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Die Bärenkralle: Thriller (German Edition)

Die Bärenkralle: Thriller (German Edition)

Titel: Die Bärenkralle: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torkil Damhaug
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unterschiedliche Rollen zu spielen, wobei Norbakk der kameradschaftliche und verständnisvolle Part zufiel. Welche Rolle ihm selbst zukam, wusste Axel nicht. In diesem Moment fiel ihm ein Traum ein, den er schon öfter gehabt hatte: Er befindet sich auf einer großen Bühne, sieht die zahlreichen Zuschauer und spürt ihre Erwartung. Stille kehrt ein. Alle warten auf seinen ersten Satz. Da fällt ihm ein, dass er vollkommen vergessen hat, seinen Text zu lernen.
    »In Ordnung«, hörte er sich sagen. »Fangen wir an.«
    Schon in der Zelle hatte er erwogen, sich einen Anwalt zu nehmen, war aber davon ausgegangen, dass seine Festnahme nur ein Missverständnis sein konnte, das sich schnell aufklären ließ. Daran änderte auch der Umstand nichts, dass er in drei Mordfällen als tatverdächtig betrachtet wurde. Er hatte sich ja ohnehin selbst bei der Polizei melden wollen. War schon auf dem Weg dorthin gewesen. Ließ sich freiwillig befragen. Und er hatte, ohne zu zögern, eine Blutprobe abgegeben.
    »Schön«, sagte Norbakk und setzte sich. »Es freut uns, dass Sie so kooperativ sind.«
    Er blickte zu Viken hinüber, der weiterhin kein Wort sagte und Axel unverwandt ansah, als wolle er genaustens jede Pore seines Gesichts untersuchen. Axel bemerkte, dass seine Augen unter den buschigen grauen Brauen gerötet waren. Vermutlich Schlafmangel, vielleicht eine Allergie. Er wandte den Blick ab und fixierte einen Punkt an der Wand, während er darauf wartete, dass Viken das Wort ergriff. Es dauerte noch ungefähr eine weitere Minute, bis es so weit war.
    »Haben Sie je Sex bei einer Prostituierten gekauft?«
    Axel zuckte zusammen. Die Stimme klang leise und gepresst. Doch war es vor allem der Inhalt der Frage, der ihn völlig überraschte. Auf dem Weg von der Zelle hierher hatte er sich überlegt, welche Fragen sie ihm wohl stellen würden. Wo er gewesen sei, warum er sich nicht gemeldet habe. Über sein Verhältnis zu den Todesopfern … Aber damit hatte er nicht gerechnet.
    »Ich wiederhole meine Frage: Hatten Sie schon mal Sex mit einer Nutte?«
    In diesem Moment wusste er, dass er nichts mehr ohne seinen Anwalt sagen sollte. Doch er durfte jetzt keine Schwäche zeigen. Er hatte schließlich nichts zu verbergen. Hatte er sich je Sex gekauft? In Amsterdam war er einmal in einem Bordell gewesen. Ein Ausflug mit dem sogenannten Blasorchester, dem er damals – während er im zweiten Semester Medizin studierte – seine bescheidenen Tubakünste zur Verfügung gestellt hatte. Er war der Einzige gewesen, dessen Lungenkapazität für dieses Instrument ausgereicht hatte, und der Mangel an musikalischen Fertigkeiten spielte nur eine untergeordnete Rolle. Der Bordellbesuch war eine Wette gewesen, die angesichts einer fast leeren Whiskeyflasche entstanden war.
    »Wir nehmen zur Kenntnis, dass Sie viel Zeit brauchen, um diese Frage zu beantworten«, bemerkte Viken tonlos.
    Axel nahm sich zusammen.
    »Nein, das hatte ich noch nie.«
    Vikens Mundwinkel zuckte, als hätte er einen Punkt für sich verbucht, und Axel streifte der Gedanke, dass sie womöglich Informationen über diesen Bordellbesuch vor über zwanzig Jahren hatten.
    »Hatten Sie schon mal eine homosexuelle Beziehung?«
    Plötzlich hatte er das Gefühl, als neige sich der Fußboden zur Seite. Er wusste, dass er nicht fragen durfte, was das mit der Sache zu tun habe oder was mit einer homosexuellen Beziehung gemeint sei. Ob Nacktheit und intime Berührungen unter Teenagern hier eine Rolle spielten. Auf keinen Fall durfte er sich mit dem mürrischen Kommissar auf der anderen Seite des Tisches anlegen.
    »Nein.«
    »Mit Kindern?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ich will wissen, ob Sie schon mal Sex mit Kindern oder Minderjährigen hatten.«
    »Natürlich nicht.«
    »Haben Sie je einen Drang in dieser Richtung verspürt?«
    »Nein.«
    »Sadomasochistische Vorlieben?«
    Nicht ein einziges Mal hatte der Kommissar seine leise, durchdringende Stimme gehoben. Axel schüttelte den Kopf.
    »Heißt das nein?«
    »Ja … das heißt nein.«
    Er warf Norbakk einen verstohlenen Blick zu. Der nickte ihm mit einem Ausdruck zu, den man als aufmunternd hätte bezeichnen können.
    »Dennoch«, fuhr Viken fort, »haben wir einen Gegenstand in Ihrem Kleiderschrank gefunden.«
    Axel wusste sofort, auf welchen Gegenstand der Kommissar anspielte. Erst jetzt wurde ihm ganz und gar bewusst, dass eine Anklage der Polizei auch das Recht gab, in sein Haus einzudringen und dort sämtliche Räume zu

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