Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bankerin

Die Bankerin

Titel: Die Bankerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
Vom Netzwerk:
sie muß klein sein, Sie sind ja selber nicht gerade ein Riese. Ist sie dick oder dünn, hat sie lange oder kurze Haare? Erzählen Sie mir von ihr, und zwar so, daß ich mir ein Bild von ihr machen kann.«
    »Es gibt nicht viel von ihr zu erzählen. Sie ist etwas kleiner als ich, mittlere Figur, kurze, fast schwarze Haare. Das ist alles.«
    »Und was für ein Mensch ist sie?«
    »Sie hat fünf Kinder zur Welt gebracht, hält den Haushalt in Ordnung, und eigentlich ist sie der wunderbarste Mensch der Welt.«
    »Eine treue Seele also!«
    »Ganz genau das ist sie!«
    »Und Sie lieben sie sehr?«
    »Ja, ich liebe sie.«
    »Und wofür? Dafür, daß sie Ihnen jeden Tag die Socken und die Unterhosen wäscht oder wofür sonst?«
    »Ist das nicht egal, wofür man jemanden liebt? Es sind zu viele Dinge … Aber ich liebe sie …« Er hielt inne, sah zu Boden, wollte etwas sagen, aber bevor er es aussprach, biß er sich auf die Zunge und schluckte die Worte hinunter. Nicole Vabochon lächelte, als ahnte sie seine Gedanken.
    »Aber ich liebe sie …?«
    »Vergessen Sie’s!«
    »Warum lieben Sie sie? Was ist so Besonderes an ihr?«
    »Sie ist gut. Sie ist einfach nur gut. Sie sieht in keinem Menschen etwas Schlechtes. Sie spricht nie böse. Und sie hat immer zu mir gehalten. Deswegen liebe ich sie.«
    »Und sie, liebt sie Sie auch?«
    »Natürlich!« erwiderte er entrüstet und streckte sich. Es gab absolut keinen Zweifel, daß Johanna ihn liebte. Sie vergötterte ihn, ja, das tat sie.
    »Sind Sie sich da ganz sicher? Hat sie Sie nie betrogen?«
    »Verdammt noch mal, worauf wollen Sie eigentlich hinaus?! Sie würde nicht einmal im Traum an so was denken!«
    Nicole Vabochon lachte spitz auf und griff nach der Schachtel Zigaretten. »Sie sind ein Träumer und Phantast! Sie haben überhaupt keine Ahnung, was Frauen alles denken und träumen! Sie sind also tatsächlich überzeugt, Ihre Frau würde nicht einmal im Traum an Ehebruch denken? Ich sage Ihnen eines, jede verheiratete Frau denkt dann und wann an andere Männer. Auch Ihre, glauben Sie mir. Und wenn sie mit Ihnen schläft, dann stellt sie sich im Dunkel des Zimmers vor, daß ein anderer sie besteigt, irgendein Traummann, dem Sie niemals das Wasser reichen können. Vielleicht Richard Gere oder Götz George oder irgend so ein anderer Fuzzi, oder aber es ist nur der Hausmeister, der Elektriker, der Gasmann, den sie sich neben sich wünscht, wer weiß? Jede Frau tut das, jede hat ihre geheimen Wünsche … Wie Männer übrigens auch.«
    »Na und«, erwiderte er und tat gleichgültig, auch wenn ihre Giftpfeile ihn getroffen hatten. Johanna, dieses Lamm, diese Unschuld, die nicht einmal das Wort Scheiße in den Mund nahm, sollte derart verborgene und verbotene Gelüste haben? Er zuckte die Achseln. »Wenn schon! Solange sie es nur denkt.«
    »Und wenn sie wüßte, daß Sie …«
    »Sie weiß es aber nicht!«
    »Trotzdem, was, wenn sie es herausbekäme, durch einen dummen Zufall vielleicht? Wie würde sie reagieren?«
    »Woher soll ich das wissen?! Sie würde wahrscheinlich nach den Hintergründen fragen, und ich würde sie ihr erklären. Sie verzeiht schnell.«
    Dr. Vabochon nahm einen langen Zug an der Zigarette, lachte höhnisch auf. »Sie sind so gottverdammt naiv! Sie denken, Ihre Frau würde Ehebruch hinnehmen, als ob es sich um eine zerbrochene Tasse handelt? Mein Gott, in was für einer Welt leben Sie eigentlich? Was wissen Sie wirklich von Frauen? Wissen Sie, womit man eine Frau am schlimmsten verletzen kann? Nein, natürlich tun Sie das nicht, aber ichwerde es Ihnen sagen – das Schlimmste ist, wenn man sie betrügt. Wenn man ihre Gutgläubigkeit und ihr Vertrauen mißbraucht. Und glauben Sie mir, Ihre Frau ist da keine Ausnahme, im Gegenteil, ich fürchte, gerade sie würde Ihnen das Leben zur Hölle machen, wenn sie es wüßte! Sie würde Sie bluten lassen, bis Sie tot umfallen.«
    »Sie wird es nie herausbekommen. Ich will nicht, daß ihr weh getan wird, sie hat es nicht verdient.«
    »Natürlich«, sagte die Vabochon und schaute durch ihn hindurch und fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen. »Sie wird es nicht herausbekommen.«
    Er sah zur Uhr, fünf Minuten vor zehn. Sie begab sich wortlos ins Bad, ohne die Tür abzuschließen. Es war dunkel geworden. Um Punkt zehn kam sie heraus. Sie hatte die Lippen dunkelrot angemalt, den Körper kaum verhüllt von einem durchsichtigen, dunkelblauen Babydoll. Ihre Brüste wippten bei jedem Schritt. Sie setzte sich neben

Weitere Kostenlose Bücher