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Die Autobiographie: Die Ursache / Der Keller / Der Atem / Die Kälte / Ein Kind (German Edition)

Die Autobiographie: Die Ursache / Der Keller / Der Atem / Die Kälte / Ein Kind (German Edition)

Titel: Die Autobiographie: Die Ursache / Der Keller / Der Atem / Die Kälte / Ein Kind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Bernhard
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die ganz natürliche Verlegenheit, daß die Besucher dann schweigsam, sich gegenseitig anblickend, an den Betten eine Zeitlang verharrten, bis sie sich umdrehten und das Sterbezimmer verließen. Alle diese Besucher hatten wahrscheinlich beim Hinausgehen nur einen einzigen Gedanken gehabt: daß ihr Besuch der letzte Besuch gewesen sei, was sich fast immer bestätigte. Mein Großvater war, wie versprochen, jeden Tag gekommen. Eines Tages war er ausgeblieben, und meine Mutter, die dann an seiner Stelle abwechselnd mit meiner Großmutter in der Besuchszeit bei mir gewesen war, hatte berichtet, der Großvater habe sich jetzt eingehenderen Untersuchungen zu unterziehen und könne sein Bett nicht mehr verlassen. Sie hatten Grüße ausgerichtet und daß es nur ein paar Tage dauern könne, dann komme er wieder. Tatsächlich war er nach zwei, drei Tagen wieder bei mir erschienen. Er schilderte sein Zusammenleben mit dem Magistratsbeamten und gab kaum eine seine Krankheit betreffende Erklärung ab. Am Ende, nachdem er schon aufgestanden war, hatte er gesagt, die Ärzte hätten herausgefunden,
was
es sei. Eine kleine Operation, hatte er gesagt, nicht der Rede wert. Sein Primarius sei ein guter Mann. Er habe die größte Lust zu arbeiten, sein Denken, seine Arbeit betreffend, sei aufeinmal, wahrscheinlich durch diese Krankheit und den durch sie erzwungenen Krankenhausaufenthalt, wie noch niemals zuvor in Schwung gekommen. Ein paar Tage oder Wochen, dann sei er draußen, und auch ich sei so weit. Die gelbgraue Flüssigkeit in meinem Brustkorb war eines Tages endgültig abgesaugt gewesen und hatte sich nicht mehr gebildet. Ich hatte mich schon aufsetzen können im Bett, und ich hatte schon den Gedanken gehabt, aufzustehen. Für diesen ersten Steh-, möglicherweise auch schon Gehversuch hatte ich mir meinen Geburtstag vorgenommen. Mein Großvater ermutigte mich. Der Geburtstag sei die schönste Gelegenheit, wieder aufzustehen, einen Gehversuch zu machen. Unter seiner Mithilfe werde dieses Vorhaben ohne weiteres gelingen. Ich hatte in der Zwischenzeit, in diesen dreieinhalb Wochen Krankenhausaufenthalt, zweiundzwanzig Kilogramm abgenommen und alle Muskeln verloren. Ich war nurmehr noch Haut und Knochen gewesen. Der Podlaha, der mich in dieser dritten Woche besucht hatte, war über mein Aussehen erschrocken gewesen, er hatte es nur zwei Minuten an meinem Bett ausgehalten. Er hatte mir eine extragroße Flasche Orangensaft mitgebracht. Er hatte, wie er mir später gestand, nicht gedacht, daß ich tatsächlich davonkommen würde. Gerade an meinem Geburtstag aber hatte ich schon in der Früh einen Schwächeanfall, tatsächlich einen mehrere Tage andauernden Rückfall, vor meinen Augen war aufeinmal wieder alles verschwommen gewesen, ich hörte schlecht, konnte, was ich sonst deutlich gesehen hatte, beinahe nicht mehr sehen, war außerstande gewesen, meine Hand zu heben. Meine Mutter, meine Großmutter, meine Geschwister waren erschienen und hatten sich vor meinem Bett aufgestellt und hatten immer wieder etwas zu mir gesagt, das ich aber nicht verstehen hatte können. Nach einiger Zeit waren sie gegangen. An diesem Tage hatten sie geglaubt, ich sei verloren. Ich hatte nach dem Großvater gefragt, aber keine Antwort erhalten. Vielleicht hatten sie aber auch gesagt, warum er, der mir versprochen hatte, an meinem Geburtstag zu kommen, dann doch nicht gekommen war. Es mußte ein schwerwiegender Grund gewesen sein. Auch mein Vormund und mein Onkel, der Bruder meiner Mutter, waren bei mir gewesen, ich sehe sie noch heute alle zusammen vor mir stehen, ihre schon im Anfang gescheiterten Versuche, Tatsachen und Wahrheiten zu verbergen, die ihnen entsetzlich gewesen waren. Aufeinmal waren sie alle weg, ich war wieder allein. Es dauerte ein paar Tage, in welchen ich diesen kritischen Zustand überbrückte, und sie waren täglich gekommen und waren mir in ihrem Verhalten immer merkwürdiger erschienen, vollkommen anders, ich hatte mir naturgemäß die Ursache ihres merkwürdigen Verhaltens nicht erklären können. Ein paar Tage war auch meine Mutter nicht mehr gekommen, meine Großmutter erklärte die Abwesenheit meiner Mutter mit einer Erkältung. Abwechselnd waren meine Großmutter und mein Vormund gekommen. Ihre Besuche waren aber immer sehr kurz und ihre Verlegenheit, wenn ich nach dem Großvater fragte, war immer größer geworden. An einem Vormittag, zehn oder elf oder zwölf Tage nach dem letzten Besuch meines Großvaters bei mir, hatte ich,

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