Die Bankerin
denke, ein guter …«, sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, »… du weißt schon, was ich meine, könnte helfen, die Sorgen zu mindern. Zumindest für den Augenblick. Komm, ich brauche das jetzt.«
Sie näherte sich ihm und kniete sich vor ihn. Sie knöpfte mit ruhigen, doch behenden Fingern seine Hose auf, als täte sie das jeden Tag, und streifte sie zu Boden. David ließ Nicole einfach gewähren, doch er zwang sich, ein Stein zu bleiben. Ihre Hände streichelten ihn, mit ihrem Mund versuchte sie, ihn zu erregen, doch David schloß die Augen und dachte nur an Esther, er wollte keinen Betrug begehen, nicht an ihr, und Nicoles Lippenstiftmund mühte sich lange Zeit erfolglos ab. Nach einer ganzen Weile gab sie es auf. Sie stand auf, ihre Augen funkelten böse, ihr Mund verzog sich zu einem zynischen Grinsen. »Du bist impotent! Du bist ein impotenter Kerl! Ein Schlappschwanz ersten Grades! Ich kann mich erinnern, daß du eine Weile nicht genug von mir bekommen konntest. Holst du dir dein Vergnügen woanders?« fragte sie mit vieldeutigem Augenaufschlag und zündete sich eine Zigarette an. »Aber wo? Doch sicher nicht bei deiner kleinen, fetten Frau? Nein, die ist ja gar nicht da! Wo dann? Ich habe einen Verdacht, aber ich denke, ich brauche ihn nicht auszusprechen. Es sei denn, du besorgst es mir jetzt. Dann werde ich den Verdacht hinunterschlucken. Was ist?«
»Sprich’s aus«, sagte David kühl.
»Hast du was mit Esther?«
»Nein!«
»Ein schnelles, entschiedenes Nein. Ein sehr schnelles und sehr entschiedenes Nein. In guten Kriminalfilmen wird so was immer gegen den Angeklagten gewertet. Sind wir hier in einem guten Kriminalfilm?«
»Du bist wahnsinnig …«
»Verdammt noch mal, David von Marquardt, ich habe dir schon einmal gesagt, du sollst mich nicht wahnsinnig nennen!« schrie sie ihn an. »Und ich habe recht, du hast was mit dieser kleinen, verfluchten Schlampe! Gib’s zu!«
»Bitte, wenn dir davon wohler wird«, entgegnete David gelassen und begegnete ihrem Blick. »Wenn du meinst, ich würde mit einem Mädchen etwas haben, das meine Tochter sein könnte, wenn du mich tatsächlich für so bescheuert hältst, dann kann ich dir auch nicht helfen.«
Nicole kniff die Augen zusammen, schnappte sich eine Zigarette und rauchte in hastigen Zügen. »Es tut mir leid«, sagte sie, und ihr Tonfall änderte sich schlagartig. Sie schnippte Asche in den Aschenbecher. »Ich bin nur wütend, weil ich mir den Abend so schön vorgestellt hatte. Natürlich drücken dich Sorgen, und es tut mir leid, wenn ich ausfällig geworden bin. Verzeih mir. Setzen wir uns und reden wir oder sehen fern.«
»Es tut
mir
leid«, sagte David sanft, stellte sich neben Nicole und legte seine Arme um sie, »aber in Zeiten wie diesen kann ich mich nicht auf Sex konzentrieren. Ich bin völlig durcheinander. Falls du das verstehst.«
Sie machte auf einmal wieder einen sehr nervösen, fahrigen Eindruck, sie pulte an ihrem rechten Daumen, ihr Blick ging an David vorbei. »Ich verstehe mehr, als du ahnst. Auch deine Situation. Es gab auch in meinem Leben eine Zeit, in der ich durcheinander war. Ich war achtzehn, mein Vater lag im Sterben, und ich brachte Esther zur Welt. Ich habe nicht verstanden, warum mein Vater so leiden mußte und ichniemanden hatte, der mit mir mein eigenes Leid durchstand. Ich habe einen Monat lang vor der Entbindung im Krankenhaus gelegen, ich habe ständig am Tropf gehangen, Esther ist dann aber doch zwei Wochen vor der Zeit gekommen. Ich war gerade achtzehn Jahre alt und hatte niemanden, der mir beistand! Als die Wehen einsetzten, dauerte es genau sechsunddreißig Stunden, bis dieses Luder aus meinem verdammten Bauch raus war! Sie hat mich nur gequält und gequält und gequält. Und die Ärzte scherten sich einen Dreck um meinen miserablen Zustand, sie meinten nur, solche Geburten wären nichts Ungewöhnliches. Nichts Ungewöhnliches! Daß ich nicht lache! Sie hätten mir nur ein Mittel zu spritzen brauchen, damit dieses Biest schneller aus meinem Bauch rauskam, aber diese Schweine waren so kalt und erbarmungslos. Und als ich endlich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, dauerte es noch genau eine Woche, bis mein Vater krepiert ist. Jawohl, krepiert und nicht gestorben! Ich erinnere mich an einen Tag, da hat er nur geschrien, er hat geschrien, wie ich nie zuvor einen Menschen habe schreien hören. Er konnte nicht mehr schlucken, kaum noch atmen, nur noch schreien. Sein ganzer Körper war ein einziges,
Weitere Kostenlose Bücher