Die Baeren entdecken das Feuer
Liste. »Aber hier steht’s doch. Also ist das Bild auch in deren Katalog enthalten.«
»Und das heißt, es hat die Katastrophe überdauert«, schlußfolgerte ich.
»Das heißt, die Jungs werden in der Nacht nach der Vernissage aufkreuzen und das Bild mitnehmen.«
»Das heißt, ich müßte eins auf die Schnelle malen.«
»Und dafür haben Sie genau vier Tage Zeit.«
»Das ist doch verrückt, Borogove.«
»Nennen Sie mich Mimsy«, sagte sie. »Und machen Sie sich keine Gedanken. Machen Sie sich einfach an die Arbeit.«
»Im nevera sind noch ein paar saure Heringe«, sagte ich auf spanisch.
»Ich dachte, du wärst Puertoricanerin«, meinte Kurz.
»Bin ich auch, aber mein Ex-Lover ist Jude, und das Zeug hält ewig.«
»Ich dachte, es gäbe keine ledigen Männer in New York.«
»Das war der Haken«, antwortete ich. »Seine Frau ist auch jüdisch.«
»Halte ich dich auch wirklich nicht von der Arbeit ab?« fragte Kurz.
»Arbeit?« sagte ich frustriert. Seit Stunden starrte ich auf eine leere Leinwand. »Ich muß bis zur Ausstellungseröffnung noch ein Bild malen, habe aber nicht einmal angefangen.«
»Welches Bild soll das sein?«
»La Rosa del Futuro«, antwortete ich. Den Titel hatte ich bereits in die obere Rahmenecke geheftet. Vielleicht war das der Grund für meine Blockade. Ich zupfte den Zettel ab und warf ihn zerknäult in Richtung Wand. So weit kam er nicht.
»Ich glaube, das ist das bekannteste von dir«, sagte er. »Du wirst also damit fertig werden. Kann es sein, daß da eine Blüte…«
»Ein Bud?« fragte ich. »In der Kühlschranktür.«
»Mir scheint, du brauchst ein bißchen Entspannung«, sagte er mit diesem schüchternen, pfiffig futuristischen Lächeln, das mir immer mehr an ihm gefiel.
Nach unserem bißchen Entspannung, das tatsächlich mehr war als nur ein bißchen, fragte ich: »Machst du so was öfters?«
»Was?«
»Mit Mädchen aus der Vergangenheit bumsen. Was, wenn ich deine Ururgroßmutter wäre?«
»Ich habe entsprechende Nachforschungen angestellt«, antwortete er. »Die lebte in der Bronx.«
»Du Schuft, du durchtriebener! Du treibst es ständig!«
»Teresa! Mi corazón! Nie. Es ist verboten. Ich setzte meinen Job damit aufs Spiel. Aber als ich deine kleinen…«
»Kleine was?«
Er errötete, »…deine kleinen Händen und Füße sah, habe ich mich verliebt.«
Jetzt war ich mit Rotwerden an der Reihe. Er, dieser Zukunftstyp, hatte mein Herz gewonnen, für immer.
»Wenn du mich also wirklich so sehr liebst, warum nimmst du mich nicht mit in die Zukunft?« fragte ich nach einer ergiebigen Entspannungswiederholung.
»Wer würde denn dann die Gemälde malen, die im Laufe der nächsten drei Jahrzehnte von dir zu erwarten sind? Teresa, du ahnst ja gar nicht, wie berühmt du noch werden wirst. Selbst ich, der ich ein ausgemachter Kunstbanause bin, habe schon von Picasso, Michelangelo und der großen Algarín gehört. Wenn dir etwas zustieße, würde die Zeitfalle zuschnappen und die gesamte Kunstgeschichte über den Haufen geworfen werden.«
»Oh, wer hätte das gedacht.« Ich lächelte und lächelte und konnte anscheinend nicht mehr damit aufhören. »Dann bleib doch bei mir.«
»Daran habe ich auch schon gedacht«, gestand er. »Aber wenn ich bliebe, wäre ich zukünftig nicht zur Stelle, um in die Vergangenheit reisen und dich kennenzulernen zu können. Und wenn ich geblieben wäre, wüßten wir’s ja längst, weil so was hinterläßt ja Spuren. Siehst du, wie kompliziert Zeit ist? Ich bin nur ein Botenjunge und kriege Kopfschmerzen, wenn ich darüber nachdenke. Ich könnte jetzt noch ein Blatt vertragen.«
»Bud«, sagte ich. »Du weißt, wo’s steht.«
Er ging in die Küche, um sich eine cerveza zu holen, und ich rief ihm hinterher: »Du wirst also in die Zukunft zurückkehren und mich in der kommenden Katastrophe umkommen lassen.«
»Umkommen? Katastrophe?«
»Von der du mir nichts sagen darfst.«
»Ach, die. Lang hat nur ein bißchen Angst zu machen versucht. Es ist kein Krieg. Nur ein kleiner Lagerbrand.«
»All dieser Zores nur wegen seines Lagerbrands?«
»Zurückzugehen und das Zeug zu retten ist billiger als den Brand zu verhindern«, erläuterte er. »Das hat was mit der Zeitfallen-Versicherung zu tun oder so ähnlich.«
Das Telefon klingelte. »Wie geht’s?«
»Mensch, Borogove, es ist zwei in der Früh!« sagte ich auf inglés.
»Bitte, Teresa, nennen Sie mich Mimsy. Ist es fertig?«
»Ich bin noch bei der Arbeit«, log ich. »Legen
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