Die Baeren entdecken das Feuer
Atomkrieg?«
»Darauf dürfen wir nicht antworten«, antwortete der Niedliche.
»Kurz und gut, wir sind gekommen, um die Kunstwerke eurer Vorfahren zu retten«, erklärte der größere.
»Die Kunst retten und alles andere den Bach runtergehen lassen. Keine schlechte Idee«, sagte ich. »Aber, mira, es ist Mitternacht und alle Museen sind dicht. Versucht’s noch mal en la mañana.«
»Que bueno! No hay mas necesididad que hablar en inglés«, meinte der größere. »Ist doch auch viel zu umständlich, in einer toten Sprache zu sprechen«, fuhr er auf spanisch fort. »Aber woher weißt du’s?«
»War nur so eine Vermutung«, antwortete ich, gleichfalls auf spanisch, und von nun an unterhielten wir uns in meiner Muttersprache. »Wenn ihr wirklich aus der Zukunft seid, könnt ihr ja in Zukunft wiederkommen, zum Beispiel morgen, wenn wir geöffnet haben. Abgemacht?«
»Zu riskant«, entgegnete er. »Wir können nur zwischen Mitternacht und vier Uhr morgens kommen und gehen; in der Zeit kommen wir mit eurer Welt am wenigsten in Konflikt. Und außerdem: Wir sind nicht etwa von Übermorgen oder so, sondern aus ganz ferner Zukunft. Wir sind hier, um Kunstwerke vor dem kommenden Holocaust zu bewahren, indem wir sie durch einen Zeitschlitz in unser Jahrhundert schicken, das für euch in ferner Zukunft liegt.«
»Verstanden«, sagte ich. »Aber ich bin die falsche Adresse. Die Galerie hier gehört mir nicht. Ich bin nur eine Künstlerin.«
»Tragen Künstler in eurem Jahrhundert Uniform?«
»Nebenher arbeite ich als Wachfrau.«
»Dann möchten wir deinen Boß sprechen. Sorg bitte dafür, daß er morgen nacht hier ist.«
»Er ist eine Sie«, sagte ich. »Und außerdem, mira, wer garantiert mir, daß ihr wirklich aus der Zukunft seid?«
»Du hast doch gesehen, wie wir hier plötzlich mitten im Raum materialisiert sind, oder?«
»Zugegeben, ich hab ein bißchen gedöst. Versucht ihr mal, mit ’ner Doppelbelastung von zwei Jobs fertigzuwerden.«
»Aber dir ist aufgefallen, wie schlecht unser inglés ist. Und was hältst du von unseren Klamotten?«
»In New York sprechen etliche Leute noch schlechter inglés als ihr«, entgegnete ich. »Und hier auf der Lower East Side beweisen schrille Klamotten überhaupt nichts.« Dann erinnerte ich mich an eine Science Fiction-Geschichte, die mir zu Ohren gekommen war (gelesen hab ich Science Fiction noch nie).
»Sie haben was?« sagte am nächsten Morgen Borogove, die Galeristin, als ich ihr von den beiden Jungs aus der Zukunft berichtete.
»Ich habe ein Streichholz angerissen und an seinen Ärmel gehalten.«
»Meine Liebe, du kannst von Glück reden, daß er dich nicht über den Haufen geschossen hat.«
»Er hatte keine Waffe dabei, wie zu sehen war, denn diese schimmernden Anzüge saßen ziemlich eng. Wie auch immer, als ich sah, daß das Zeug nicht brennt, hab ich mich entschieden, ihrer Geschichte zu glauben.«
»Es gibt jede Menge Sachen, die nicht brennen«, entgegnete Borogove. »Und wenn die beiden wirklich aus der Zukunft waren, gekommen, um große Kunst unseres Jahrhunderts zu retten, wieso haben sie dann nichts mitgenommen?« Sie sah sich in der Galerie um, die voll stand mit riesigen Brüsten und Hinterteilen aus Plastik, Arbeiten ihres verstorbenen Ex-Ehemannes ›Bucky‹ Borogove. Daß sie alle noch an ihrem Platz standen, schien sie ein wenig zu enttäuschen.
»Weiß nicht«, antwortete ich. »Sie bestehen darauf, mit dir, der Eigentümerin, zu reden. Vielleicht mußt du irgendwas unterschreiben.«
»Hmmm. Es sind in letzter Zeit mehrere große Kunstwerke auf mysteriöse Weise verschwunden. Deshalb hab ich dich angestellt. Das hat Bucky in seinem Testament so verlangt. Dabei fällt mir ein: Vielleicht ist die ganze Geschichte bloß einer von seinen posthumen Publicity-Gags. Wann wollen diese Jungs aus der Zukunft wieder auftauchen?«
»Um Mitternacht.«
»Hmmm. Also, die Sache bleibt unter uns. Ich werde um Mitternacht zu dir kommen, wie Macbeth auf dem Turm.«
»Hamlet«, korrigierte ich. »Und morgen ist meine freie Nacht. Mein Freund führt mich aus, zu einem Hahnenkampf.«
»Du sollst auch fünfzig Prozent mehr kriegen«, versprach sie. »Ich brauche dich als Übersetzerin. Mein Spanisch läßt zu wünschen übrig.«
Junge Frauen gehen nicht zum Hahnenkampf, und ich habe keinen Freund. Wie käme ich auch dazu? In New York gibt’s keine alleinstehenden Männer. Aber ich wollte Borogove nicht den Eindruck vermitteln, als sei ich leicht
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