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Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Titel: Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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wolkenähnlich und ätherisch,
mehr wie die Oberfläche realer und harter und unnachgiebiger Gegenstände. Wo war sie?
    Zuletzt war sie in Washington gewesen, hatte zum nächsten Coffee Shop mit Zeitungskiosk gehen wollen … und jetzt? Sie versuchte, in ihrer Umgebung Inventur zu machen.
    Eine hohe, weiße Decke mit eingebauten Leuchtstoffröhren, die schattenloses kalkig weißes Licht warfen. Der Fußboden: einen Meter unter dem Bett – offenbar ein Krankenhausbett –, in dem sie betäubt geschlafen hatte. Sie wollte gern aufstehen, aber wie?
    In Gedanken rekapitulierte sie mühsam, welche komplizierten Bewegungen das erforderte, und führte sie dann aus: sich zur Seite drehen, die Beine aus dem Bett strecken und auf den Boden stellen, sich aufsetzen. Etwas, das sie täglich tat, erschien ihr jetzt als anspruchsvolles, schwieriges Unterfangen. Sie wusste noch, wie im Reitunterricht, den sie als kleines Mädchen bekommen hatte, das Absitzen, das eine leichte, flüssige Bewegung sein musste, mit einem halben Dutzend Befehlen angefangen hatte. Eine Gehirnverletzung? Eher ein Zeichen dafür, dass das Betäubungsmittel noch nachwirkte. Sie fühlte sich erschöpft. Sie hätte am liebsten aufgegeben.
    Sie würde nicht aufgeben.
    Sobald sie aus dem Bett aufgestanden war, sank Andrea auf die Knie und untersuchte den Fußboden. Sie trug ein Krankenhausnachthemd, war barfuß und konnte die Bodendielen unter ihren Zehen spüren. Der Fußboden bestand aus anscheinend ungeheuer dicken Planken, die wie ein Schiffsdeck zusammengefügt und dick weiß lackiert waren. Sie stampfte mit dem Absatz auf und hörte kaum einen Laut; vermutlich lagen die Planken auf Beton.
    Die Wände schienen ähnlich aufgebaut zu sein und waren ähnlich lackiert. Der Lack erinnerte an die Kunstharzfarbe, die für Schiffe und Fabrikfußboden verwendet wurde, und bildete eine
harte, fast unzerstörbare Oberfläche. Sie hätte Mühe gehabt, ihm mit einem Schraubenzieher beizukommen. Tatsächlich hatte sie nur ihre Fingernägel.
    Reiß dich zusammen, Andrea. Es gab eine abgesperrte Tür mit Außenangeln und einem kleinen, mit einer Schiebeklappe verschlossenen Fenster im oberen Viertel. Eine darüber in die Decke eingelassene weitere Leuchtstoffröhre – ein einfacher Kreis – sorgte dafür, dass der ganze Raum in blendend helles Licht getaucht war. Nur eine Sicherheitsmaßnahme oder auch ein Mittel zur psychologischen Einschüchterung?
    Wohin war sie verschleppt worden?
    An den ungefähr sechs mal sechs Meter großen Raum schloss sich eine Nische mit einer altmodischen emaillierten Badewanne und einem WC aus rostfreiem Stahl an, wie man es aus Filmen kannte, die in Gefängnissen spielten. Sie begutachtete das Bett. Ein cremeweißer Stahlrohrrahmen. Feststellbare Rollen. Mehrere Bohrungen, vermutlich für Halterungen, an die Tropfe gehängt werden konnten. Also ein Krankenhausbett in einfachster Ausführung.
    Dann hörte sie von der Tür her ein Geräusch: Die schmale Fensterklappe wurde zur Seite geschoben. An der schlitzartigen Öffnung erschien das Auge eines Mannes. Sie beobachtete, wie die Tür aufging, sah den Wärter den Schlüssel im Schloss festhalten, als er die Klinke aus rostfreiem Stahl herabdrückte, und registrierte das unverputzte Ziegelmauerwerk auf dem Gang vor ihrer Zelle. Jedes kleine Detail konnte irgendwann wertvoll sein, sagte sie sich selbst.
    Sobald er eingetreten war und die Klinke losließ, ging sie durch Federkraft mit hörbarem Geräusch in die Waagrechte zurück. Obwohl Andrea nicht viel von Schlössern verstand, war ihr klar, dass dies ein zusätzlicher Sicherheitsaspekt war: Gelang es einem Gefangenen, sich irgendwie einen Dietrich zu verschaffen, ließe sich die Tür nicht öffnen, wenn dabei nicht die Klinke gedrückt
wurde. Bei Schloss und Klinke musste der Federdruck überwunden werden, der sie in Normalstellung festhielt.
    Der Wärter hatte einen blassen Teint, eine Stupsnase, ein schwaches Kinn mit einem Grübchen und weit auseinanderstehende blassgrüne Augen, die nie zu blinzeln schienen und Andrea an einen Hecht erinnerten. Er trug eine olivgrüne Khakiuniform mit einem breiten Webkoppel.
    »Stellen Sie sich dort an die Wand«, befahl er ihr, mit einer Hand an einem schwarzen Plastikding, das sie für eine Art Elektroschocker hielt. Er sprach wie ein Südstaatler, der den größten Teil seines Lebens im Norden verbracht hat.
    Andrea tat wie geheißen, stellte sich an die Wand gegenüber der Tür. Nach einem

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