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Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Titel: Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Gruppe sich regelmäßig wieder neu. Nur eines blieb immer gleich: Ihr Führer, wer immer er sein mochte, trug stets den Decknamen ›Genesis‹ – wie schon der ursprüngliche Gründer.«
    »Ein interessantes Leitbild«, meinte Andrea. Sie fand einen weiteren flachen Kiesel und versuchte, ihn wie Bancroft hüpfen zu lassen. Aber der Winkel stimmte nicht. Ihr Stein versank beim ersten Aufprall.
    »Vielleicht eher eine Geschichte, die zur Warnung dienen soll«, widersprach Bancroft. »Diese Leute waren keineswegs unfehlbar. Durchaus nicht! Tatsächlich haben sie durch wirtschaftliche Lenkungsmaßnahmen unabsichtlich den Aufstieg Hitlerdeutschlands ermöglicht.«
    Sie wandte sich ihm zu. »Das kann nicht Ihr Ernst sein«, sagte sie ruhig.
    »Was praktisch alles Gute, das sie bewirkt hatten, annulliert hat. Sie haben über Ursache und Wirkung nachgedacht … und vergessen, dass Wirkungen auch Ursachen sind.«
    Rasch ziehende Wolken verdeckten die Sonne und ließen sie gleich wieder hervorkommen. Andrea sagte kein Wort.
    »Sie sehen aus, als …«
    »Ich bin wie betäubt«, sagte Andrea. Und das war sie tatsächlich: eine ausgebildete Historikerin, wie betäubt von der Geschichte von Inver Brass, wie betäubt von der Beiläufigkeit, mit der Dr. Bancroft sie erzählt hatte. »Die Vorstellung, dass eine Geheimgesellschaft dieser Art den Lauf der Geschichte beeinflusst haben könnte …« Sie verstummte wieder.
    »Es gibt sehr viel, was nie in den Geschichtsbüchern auftaucht, Andrea.«
    »Entschuldigung«, sagte sie. »Inver Brass. Von einem See in Schottland zum Aufstieg des Dritten Reichs. Daran muss man sich erst mal gewöhnen.«
    »Ich kenne niemanden, der rascher lernt als Sie«, murmelte der alternde Gelehrte in fast intimem Tonfall. »Sie verstehen, was manche Leute nie begreifen: Das Rechte zu tun ist nicht immer leicht.« Er blickte über die Grünfläche jenseits der langen, niedrigen Steinmauer hinaus, die kunstvoll aus Schieferplatten aufgestapelt war.
    »Die Geschichte von Inver Brass muss Sie verfolgen.«
    »Und sie ist eine Warnung«, fügte er mit bedeutungsvollem Blick hinzu. »Der Imperativ lautet wie gesagt: stets vorausdenken! Ich bilde mir gern ein, dass die Bancroft-Stiftung einen Begriff von den Grundlagen historischer Kausalitäten hat. Wir haben gelernt, dass ein gerader Schuss oft weniger wirksam ist als ein Abpraller.« Er ließ noch einen Kiesel übers Wasser hüpfen. Dieser versank erst nach dem dritten Mal. »Kommt alles aus dem Handgelenk«, erklärte er ihr mit einem Blinzeln. Er war siebzig, und er war sieben. Er hatte sich die schwersten Lasten der Welt aufgeladen und trotzdem etwas an sich, das leichter als Luft zu sein schien. »Sie erinnern sich an Voltaires Aufruf: Écrasez l’infâme! – Zermalmt das Gemeine! Das ist auch mein Motto. Aber die schwierige Frage war schon immer: Wie? Es ist wie gesagt nicht immer leicht, das Rechte zu tun.«
    Andrea atmete tief durch. Wolken zogen über den Himmel und fingen jetzt an, sich grau zusammenzuballen. »Das ist alles ein bisschen viel auf einmal«, sagte sie schließlich.
    »Deshalb möchte ich, dass Sie heute Abend mit uns essen – en famille.« Bancroft deutete auf ein größtenteils von Bäumen verdecktes Haus einige hundert Meter jenseits der Steinmauer. Er lebte also auf dem Nachbargrundstück in einem Haus, von dem aus die Stiftung in zwanzig Minuten zu Fuß erreichbar war.
    »Sie wohnen anscheinend über dem Laden«, sagte Andrea unbekümmert kichernd. »Oder zumindest gleich daneben.«
    »Besser, als jeden Tag zu pendeln«, sagte er. »Und wenn ich’s mal eilig habe, gibt’s einen Reitweg. Ist das ein Ja?«
    »Ein etwas langatmiges. Vielen Dank. Ich komme gern.«
    »Ich glaube, dass mein Sohn sich freuen wird, Sie kennenzulernen. Er heißt Brandon und ist dreizehn. Ein schreckliches Alter, das sagen alle, aber er kommt gut damit zurecht. Ich sage Nuala, dass Sie mitessen. Sie ist … nun, sie kümmert sich um uns. Unter anderem könnte man sie wohl als Gouvernante bezeichnen. Aber das klingt so viktorianisch.«
    »Und Sie sind eher jemand aus dem Zeitalter der Aufklärung.«
    Darüber musste er laut lachen.
    Ihr gelang es, den großen Mann zum Lachen zu bringen, und Andrea fühlte sich plötzlich wie von einer Woge unerwarteten Glücks getragen. Hier ging vieles über ihren Horizont, sie kam sich manchmal deplatziert vor … und hatte sich trotzdem nirgends so daheim gefühlt.
    Sie sind für diese Aufgabe geboren, hatte

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