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Die Bankerin

Die Bankerin

Titel: Die Bankerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Maul, du Arschloch!« erwiderte David gelassen.
    »Deine verdammten Drohungen kannst du dir in deinen Allerwertesten stecken. Wenn du wirklich Mumm hättest, würdest du dich nicht hinter einem Telefon verstecken, sondern dich vor mich hinstellen und alles wiederholen. Und dann würden wir mal sehen, wer der Stärkere von uns beidenist. Komm ruhig, ich bin fast allein zu Hause. Meine Familie ist nicht hier. Traust du dich nicht? Ich hätte es mir denken können, du bist nämlich in Wirklichkeit die Drecksau. Wahrscheinlich scheißt du aus dem Maul! So, und jetzt laß mich zufrieden, ich bin müde. Und einen weiteren Anruf kannst du dir sparen, ich werde nämlich den Stecker rausziehen. Gute Nacht, und träum süß!«
    David legte auf. Er war unsicher, ob dies die richtige Taktik war. Möglicherweise hatte er dem anderen Angst eingejagt, möglicherweise aber hatte er ihn erst richtig wild gemacht. Hier im Haus wähnte David sich relativ sicher, tagsüber auch außerhalb. Aber die meiste Zeit würde er sowieso weg sein. Um Johanna und die Kinder brauchte er sich keine Sorgen zu machen, blieb nur noch Alexander. Aber Alexander ließ sich nicht zwingen, die Nächte zu Hause zu verbringen.
    David schaute kurz in Alexanders Zimmer, es war leer. Der kaum wahrnehmbare Wind ließ den Vorhang zittern, in dem kleinen Raum war es stickig heiß. Er ließ die Tür offenstehen. Zog den Telefonstecker aus der Buchse, legte sich hin. Selbst die dünnste Bettdecke war zuviel. Esther!
     
    Er träumte seinen Traum. Als er erwachte, schimmerte das erste Grau der Dämmerung durch das Fenster, er hatte ein starkes Kratzen im Hals, das Atmen bereitete ihm Mühe, er hätte schreien können. Er war schweißgebadet, und als er die Augen öffnete, tanzten sprühende Funken vor seinem Gesicht. Er stützte sich auf seine Hände, wandte den Kopf zum Fenster hin und versuchte, ruhig und gleichmäßig zu atmen und die körperliche Pein des Traumes zu verjagen. Sein Herz galoppierte in Höchstgeschwindigkeit, das durch seine Venen gepumpte Blut rauschte wie eine tosende Meeresbrandung in seinen Ohren. Seine Arme zitterten nach den wenigen Augenblicken, die sie seinen Körper stützen mußten, ein großer Löffel rührte in seinen Eingeweiden, der kleine böse Mann saß wieder bei der Arbeit in der linken Schläfe undpiesackte David mit schnellen, peinigenden Nadelstichen. Dieser verfluchte Traum! Diese verdammten Gesichter! Wo kamen diese Gesichter her, und warum quälten sie ihn immer dann, wenn er die Qual am wenigsten ertragen konnte? Die Dämmerung verwandelte sich in einen silbrigen Schein, die ersten Vögel erwachten aus ihrem Schlaf und wetzten sich die Schnäbel, und die ersten zaghaften Piepser drangen aus dem dichten Blattwerk der Bäume.
    Vater, was war mit Vater? Warum veränderte sich sein Gesicht auf solch grausame Weise, was hatte dieser betrübte Ausdruck seiner Augen zu bedeuten? Welche Rolle spielte Tante Maria, warum um alles in der Welt blieb ihm der Anblick ihres Todes in keinem dieser Träume erspart? Als wäre er jedesmal dabei, als stünde er mitten in dem Zimmer, in dem sie sich getötet hatte! Jedes Detail war zu erkennen, die Schnitzereien an der Wand, die Bilder, die alte Truhe, die Eckbank mit der abgewetzten Sitzauflage, der abgetretene Dielenboden, der bei jedem Schritt knarrte. Auf dem Tisch lag eine fein gestickte weiße Decke, doch sobald Tante Maria zweimal schnell hintereinander abdrückte, war alles nur noch rot, es schwamm im Blut ihres Leibes. Und das Haus, dieses wunderschöne, palastartige Gebäude, ein Traum, in dem zu leben David sich ewig gewünscht hatte, warum brachen Flammen daraus hervor und ließen es in sich zusammenstürzen? Diese pastellfarbenen Blumen, die ihn lockten, an ihnen zu schnuppern, warum verwelkten sie so blitzartig und wurden zu abscheulichem Schwarz?
    Je öfter er ihn träumte, desto unbegreiflicher wurde der Traum. Nichts machte Sinn, und wenn es ein Puzzle war, so fehlten David ganz offensichtlich wesentliche Teile, um es zusammensetzen zu können. Er richtete sich auf, setzte sich im Schneidersitz hin. Seine Blase schmerzte, die Pein in seiner Schläfe setzte sich ins linke Auge fort. Nein, jetzt kehrte die Erinnerung zurück, das kleine Mädchen, sie hatte ihn diesmal für den Bruchteil einer Sekunde (wenn es imTraum denn überhaupt eine Zeitrechnung gab!) so seltsam angeschaut, aus großen, unergründlichen Augen (woher kannte er bloß diese Augen?) und doch abwesend, bevor ihr

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