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Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Titel: Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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sich mit der Faust aufs Herz. »… und ihr absolut Bestes geben. Aber ich will euch eines sagen: Ich weiß, wozu ihr Ladys und Gentlemen imstande seid. Manche von euch halten mich vielleicht für einen
übermäßigen Perfektionisten. Aber ich bin ein Leuteschinder, weil mir diese Sache am Herzen liegt. Wir sind zu den Olympischen Spielen der Chöre unterwegs. Und gemeinsam …« Über sein Gesicht zog ein vergeistigtes Lächeln. »… gemeinsam werden wir herrliche Musik machen.« Er zupfte sich einen Fussel von seinem beigefarbenen Sakko.
    Drei Stunden später wachte Belknap wieder auf. Der Chorleiter probte noch immer, wobei er sich besonders auf die Alt- und Bass-Stimmen konzentrierte; die jungen Männer und Frauen des Chors saßen nach Stimmen zusammen. »Bitte deutlich ar-ti-kulie-ren, Ladys und Gentlemen!«, forderte Garth sie auf. »Und noch mal von vorn! Dies ist die Hymne des Empire State Chorus, also muss sie perfekt klingen!«
    Die Fluggäste beobachteten seine Hand, die ihnen den Einsatz gab, und legten mächtig los:
    We’ve traveled round this planet giving freedom a voice
So the chorus of nations knows it’s time to rejoice!
Because freedom is part
Of every human heart …
    Der Pedant im beige Sakko klopfte ab. »Nicht gut genug. Achtzig Solisten sind noch kein Chor. Adam, Melissa, ihr ruiniert den Einsatz. Dieser Teil muss allargando sein. Wir werden langsamer, breiter … achtet auf meine rechte Hand. Amanda, Stirnrunzeln bringt uns nicht weiter! Eduardo, Sie drängen voran, als stünde über diesem Teil affrettando . Also wirklich – haben Sie’s eilig? Nächste Woche, Eduardo, können Sie wieder die Parfümabteilung von Saks Fifth Avenue leiten und meinetwegen so hektisch sein, wie Sie wollen. Aber diese Woche vertreten Sie die Vereinigten Staaten von Amerika, hab ich recht? Diese Woche vertreten Sie den Empire State Chorus. Denkt daran, was ich gesagt habe. Ihr werdet alle stolz auf euch sein. Eduardo, auch Sie werden
dem Land, das Sie adoptiert hat, Grund geben, stolz auf Sie zu sein. Das weiß ich.«
    »Adoptiert?«, fragte eine verwirrte Stimme aus einer der hinteren Reihen. »Ich bin in Queens geboren!«
    »Und was für eine erstaunliche Reise, nicht wahr?«, antwortete Garth ungerührt. »Sie sind eine Inspiration für uns alle. Und wenn Sie nur noch lernen, gemeinsam mit allen anderen einzusetzen, werden Sie bald im Mekka des Chorgesangs singen. Dabei fällt mir übrigens ein, dass wir die estnische Nationalhymne ›Mein Heimatland‹ noch einmal üben müssen. Wie ihr wisst, gehört sie mit zum Programm.« Er summte einige Takte der Melodie. Seine Stimme klang dünn, nasal und unangenehm. Wer nicht singen kann, überlegte Belknap sich, wird Chorleiter. Die Soprane legten los:
    Mu isamaa, mu õnn ja rõõm,
Kui kaunis oled sa!
     
    Mein Heimatland, meine Freude, mein Glück,
Wie schön du bist und strahlend!
    Belknap setzte sich ruckartig auf und spürte sein Herz jagen. Das war die leicht schleppende marschartige Melodie, die der korpulente osmanische »Prinz« in seiner betrunkenen Art gesummt hatte. Er versuchte, sich an den Kontext zu erinnern. Irgendwie war die Rede davon gewesen, Ansari habe die Kontrolle über sein Netzwerk verloren, das jetzt unter neuer Leitung stehe. Der betrunkene Omaner hatte so getan, als sei er ein Dirigent. Ein neuer Maestro  – auch diesen Ausdruck hatte er benützt.
    Ansaris Netzwerk war in die Hände eines Esten gefallen. Eines Esten, der sich bereits – wenn Robbins’ Geheiminformationen zutreffend gewesen waren – ein im Kalten Krieg angelegtes riesiges Waffenlager angeeignet hatte. Genesis? Oder nur einer
seiner mächtigen Verbündeten? Wart nur, ich komme, dachte Belknap grimmig. Der Spürhund ist dir auf der Fährte.
    Es dauerte lange, bis der Agent wieder Schlaf fand.
     
    Nach neun Stunden landete ihre Maschine auf dem internationalen Flughafen von Tallinn. Calvin Garth rüttelte ihn wach. »Wir sind am Flugsteig«, sagte er. »Und dort draußen wird’s wahnsinnig zugehen. Die estnischen Festivals sind jedes Jahr praktisch die Olympischen Spiele der Chormusik. Wussten Sie, dass die meisten Esten einem Chor angehören? Das liegt ihnen im Blut. Hier kommen über zweihunderttausend Chorsänger zusammen, dabei hat Tallinn nur gut eine halbe Million Einwohner. Also gehört die Stadt sozusagen uns. Aber: ›Wir sind der Empire State Chorus und bleiben realistisch‹.«
    Beim Einreihen in der Schlange vor einer Handvoll überlasteter

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