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Die Baeren entdecken das Feuer

Die Baeren entdecken das Feuer

Titel: Die Baeren entdecken das Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
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Sie sich wieder schlafen.«
    »Wer war das?« wollte Kurz wissen. »La Gordita?«
    »Sei nicht so gemein«, sagte ich und zog T-Shirt und Schlüpfer an. »Du kannst dich jetzt auch schlafen legen. Ich hab noch zu tun.«
    »Okay, aber weck mich kurz vor vier. Wenn ich verschlafe und hier feststecke…«
    »Wenn du verschlafen hättest, würden wir’s wissen, oder?« entgegnete ich sarkastisch. Aber er schnarchte schon.
     
    »Um eine Woche verschieben? Unmöglich«, sagte Borogove am nächsten Morgen in der Galerie. »Morgen abend werden alle hier sein, die in der Kunstszene der Downtown was zu sagen haben.«
    »Aber…«
    »Teresa, ich habe schon den Wein bestellt.«
    »Aber…«
    »Teresa, ich habe schon den Käse bestellt. Und bedenken Sie nur: Alles, was wir zusätzlich zu den drei Bildern verkaufen, derentwegen sie gekommen sind, macht richtig Kasse. Comprende?«
    »En inglés, Borogove«, sagte ich. »Aber was ist, wenn ich mit diesem Bild nicht rechtzeitig fertig werde?«
    »Teresa, ich bestehe darauf, daß Sie mich Mimsy nennen. Wenn Sie es nicht schaffen würden, wären die Jungs zu einem späteren Zeitpunkt hier aufgekreuzt, denn sie wissen doch alles im voraus. Also, meine Liebe, machen Sie sich um Himmels willen keine Sorgen. Ab nach Hause mit Ihnen und an die Arbeit! Sie haben bis morgen abend Zeit.«
    »Aber ich weiß nicht einmal, wo ich anfangen soll.«
    »Habt ihr Künstler denn keine Phantasie? Lassen Sie sich was einfallen.«
     
    Ich hatte noch nie einen solchen Block gehabt. Mit Verstopfung ist das nicht zu vergleichen; bei Verstopfung kann man im Sitzen arbeiten.
    Wie ein Tiger im Käfig lief ich auf und ab, starrte auf die leere Leinwand, als wartete ich darauf, Appetit zu bekommen, um sie auffressen zu können. Gegen elf Uhr dreißig legte ich endlich los, war aber mit keinem der sechs Versuche einverstanden.
    Als es zwölf schlug, fing eine Luftsäule nahe der Spüle an zu schimmern und… Sie haben ja Star Trek gesehen. Kurz tauchte er auf und hielt eine Hand hinter dem Rücken versteckt.
    »Schön, dich zu sehen«, sagte ich. »Ich brauche einen Anhaltspunkt.«
    »Einen Anhaltspunkt?«
    »Für das Gemälde. ›La Rosa del Futuro.‹ In deinem Katalog aus der Zukunft ist doch eine Abbildung davon. Zeig sie mir.«
    »Eine Kopie deines eigenen Gemäldes?« meinte Kurz. »Da würden wir aber ganz bestimmt in eine Zeitfalle tappen.«
    »Ich will sie doch nicht abmalen, sondern nur einen ganz kurzen Blick drauf werfen«, entgegnete ich.
    »Das ist dasselbe. Außerdem hat Lang den Katalog bei sich. Ich bin nur sein Helfer.«
    »Na schön, dann beschreib mir das Bild.«
    »Ich weiß nicht, Teresa…«
    »Wie kannst du behaupten, mich zu lieben, wenn du nicht einmal imstande bist, mir zuliebe eine Regel zu verletzen.«
    »Ich weiß wirklich nicht, wie das Bild aussieht. Wie gesagt, Kunst steht mir nicht so hoch im Kurs. Ich bin nur der Botenjunge. Und überhaupt…« Er errötete. »Du weißt genau, was bei mir steht.«
    »Nun, ich steh auf Kunst«, antwortete ich. »Und wenn mir nicht ganz schnell was einfällt, verpasse ich womöglich die Chance meines Lebens – ach, was sage ich? – künstlerische inmortalidad.«
    »Teresa, mach dir keine Sorgen«, sagte er. »Das Bild ist so berühmt, daß sogar ich davon gehört habe. Unmöglich, daß es nicht zustande kommt. Darum sollten wir unsere letzte…«
    »Unsere was? Unsere letzte was? Warum hältst du überhaupt die Hände hinterm Rücken versteckt?«
    Er präsentierte eine Rose. »Verstehst du nicht? Wenn wir unseren Auftrag heute Nacht erfüllt haben, wird die Zeitverbindung wieder abreißen. Ich weiß nicht, wohin es mich von Berufs wegen dann verschlagen wird; jedenfalls nicht hierher zurück.«
    »Und wofür soll die Rose sein?«
    »Zur Erinnerung an unsere… unsere…« Er brach in Tränen aus.
    Mädchen weinen schnell und feste, und dann ist’s gut. Jungs aus der Zukunft sind noch empfindlicher, und Kurz heulte sich in den Schlaf. Nachdem ich ihn so lieb wie möglich getröstet hatte, zog ich T-Shirt und Schlüpfer an, fand einen sauberen Pinsel und tigerte wieder auf und ab. Er lag schnarchend auf dem Bett, ein kleiner, braunhäutiger Adonis ohne Feigenblatt.
    »Weck mich kurz vor vier«, murmelte er und schlief sogleich wieder ein.
    Ich betrachtete die rosa, die er mitgebracht hatte. Die Rosen der Zukunft haben weiche Dornen, was ich ermutigend fand. Ich legte sie neben seinen Kopf aufs Kissen, und plötzlich sah ich es im Geist vor mir:

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