öfter mit Uwe Kontakt, nicht wahr? Vielleicht weiß Uwe etwas.“
Eva hörte die Panik in Isabellas Stimme, und sofort regte sich ihr Mitgefühl. „Was ist denn passiert?“
„Dieter hat mich verlassen.“
„Wie bitte?“
Isabella legte eine ungewollte Kunstpause ein. Es so deutlich auszusprechen war schockierend und klang vor allem falsch, so grundlegend falsch! Was würde Eva bloß von ihr denken? „Ich meine, wir haben uns getrennt“, berichtigte sie sich. „Er ist heute ausgezogen, das meine ich damit. Er hat mir die Wohnung überlassen, es gibt aber noch ein paar Dinge zu regeln, an die ich vorher nicht gedacht habe. Ich muss ihn dringend sprechen, aber ich weiß nicht, wo er sich gerade aufhält. Da dachte ich mir, dass es Uwe vielleicht wissen könnte. Es ist wirklich sehr wichtig.“
„Ich hatte ja keine Ahnung.“ Eva bedauerte Isabella zutiefst. Ganz alleine dazustehen, noch dazu in einem fremden Land! „Du Ärmste. Wie konnte es nur so weit kommen? Ihr wart doch immer ..., ich meine, ihr seid doch gut miteinander ausgekommen. Ich dachte, eure Ehe sei in Ordnung. Du hast nie etwas gesagt ...“
„Wann sollte ich? Wir haben in letzter Zeit nicht oft miteinander gesprochen.
Seit Weihnachten nicht mehr, um genau zu sein!“
Und Eva hatte es Isabella übel genommen, dass sie sich nie bei ihr gemeldet und nach ihrem Zustand gefragt hatte! Jetzt wusste sie wenigstens warum. „Eure Krise besteht also seit Weihnachten?“
„Das kann man so sagen. Er war wie ausgewechselt, seit wir in Lightning Ridge waren.“
Eva verkniff sich eine Bemerkung
„Aber das allein ist es nicht gewesen. Eigentlich lief es schon viel länger zwischen uns schief. Vielleicht hätten wir niemals heiraten dürfen. Schließlich haben wir uns ja kaum gekannt. Und vielleicht bilde ich mir deshalb ja auch nur ein, dass er sich verändert hat, während er in Wirklichkeit schon immer so berechnend und oberflächlich war, und ich es anfangs nur nicht bemerkt habe.“
„Kann es sein, dass ihm das, was in Lightning Ridge passiert ist, zu schaffen macht?“, fragte Eva vorsichtig.
„Wieso denn?“
„Weil du gesagt hast, er ist verändert, seit er ...“
Isabella unterbrach sie verärgert. „Hörst du mir überhaupt zu? Ich sagte gerade, er war wahrscheinlich schon immer so. Ist doch ganz egal. Es ist vorbei, und es macht mir nichts aus. Wirklich nicht. Aber ich muss ihn dringend sprechen. Kann ich mal mit Uwe reden?“
Eva schüttelte den Kopf. Man kam einfach nicht an Isabella heran. Auch sie hatte sich seit Weihnachten stark verändert, nicht nur Dieter. Kein Wunder, dass es mit den beiden nicht mehr funktionierte. Laut sagte sie: „Uwe ist nicht da.“
„Wo ist er denn?“
Himmel, wie sollte sie Isabella erklären, dass sie keine Ahnung hatte, wo sich Uwe gerade befand. Vor einer Stunde hatte sie in der Schreinerei angerufen, weil sie solche Bauchschmerzen bekommen hatte, aber niemand hatte gewusst, wo er war. „Bei Kunden. Er muss noch eine Küche ausmessen. Die Leute haben oft nur abends Zeit.“
„Kannst du ihn bitten, mich anzurufen, sobald er zurück ist? Es wird ja wohl nicht so spät werden, oder?“
Tatsächlich kam es in letzter Zeit häufig vor, dass Uwe erst weit nach Mitternacht nach Hause kam und immer sehr ärgerlich wurde, wenn sie ihm deswegen Vorhaltungen machte. Sie hätte auch nie etwas gesagt, wenn sie nicht schwanger gewesen wäre. Aber seit Weihnachten ging es ihr nicht besonders gut, und sie war ständig in Sorge um das Kind. „Nein“, sagte sie. „Es wird nicht spät werden.“
„Und du kannst dir wirklich nicht vorstellen, wo Dieter sein könnte?“
„Keine Ahnung. Ist er denn tatsächlich schon ausgezogen?“
„Mit Sack und Pack.“
„Wie schrecklich.“
„Und wie geht es dir?“, fragte Isabella endlich.
Eva erzählte ihr ausführlich von ihren gesundheitlichen Problemen. Es waren noch vier Monate bis zur Geburt und sie wusste noch nicht, wie sie sie durchstehen sollte, aber sie freute sich wahnsinnig auf das Baby. Isabella murmelte pflichtschuldig ihre Aha’s und Soso’s und überlegte verzweifelt, wie sie das Telefonat abbrechen konnte, ohne ihre Gesprächspartnerin zu verletzen. Eva war gerade dabei die wichtigsten
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