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Die Autobiographie: Die Ursache / Der Keller / Der Atem / Die Kälte / Ein Kind (German Edition)

Die Autobiographie: Die Ursache / Der Keller / Der Atem / Die Kälte / Ein Kind (German Edition)

Titel: Die Autobiographie: Die Ursache / Der Keller / Der Atem / Die Kälte / Ein Kind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Bernhard
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Gleichaltrigen zusammen war, einzustellen, und als mir die Überwindung dieser Anfangsschwierigkeit geglückt war, hatte ich schon gewonnen. Ich hatte meinen Mitpatienten schließlich als einen idealen Zimmergenossen empfunden, es hätte ja ein ganz anderer sein können. Eines Tages hatte mir meine Mutter jenen Klavierauszug aus der Stadt mitgebracht, den mir mein Großvater versprochen gehabt hatte,
Die Zauberflöte
. Sie hatte nur von meinem Großvater von meinem Wunsch wissen können, denn ich hatte diesen Wunsch keinem anderen Menschen gegenüber geäußert, wie meine Mutter mir jetzt eröffnete, habe mein Großvater mir den Klavierauszug der
Zauberflöte
zu meinem Geburtstag schenken wollen, jetzt sei sie selbst in die Buchhandlung Höllrigl gegangen und habe
Die Zauberflöte
für mich gekauft,
mit Verspätung
, hatte sie in dem Augenblick gesagt, in welchem sie den Klavierauszug aus dem kleinen Rucksack herausgezogen hatte, mit welchem sie im Autobus nach Großgmain gefahren war.
Die Zauberflöte
war, vielleicht auch, weil es die erste Oper gewesen war, die ich gehört hatte, meine Lieblingsoper und ist es noch heute. Jetzt hatte ich genau den Gegenstand in Händen, der mich früher in höchstem Maße glücklich gemacht hätte, nun jedoch in einen Zustand der Verzweiflung stürzen mußte, weil mir inzwischen jede Hoffnung, jemals wieder singen zu können, genommen war. Ich hatte es nicht auf den Versuch ankommen lassen zu prüfen, ob ich überhaupt noch meine Singstimme hatte.
Die Zauberflöte als Klavierauszug
in meinen Händen war also alles eher gewesen als das von ihr erhoffte Glück, sie hatte mir plötzlich wieder mit erschreckender Deutlichkeit meine Grenzen gezeigt, aber ich hatte mich nur die kürzeste Zeit der Sentimentalität ausgeliefert. Ich versteckte den Klavierauszug im Kasten, nicht ohne mir bei dieser Gelegenheit den Befehl gegeben zu haben, ihn solange wie möglich nicht mehr in die Hand zu nehmen. Meine Mutter war, wie ich mich erinnere, regelmäßig an jedem zweiten Sonntag mit ihrem Mann, meinem Vormund, und mit meinen Geschwistern nach Großgmain herausgekommen, immer wieder auch einmal und tatsächlich, um das Fahrgeld zu sparen, die sechzehn Kilometer zu Fuß, was für sie doch jedesmal eine viel zu große Anstrengung gewesen war, denn der Weg war damals noch immer ein Schotterweg gewesen, und die Steigung hatte jeden schon bald erschöpft. Sie hatte sich aber ein Ausbleiben niemals gestatten wollen, weil sie wußte, daß ich wartete. Nun war die Mutter der Mensch, der mir der nächste war. Im Grunde hatte ich damals, immer wenn sie gegangen war, nur wieder darauf gewartet, daß sie kommt. Die Woche war aber lang und mit der Zeit immer schwieriger mit Abwechslung auszufüllen gewesen. In der Zwischenzeit war ich längst aufgestanden und hatte das Innere des Hotels Vötterl erforscht, seine den ganzen Tag über wahrscheinlich aus Sparsamkeitsgründen finsteren und dadurch nicht ungefährlichen Gänge, alle sogenannten Gesellschaftsräume, in welchen natürlich überhaupt nichts mehr an die Tatsache erinnerte, daß das Vötterl einmal ein beliebtes Hotel gewesen war, es war vollkommen für seinen Zweck, Heilungs- oder Endstation für lungenkranke Menschen zu sein, ausgestattet, und der Krankheitsgeruch hatte sich in allen seinen Räumen und selbst in seinen Mauern festgesetzt. Mein Mitpatient, der Architekturstudent, hatte mich eines Tages überraschend aufgefordert, mit ihm in das Dorf zu gehen, das Abenteuer, vor welchem ich zuerst Angst gehabt hatte, war geglückt, ein Rundgang zuerst um die Kirche, dann, neugierig geworden, in die Kirche hinein und auch noch ein Stück in Richtung Grenze und wieder zurück. Der Anfang war gemacht, die darauffolgenden Tage hatte ich, immer in Begleitung meines Zimmergenossen, meine Wege erweitert und auf diese Weise nach und nach die Schönheit und die Geborgenheit des Ortes und seiner unmittelbaren Umgebung kennengelernt. Es war jetzt Anfang April, und die genaue Naturbeobachtung hatte eine neue Abwechslung in meine Großgmainer Eintönigkeit gebracht. Schließlich, nachdem mein Zimmergenosse entlassen gewesen und ich von da an allein war auf meinen Erkundungswegen, waren es nurmehr noch ein paar Tage bis Ostern. Ich hatte den Mut, die Grenze nach Bayern zu überschreiten, ich war ganz einfach, ein paar hundert Meter oberhalb der bewachten Brücke, über den Fluß gesprungen und eine Weile auf dem deutschen Ufer entlanggegangen und dann wieder

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