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Die Ballonfahrerin des Königs

Titel: Die Ballonfahrerin des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Douglas
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Royalisten nieder. Eine Kugel ließ den Matsch vor seinen
     Stiefelspitzen aufspritzen. Er legte auf einen feindlichen Soldaten an, der gerade sein Gewehr lud.
    «Schieß! So schieß doch!», rief jemand neben ihm.
    Der rotuniformierte Soldat vor ihm, ein unscheinbarer Mann mit Backenbart, hatte seine Schusswaffe jetzt bereit. André erstarrte.
Wer sich selber erschießen lässt, obwohl er seinen Gegner niederstrecken könnte, ist ein Narr.
Die Worte des Brigadegenerals Napoléon Bonaparte donnerten in seinen Ohren. André schwitzte. Der Mann, der ihm gegenüberstand,
     legte das Gewehr an, zielte. André atmete flach, sein Finger zitterte am Auslöser   … In dem Augenblick fiel ein Schuss, und sein namenloser Gegner stürzte zu Boden. André wurde übel. Er warf seine Waffe von
     sich, als hätte er sich an ihr verbrannt.
    «Warum hast du nicht abgedrückt?», fragte ihn jemand. «Du kannst von Glück sagen, dass ich neben dir stand, sonst wäre es
     jetzt aus mit dir!»
    André stieß die Luft aus seiner Lunge. «Du hast geschossen?», fragte er. Jetzt erkannte er in dem Schützen den Mann, den er
     vorhin aus dem Meer gefischt hatte.
    Der Mann drückte ihm kurz die Schulter. «Jetzt sind wir quitt», rief er und ergriff sein Bajonett. Kurz darauf sah André ihn
     einem Feind die Spitze seiner Waffe in den Bauch rammen. Der Verletzte gurgelte, eine Blutfontäne bespritzte seinen Angreifer
     von Kopf bis Fuß.
    |530| André würgte. Überall ähnliche, albtraumhafte Szenen. Erst als er sich angewidert abwandte, sah er den Blick seines Hauptmanns,
     der starr auf ihn gerichtet war.
    ***
    «Zieh dich an, schnell!», rief Guy de Serdaine, während er die wollenen Vorhänge des Bettes aufriss.
    Marie-Provence schreckte von ihrem Lager hoch. «Vater? Um Gottes willen, was ist   …?»
    «Das Fort ist eingenommen worden, die Republikaner kommen. Wir müssen fliehen!» Guy schlug die Decke zurück, warf ihr Kleidung
     zu. «Beeil dich!»
    Marie-Provence sprang auf. «Aber wie kann das sein?»
    «Wir sind verraten worden. Ein Trupp hat den geheimen Weg über die Westseite genommen und die Wachen überrascht. Hoche hat
     frontal angegriffen, eine dritte Abteilung sorgte im Osten für Ablenkung.»
    Während Marie-Provence sich in fliegender Hast anzog, erfuhr sie vom ganzen Ausmaß der Katastrophe: Im Fort hatte ein Massaker
     stattgefunden. Wer sich hatte retten können, war auf die Halbinsel geflüchtet. Die Artillerie, die ungeschützt im ersten Dorf
     hinter dem Fort stationiert gewesen war, fiel dem Feind sofort in die Hände, mitsamt allen Kanonen, Waffenreserven und Munition.
     Als Puisaye, der Oberbefehlshaber, von den Ereignissen erfuhr, war er kurzerhand zum Hafen gerannt und dort in das erstbeste
     Boot gesprungen. Die Royalisten waren danach führungslos, die Truppen, verteilt auf die dreizehn Dörfer der Halbinsel, völlig
     unorganisiert.
    «Sombreuil, der Anführer des zweiten Konvois und nunmehr ranghöchster Offizier, versucht, die Republikaner aufzuhalten. Aber
     er kennt die Halbinsel nicht und hat so gut wie keine Munition», schloss Guy. «Du musst dich jetzt beeilen. Wir sind spät
     dran, weil ich vorhin mit meinen Männern geholfen habe, die Verletzten zu bergen. Ich habe Pips und die anderen zum Hafen
     von Haliguen vorgeschickt, dort |531| sollen sie uns eine Barke sichern, um uns an Bord der englischen Schiffe zu   …» Ein Hämmern unterbrach ihn. Gleich darauf wurde die Tür ihrer Unterkunft aufgestoßen.
    Vier Soldaten in der roten Uniform der Königstreuen drangen in den Raum. «Capitaine Guy de Serdaine?»
    «Ja, der bin ich. Was zum Teufel fällt Ihnen ein, einfach hier einzudringen?», brauste Guy auf.
    «Ich habe es ihnen befohlen», sagte mit ruhiger Stimme eine Gestalt, die sich hinter den Soldaten im Türrahmen abzeichnete.
     Marie-Provence stieß einen erstickten Laut aus. Croutignac betrat das Haus und schüttelte den Regen von seiner Krempe, während
     die vier Soldaten Guy packten. «Es tut mir aufrichtig leid, Sie zu stören. Doch Sie werden meine Eile verstehen: Ich kann
     nicht warten, bis Sie sich am Hafen auf Nimmerwiedersehen nach England einschiffen.»
    Marie-Provence starrte verständnislos die Soldaten an, die ihren Vater entwaffneten.
    Cédric Croutignac deutete auf seine Männer. «Meine kleine Kriegslist irritiert Sie? Gerne will ich Sie aufklären: Unter den
     roten Uniformen dieser Herren schlägt ein republikanisches Herz. Ihre Verkleidung diente nur dem Zweck,

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