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Die Bärenkralle: Thriller (German Edition)

Die Bärenkralle: Thriller (German Edition)

Titel: Die Bärenkralle: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torkil Damhaug
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den Hintergrund drängen und sich ganz auf sie konzentrieren.
    »Das klingt so, als wäre es ein Problem.«
    Der Anflug von schlechter Laune von vorhin war wie weggeblasen. Stattdessen spürte er, wie sich eine stille Freude in ihm ausbreitete. Sie hatte es schwer. Sie war zu ihm gekommen, um über einen Mann zu reden, wie schon einmal vor längerer Zeit. Damals hatte sie einerseits die Beziehung beenden wollen, andererseits hatte sie Mitleid mit ihm und wollte ihm nicht noch mehr Kummer bereiten.
    »Ist es lange her, dass du … diesem neuen Mann begegnet bist?«, fragte Pater Raymond vorsichtig.
    »Morgen ist es eine Woche her.«
    Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen.
    »Ich weiß, das hört sich nicht besonders lang an«, fuhr sie hastig fort, »aber es kommt mir so vor, als würde ich ihn schon lange kennen. Es ist schwer zu erklären.«
    »Etwas zu erklären fällt dir doch nicht schwer«, ermutigte er sie.
    Sie schaute ihn lange an.
    »Wir dürfen uns nicht mehr treffen. Er ist siebzehn Jahre älter als ich.«
    »Hm …«
    »Er ist verheiratet und hat drei Kinder. So, jetzt ist es heraus. Ich habe vollstes Verständnis dafür, wenn Sie mich wegschicken.«
    Ein Lächeln huschte über Pater Raymonds Lippen.
    »Traust du mir solch niedrige Gedanken zu?«
    Sie erzählte ihm mehr. Dennoch hatte er das Gefühl, dass sie ihm etwas verschwieg. Sie schien sich zu quälen, wirkte fast ängstlich, doch er wollte sie nicht unter Druck setzen. Als sie verstummte, fragte er nur:
    »Kann man sein Glück darauf gründen, das Leben eines anderen Menschen zu zerstören?«
    »Ich glaube nicht, Pater.«
    Er räusperte sich.
    »Was ist bisher zwischen euch vorgefallen?«
    »Ich habe mit ihm gesprochen, als er vor den Ferien ein paar Vorlesungen bei uns gehalten hat. Den ganzen Sommer habe ich an ihn gedacht. Ich dachte, ich könnte ihn mir aus dem Kopf schlagen, wenn ich ihn wiedersehe, aber es ist nur noch schlimmer geworden.«
    »Du bist also nicht …«, begann der Pater. »Er hat dich nicht zu irgendwas gedrängt?«
    »Ich war es, die seine Nähe gesucht hat«, antwortete sie entschieden. »Ich hatte alles geplant.«
    Pater Raymond kannte sie bereits, seit sie vor sechs Jahren nach Oslo gekommen war. Er hatte von Anfang an eine Schwäche für sie gehabt, allerdings auf eine Art und Weise, die er sich selbst gestatten durfte. Diese Schwäche war wie eine Erinnerung an die Person, die er einst gewesen war. Indem er auf die Leidenschaft, die ihn früher getrieben hatte, verzichtete, hatte er sie auf einer anderen Ebene wiedergefunden, auf der es nicht der Zwang, sondern die Freude war, die sie im Zaum hielt.
    »Ich werde nie vergessen, wie Sie mir damals geholfen haben«, sagte sie. »Unsere Gespräche haben mir damals die Kraft gegeben, aus der Beziehung auszubrechen. Sie hätte mich kaputtgemacht.«
    »Ich habe dir nur ein paar Zusammenhänge aufgezeigt«, präzisierte er. Doch er wollte den alten Faden nicht wieder aufnehmen. Was sie ihm heute erzählt hatte, war wichtiger. Außerdem, so musste er sich eingestehen, hatte sie seine Neugier geweckt.
    »Was ist … bisher zwischen euch passiert?«
    »Ich war nicht richtig mit ihm zusammen, wenn Sie das meinen. Er hat mich geküsst, dann ist er gegangen.«
    Pater Raymond beugte sich zu ihr nach vorne.
    »Ich möchte, dass du über zwei Fragen nachdenkst, bevor du gehst. Erstens: Was will er von dir?«
    Da sie nicht antworten konnte oder wollte, bat er sie, ihm zu erzählen, was sie von ihm wusste. Danach fasste er zusammen:
    »Du zeichnest das Bild eines attraktiven Mannes, sympathisch und tüchtig, der sich für seine Mitmenschen einsetzt. Er hat Frau und Kinder sowie einen Zwillingsbruder, den er seit vielen Jahren nicht gesehen hat. Du brauchst auf meine Frage jetzt nicht zu antworten, Miriam, aber vergiss sie nicht. Meine andere Frage ist noch wichtiger. Was willst du von ihm?«
    »Ich will mit ihm zusammen sein«, antwortete sie sofort, »in jeder Hinsicht.«
    Pater Raymond senkte den Blick. Sie fuhr fort:
    »Nur mein Verstand sagt mir, dass es ein Fehler ist. Doch im Grunde wünsche ich mir nichts anderes. Ich werde alles verlieren und völlig allein dastehen. Wenn ich daran denke, fühle ich mich erleichtert. Aber er würde seine Familie wegen mir nie verlassen. So einer ist er nicht.«
    »Bist du sicher, dass dies nicht genau der Grund ist, warum du mit ihm zusammen sein willst? Weil er nicht frei ist, um dich an sich zu binden? Ist das vielleicht ein Versuch, einen

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