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Die Bärenkralle: Thriller (German Edition)

Die Bärenkralle: Thriller (German Edition)

Titel: Die Bärenkralle: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torkil Damhaug
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durchsuchen. Er hatte plötzlich das Gefühl, nackt auf einem Marktplatz zu stehen, und hätte am liebsten um ein schützendes Handtuch gebeten.
    »Die Handschellen …«, entgegnete er. »Meine Frau und ich … die haben wir nur zum Spaß gekauft … vor langer Zeit.«
    »Wer hat sie gekauft?«
    Axel dachte nach.
    »Das war ich.«
    »Und wer wird bei Ihnen für gewöhnlich angekettet?«
    »Ich … habe das wohl auch schon ausprobiert.«
    Vikens Gesicht war immer noch so starr wie eine Gummimaske. Doch seine Augen funkelten, als würde er sich über irgendetwas amüsieren.
    »Wie haben Sie Miriam Gaizauskas kennengelernt?«
    Endlich eine Frage, auf die er vorbereitet war.
    »Sie hat bei mir ein Praktikum absolviert.«
    »Ist das alles?«
    »Wir waren zusammen.«
    »Was heißt das?«
    »Wir hatten ein Verhältnis. Ein paar Wochen lang.«
    »Ein sexuelles Verhältnis?«
    »Ja.«
    »Weiß Ihre Frau davon?«
    »Noch nicht.«
    »Und Sie finden es in Ordnung, sie zu betrügen?«
    »Nein.«
    An dieser Stelle schaltete sich Norbakk ein.
    »Sie sagten, Sie hätten ein Verhältnis gehabt.«
    Axel war erleichtert, dass ihm diese Frage gestellt wurde.
    »Ich werde es nicht fortsetzen«, entgegnete er.
    »Dennoch haben Sie Miriam Gaizauskas in den letzten vierundzwanzig Stunden zwölf Mal angerufen«, stellte Viken fest. »Sie scheinen mit der jungen Dame noch nicht ganz fertig zu sein.«
    Er stellte sofort die nächste Frage: »Wann haben Sie Ihren Zwillingsbruder zum letzten Mal gesehen?«
    Axel versuchte, dem Blick des Kommissars standzuhalten.
    »Das ist schon viele Jahre her. Ich weiß es nicht genau, zehn, vielleicht zwölf.«
    Ehe Axel näher darüber nachdenken konnte, sprach Viken weiter: »In den Fotoalben aus Ihrer Kindheit gibt es kein Bild, das Sie zusammen mit Ihrem Bruder zeigt, nicht ein einziges verdammtes Foto. Das beschäftigt uns, Herr Glenne. Alles, wofür wir verdammt noch mal keine Erklärung finden, beschäftigt uns.«
    Axel warf einen Blick auf die Videokamera, danach auf die Wand und den Tisch, der zwischen ihnen stand.
    »Das stimmt«, bestätigte er. »Brede kommt in diesen Alben nicht vor.«
    Aus Vikens Kehle drang ein leises Knurren.
    »Das müssen Sie uns erklären«, sagte er.
    »Da gibt es nicht viel zu erklären. Brede kam in eine Art Heim. All seine Gegenstände wurden weggegeben und alle Fotos aus den Alben entfernt.«
    »Entfernt? Wer hat das getan?«
    »Ich denke, meine Mutter. Darüber wurde nie gesprochen.«
    Viken schien in Gedanken zu sein.
    »Ihrer Frau haben Sie aber erzählt, dass Brede auf mehreren Fotos zu sehen ist.«
    Axel bemühte sich, darauf eine Antwort zu finden.
    »Nennen Sie uns eine einzige Person, die ihn kennt!«, forderte Viken ihn mit einem Mal auf. »Jemand, der uns bestätigen kann, dass dieser Brede wirklich existiert.«
    Axel hatte das Gefühl, ein Abgrund tue sich vor ihm auf, aus dem eine eisige Kälte aufstieg, und er wusste nicht, ob er den Mut besaß, in die Tiefe zu blicken. Er hörte die Stimme seines Vaters: Aus dir wird einmal jemand werden, der für seine Taten einsteht, Axel.
    »Ich will mit meinem Anwalt sprechen …«, sagte er so deutlich wie möglich, »… ehe wir weitermachen.«
    Jetzt bestand kein Zweifel mehr, dass der Kommissar die Lippen bewegte und sein Zahnfleisch entblößte.

    *

    Axel kannte mehrere Anwälte. Erst vor vier Tagen hatte einer von ihnen seinen fünfzigsten Geburtstag gefeiert. Axel hatte bei ihm auf der Terrasse gestanden und in den Sternenhimmel geblickt. Da war er immer noch davon überzeugt gewesen, über seine Zukunft selbst bestimmen zu können.
    Der Gedanke, einen Bekannten in die Sache mit hineinzuziehen, war ihm unerträglich. Ein Pflichtverteidiger würde fürs Erste völlig ausreichen. Fürs Erste? Weiterhin war er der Meinung, dass die ganze Angelegenheit in dieser Nacht, spätestens im Laufe des morgigen Tages aus der Welt geschafft werden konnte. Später wollte er in die Praxis gehen. Er musste sich um seine Patienten kümmern. Dann würde er nach Hause fahren. Doch langsam dämmerte es ihm, dass es dazu nicht kommen würde.
    Sein Verteidiger hieß Elton. Ein schmächtiger Kerl seines Alters, der eine viereckige Designerbrille sowie ein enges Hemd trug, das einem zwanzig Jahre jüngeren Mann gut gestanden hätte. Seine Stimme war so dünn wie sein Körperbau. Axel dachte, dass er jemand brauchte, der ein Boot steuern konnte. Jemand, der es sicher in den Hafen brachte, während er selbst in der Kajüte lag.

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