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Die Bankerin

Die Bankerin

Titel: Die Bankerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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legte. Wenn sie auch bis jetzt noch den geringsten Zweifel gehabt hätte, ob es zu verantworten war, David und Alexander allein in Frankfurt zurückzulassen, während sie die Tage an der Ostsee genoß, so genügte dieser Anruf, ihr endgültig zu bestätigen, daß es besser war zu fahren, allein um der Gesundheit der Kinder willen. Auch wenn sie Angst um die beiden hatte, Angst, sie vielleicht nie wiederzusehen. Aber sie vertraute auf Gott und darauf, daß er sie beschützte.

Dienstag, 17.30 Uhr
    Polizeipräsidium. Lagebesprechung. Manfred Henning saß hinter seinem Schreibtisch, einen Becher dampfenden Kaffees vor sich, einen dünnen Ordner in Händen. Fünf weitere Beamte befanden sich im Raum, von denen zwei auf Stühlen saßen, die anderen drei an den Schrank oder die Tür gelehnt standen. Henning, der die Beine auf denSchreibtisch plaziert hatte, legte den Ordner auf seine Schenkel, holte eine Schachtel Marlboro aus seiner Hemdtasche, zündete sich eine Zigarette an. Das Fenster stand offen, die Jalousie war zur Hälfte runtergelassen, drückende Schwüle hatte sich in jeder Ritze des Zimmers festgesetzt. Henning machte ein ernstes Gesicht, während einer der Beamten sich ebenfalls einen Becher Kaffee einschenkte, während ein anderer sich aus dem Automaten auf dem Flur eine kalte Cola zog.
    »Also«, begann Henning, »wie ich bereits am Tatort vermutete, handelt es sich bei dem Toten um einen gewissen Gerhard Neubert, das haben die Fingerabdrücke eindeutig bewiesen. Es gibt eine offensichtliche Verbindung zum Mordfall Edouard Meyer. Beide haben die Firma M ARQUARDT G MB H in den Ruin getrieben und sich mit über etwa dreißig Millionen Mark aus dem Staub gemacht. Meyer hatte sich nach Paraguay abgesetzt, während Neubert es sich in Südafrika gutgehen ließ. Beide hatten legale Pässe der jeweiligen Länder, beide hatten Gesichtsoperationen zur Veränderung des Aussehens hinter sich. Bis jetzt wissen wir nicht, was Meyer hier wollte, und ich schätze einmal, wir werden auch nicht erfahren, was Neubert nach Frankfurt zurücktrieb. Beide wurden im P LAZA C ENTRAL getötet, der Grund mag sein, daß es das größte und am stärksten frequentierte Hotel der Stadt ist und es ziemlich leicht ist, unerkannt in die einzelnen Stockwerke zu gelangen. Die Zimmer waren jeweils im voraus bestellt, wie ich annehme von dem oder den Tätern. Beiden wurde die Kehle durchschnitten, die Augen ausgestochen, Meyer die Hand abgehackt, Neubert wurde kastriert. Beide Morde erinnern an ein ritualmäßiges Vorgehen. Die Todeszeit von Neubert wird auf ziemlich genau sieben Uhr dreißig festgelegt, das Tatwerkzeug war aller Wahrscheinlichkeit nach ein Stilett. Es gibt keine Fremdfingerabdrücke an seinem Körper, er wurde offensichtlich nach seinem Tod gewaschen.
    Jetzt zu euch – was haben die Befragungen des Personals ergeben?«
    »Keiner hat etwas Ungewöhnliches gesehen oder bemerkt. Wie schon bei Meyer. Dazu war die Eingangshalle um diese Uhrzeit einfach zu stark frequentiert. Zur Zeit ist Messe, und die meisten Gäste machen sich um diese Zeit auf den Weg. Es ist leicht, in dieser Menge unterzutauchen. Also, wie gesagt, keiner hat etwas bemerkt.«
    »Aber Neubert hat allem Anschein nach seinen Mörder gekannt, denn er muß ihm aufgemacht haben, da der Schlüssel sich im Zimmer befand und die Tür von außen nur mit einem Magnetstreifen zu öffnen ist. Auch hier eine Parallele zu Meyer. Das heißt für mich, daß sowohl Meyer als auch Neubert unter irgendwelchen fadenscheinigen Gründen nach Frankfurt gelockt wurden, um hier exekutiert zu werden. Doch wer könnte ein Interesse am Tod der beiden haben?«
    »Marquardt«, meinte einer der Beamten lakonisch.
    »Ausgeschlossen«, erwiderte Henning kopfschüttelnd. »Er wird selber seit geraumer Zeit terrorisiert, anders kann man es kaum nennen. Nein, ich schließe Marquardt aus …«
    »Weil er Ihr Freund ist?« fragte ein anderer etwas spöttisch.
    »Nein, bei Mord hört die Freundschaft auf. Außerdem, der oder die Täter müssen den jeweiligen Aufenthaltsort von Meyer und Neubert gekannt haben, sonst hätten sie sie nicht hierher bestellen können. Ich bin sicher, hätte Marquardt auch nur den geringsten Schimmer gehabt, wo die beiden untergetaucht sind, er hätte uns sofort informiert oder wäre selbst hingeflogen, um es ihnen heimzuzahlen, was sie ihm angetan haben. Wenn Sie logisch denken, fällt Marquardt einfach raus. Er hätte reichlich Gründe gehabt, aber er wäre erstens zu

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