Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition)
auf! Die Männer dürfen sich am Samstag nicht besaufen. Am Sonntag geht’s los. Johann und ich gehn nach Köln. Wir warten noch auf den Zülcher Wilhelm.«
Der Krefelder traf am Freitag, den 19. Oktober, ein. Er hatte seinen Bruder und einen Freund mitgebracht. Mathias weihte nur den Zülcher in den Plan ein. Der hagere Krefelder grinste. »So könnt es gehn.«
Johann zählte noch einmal nach. »Mit euch sind wir fünfzehn Mann.«
Mathias nickte: »Drei stehen Wache. Vier töten die Hunde, und acht stürmen das Haus. Erst wenn alle Bewohner und die Gäste gefesselt sind, machen wir den Wagen.«
Der Straßburger wiegte den Kopf. »Wenn du, der Wilhelm und der Schiemann Wache stehen und dann noch vier für die Hunde wegfallen, dann hab ich zu wenig. Mit sieben Männern kann ich die Wachsoldaten, die Gäste und die Bewohner nicht lahm legen! Ich brauch mindestens noch zwei Mann.«
»Die besorgt uns die Düwels Trück«, beruhigte ihn Mathias. Die Wirtin bestellte fünf Männer in die Schwalbengasse. Mathias wählte zwei aus und schickte sie noch am Samstag nach Deutz, wo sie sich mit den anderen bei ›Afromchen in der Gasse‹ treffen sollten.
Am Samstag, den 20. Oktober, kam der Tuchhändler Conrads zum zweiten Mal in das Büro des öffentlichen Anklägers. Anton Keil empfing ihn mit einer bedauernden Geste. »Ich habe in Neuwied anfragen lassen. Verbrecher, auf die Ihre Beschreibung passen könnte, sind bereits seit Wochen nicht mehr gesehen worden.« Conrads seufzte. »Ich bin durch den Diebstahl ein armer Mann geworden. Ich weiß nicht mehr ein noch aus.«
Der öffentliche Ankläger legte die Stirn in hohe Falten. »Wir waren zu spät. Leider. Es geht mit der Amtshilfe nicht so glatt, wie ich das wünsche. Als meinem Gesuch, in allen Gasthäusern nach diesen drei Männern zu fahnden, endlich nachgekommen wurde, waren die Verbrecher längst verschwunden. Niemand weiß, wo sie sich aufhalten, und gegen die, die es vielleicht wissen, kann ich nichts unternehmen.«
Bevor der Tuchhändler ging, sagte er: »Ich werde auf jedem Jahrmarkt nach meinen Stoffen suchen. Irgendwann werde ich sie schon entdecken.«
Keil lächelte ihm zu. »Ich wünsche es Ihnen. In einigen Jahren werden wir in der Lage sein, den Bürger wirkungsvoller zu schützen.«
Oktober 1799
Am Sonntag, den 21. Oktober, kaufte Mathias während des Vormittags bei Mathes Spielmanns sieben Gewehre, zwölf Pistolen, zwanzig Stricke, Wachslichter, Pulver und Blei. Er ließ die Waffen auf einen Karren laden und mit alten Säcken zudecken. Dann schob er den Wagen gemächlich durch die engen Straßen zu ›Afromchen in der Gasse‹. Er teilte die Waffen, Stricke und Lichter ein und ließ von den Männern Kugeln und Zündhütchen anfertigen. »Heute Abend geht’s los«, sagte er, mehr verriet er nicht.
Um die Mittagszeit betraten Johann und Mathias die ›Landskrone‹. Beide trugen ihre französischen Uniformen. Sie setzten sich in den Schankraum und ließen sich Braten bringen. Ein Trupp Reiter des Großherzogtums Berg saß vor dem Wirtshaus ab. Die beiden Räuber hörten knappe Befehle und heiseres Hundebeilen.
»Ich geh auf den Abtritt.« Mathias stand auf verließ den Schankraum, ging durch den dunklen Flur und betrat den Hof der Herberge. Im Vorbeigehen sah er sich schnell den offenen Postwagen an. Vorn war die Bank für den Kutscher, dahinter zwei Plätze für Wachsoldaten. Sie würden entgegen der Fahrtrichtung sitzen und direkt auf die etwas vertiefte Ladefläche sehen können. Den beiden gegenüber würden zwei weitere Soldaten in Fahrtrichtung sitzen. Auch sie würden die Geldkiste direkt vor Augen haben.
Mathias nickte dem Kutscher freundlich zu und verschwand in dem kleinen Holzhäuschen. Aus der Grube schlug ihm säuerlichfauliger Gestank entgegen. Mathias legte den Holzriegel vor und presste das Gesicht fest an einen Spalt zwischen den Türlatten. Er sah die Soldaten in den Hof kommen. Ihre Hunde zerrten und würgten sich an den Lederbandern. Zwei der Soldaten trugen einen geschlossenen Korb. Sie stellten ihn vor dem Wagen ab.
Der Kutscher öffnete den Deckel der schweren Kiste, die fest auf die Ladefläche des Postwagens montiert war. Jetzt befahl der Offizier des Trupps, den Korb zu öffnen. Ein Reiter nahm Beutel für Beutel heraus, der Offizier verglich die Aufschrift mit einer Liste, und dann wurde das Geld auf den Postwagen gepackt. Mathias zählte die Säcke, die in der Kiste verstaut wurden.
Einer der Wachsoldaten
Weitere Kostenlose Bücher