Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bankerin

Die Bankerin

Titel: Die Bankerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
Vom Netzwerk:
ihn auf die Sessellehne, drückte ihren Busen an sein Gesicht, kraulte mit einer Hand durch sein Haar, ließ eine Weile verstreichen, sagte mit gurrender Stimme: »Ich will, daß Sie jetzt mit mir schlafen.«

Samstag, 8.45 Uhr
    David lag wach im Bett, während Johanna bereits aufgestanden war, um Brötchen zu holen. Er hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt, starrte an die Decke, sein Kopf und sein Denken waren leer. Die Helligkeit drang durch die viel zu dünnen Übergardinen, es war feuchtwarm im Zimmer, die Bettwäsche fühlte sich klamm an, in den oberen Eckender Wände und der Decke bildete sich erster Schimmel. Er war müde, hatte schlecht geschlafen, der Alptraum der letzten Wochen hatte ihn wieder nicht zur Ruhe kommen lassen. Er war schweißgebadet aufgewacht, sein Herz schlug hart und schnell gegen seinen Brustkorb. Er versuchte zu ergründen, was der Traum bedeuten konnte, doch er machte keinen Sinn. Die Kinder schliefen noch oder waren wach und lagen auch noch im Bett.
    Das Telefon klingelte, David sah zur Uhr, runzelte die Stirn, sprang nach dem zweiten Läuten auf, riß den Hörer von der Gabel. »Ja?« meldete er sich.
    »David?«
    »Ja?«
    »Hier ist Manfred.«
    »So früh?«
    »Hat Johanna dir nicht ausgerichtet … Was soll’s, ich habe gestern abend schon angerufen, aber da warst du gerade weg. Ich müßte dich sprechen, und zwar so schnell wie möglich.«
    »Warum? Ist irgendwas passiert?«
    »Nicht am Telefon. Wann können wir uns sehen? Johanna hat gesagt, daß ihr einkaufen geht. Wann seid ihr zurück?«
    »Keine Ahnung. Wir haben ja noch nicht mal gefrühstückt … Halb eins, eins, so um den Dreh.«
    »Gut«, sagte Manfred Henning, »dann werde ich um zwei bei dir sein.«
    »Von mir aus … Aber sag, was ist eigentlich los?«
    »Nicht am Telefon. Bis nachher.«
    »Hm, bis nachher«, sagte David, etwas verwundert über die Geheimniskrämerei, und legte auf. Er ging ins Bad, entleerte seine Blase, wusch sich notdürftig die Hände und übers Gesicht, kämmte sich. Zog sich an, Johanna kehrte zurück, sie schwitzte. Es duftete nach frischen, warmen Brötchen.
    »Sag mal«, empfing er sie, »eben hat Manfred Henning angerufen …«
    »Oh«, sagte Johanna und faßte sich an die Stirn, »hab ich ja ganz vergessen, dir zu sagen …«
    »Schon gut, aber … hat er dir gesagt, was er von mir will?« Johanna zuckte mit den Schultern, wischte den Tisch ab, spülte den Lappen aus, trocknete sich die Hände ab, ging zum Schrank, holte Teller heraus, verteilte sie auf dem Tisch.
    »Keine Ahnung, er hat’s mir nicht verraten.«
    »Komisch, aber ich werd’s wohl heute mittag erfahren.« Er wollte Johanna helfen, den Tisch zu decken, hatte schon zwei Gläser mit Marmelade in der Hand, als es klingelte. Er stellte die Gläser auf den Tisch, drückte auf die Sprechanlage. Eine Stimme quäkte zurück: »Paket!«
    David drückte einen anderen Knopf, wartete in der offenen Tür. Der Paketmann kam mit dem Aufzug, auf einem Lastkarren einen Stapel Pakete. Er nahm das oberste herunter, reichte es David, der die Stirn runzelte, hielt ihm einen Stift und ein Blatt hin und bat ihn, den Empfang zu quittieren. David setzte seine Unterschrift auf die rechte Seite, verabschiedete sich. Ging in die Wohnung, schloß die Tür. Johanna kam aus der Küche.
    »Ein Paket? Von wem?«
    »Keine Ahnung. Ohne Absender.«
    »Vielleicht mal wieder ein Buch, das du bestellt hast … Die Kartongröße stimmt jedenfalls.«
    »Ich habe kein Buch bestellt, außerdem fühlt sich ein Buch anders an. Gib mir doch mal eine Schere«, sagte er, das Paket in der Hand haltend. Johanna zog eine Schublade aus der Eßzimmerkommode, reichte David die Schere. Er schnitt die Schnur durch, klappte den Deckel auseinander, der Inhalt war mit Seidenpapier umwickelt. Er entfaltete das Seidenpapier … er ließ das Paket fallen, Johanna wich zurück an die Wand und schrie, wie er sie noch nie hatte schreien hören. Er war nur starr vor Entsetzen, brachte keinen Ton über die Lippen, machte einen schnellen Schritt zurück, die Augen unablässig auf den toten Inhalt gerichtet. Als er merkte, daßvon dem Inhalt keine Gefahr mehr ausging, bückte er sich, nahm den Zettel heraus, der dabei lag, las ihn.
Hallo, ich hoffe, es geht Dir gut? Schönes Tier, nicht? Es ist eine Lanzenotter. Wenn sie noch leben würde, wärst Du jetzt wahrscheinlich schon tot. Ich melde mich wieder. Ciao.
    Alexander, Nathalie und Thomas waren, von Johannas Schreien aufgeweckt, aus

Weitere Kostenlose Bücher