Die Bankerin
nicht in Frankfurt rum, fahrt nach Wiesbaden, Mainz, Bad Homburg, du wirst ja wohl nicht in jeder Stadt Bekannte haben, oder?«
»Das nicht, aber –«
»Kein aber! Die Sommerferien über, und so lange wird sie wohl hierbleiben, bist du für sie verantwortlich.«
»Wie alt ist sie?«
»Sie wird im September achtzehn.«
»Sie ist erst siebzehn? Sie macht einen erwachsenen Eindruck.«
»Erwachsener Eindruck, daß ich nicht lache! Du wirst sehr schnell das Gegenteil feststellen, wenn du sie näher kennst.« Esther kam aus ihrem Zimmer und ließ die Tür offenstehen.
»Kann ich baden?« fragte sie.
»Du weißt ja, wo das Bad ist.«
»Alles klar, dann bis später.« Esther ging ins Bad, schloß die Tür aber nicht ab. Das Rauschen des einlaufenden Wassers kam wie aus weiter Ferne. Esther kam zurück, nur mit einem winzigen Slip und dem Shirt bekleidet, um sich ein Handtuch zu holen. »Ach ja«, rief sie und steckte ihren Kopf zwischen Tür und Rahmen, »könnte ich bitte etwas zu trinken haben?«
»Du kannst trinken, wenn du fertig bist!«
»Das kann dauern. Wenn einer von euch beiden bitte so freundlich wäre, mir eine Whisky-Cola zu bringen!«
»Verdammtes Luder! Kaum aus den Windeln raus und säuft schon! Das hat sie garantiert von ihrem Vater. Er hat das Sorgerecht und, weil er viel unterwegs ist, ihr alle Freiheiten gelassen. Möchte nicht wissen, wo die einmal landen wird, wenn das so weitergeht.«
»Die Jugend ist früher reif …«
»Sicher, irgendwann kriegen sie als Babys im Hochstuhl Milch mit einem Schuß Whisky!«
»Wo lebt ihr Vater?«
»In Hamburg. So, und jetzt hab ich die Schnauze voll. Ich verzieh mich einen Moment auf den Balkon! Allein!«
Das Rauschen aus dem Bad verstummte. David holte aus dem Kühlschrank eine Flasche Cola, aus dem Schrank ein Glas, und schenkte erst einen Schuß Whisky und dann Cola ein. Er klopfte an die Badezimmertür.
»Herein, wenn’s meine Whisky-Cola ist!«
»Ich bin’s«, sagte David vorsichtig und faßte die Klinke an.
»Macht nichts, kommen Sie rein, ich beiße nicht.«
David drückte die Klinke und trat ins Bad. Nur Esthers bezaubernder Kopf lugte aus der meterhohen Gischt, ihre ozeantiefen Augen funkelten ihn leicht belustigt an, er errötete wie ein Schuljunge, der Raum war erfüllt von einem Meer von Rosen, als hätte sie die ganze Flasche Rosenschaum in die Wanne gekippt.
»Stellen Sie’s hier auf den Hocker.«
David tat es wortlos, seinen Blick einen Moment auf ihr Gesicht geheftet, drehte sich um und ging. Draußen setzte er sich, nahm die Fernbedienung vom Tisch und schaltete den Fernsehapparat ein. Im Fernsehen lief ein Uraltkrimi, den David schon mindestens fünfmal gesehen hatte. Er stellte den Ton leise und legte den Kopf zurück. Er merkte nicht, wie Nicole zurückkam und sich ihm gegenüber setzte.
»Was machen wir jetzt?« fragte sie. »Eigentlich können wir gar nichts mehr machen, jetzt, wo sie hier ist!«
»Und warum nicht? Sag ihr, daß ich deine Putze bin oder was immer, sie ist alt genug, es zu verstehen.«
»Mal sehen. Komm, erzähl, wie ist es dir in den letzten Tagen ergangen? Wir haben uns schließlich eine ganze Weile nicht gesehen.«
»Wie es mir ergangen ist? Seit wann interessiert dich das?«
»Mir ist eben danach.«
David erzählte von den zerstochenen Reifen, den Drohanrufen, dem Brief.
»Willst du mich auf den Arm nehmen? Du bekommst Drohanrufe? Von wem?«
»Ich habe doch gesagt, daß es anonyme Drohungen waren!«
»Der Anrufer, ist es ein Mann oder eine Frau?«
»Ein Mann mit einer Fistelstimme, ich habe die Stimme noch nie zuvor gehört. Ich weiß nicht, was auf einmal los ist, erst Thomas, jetzt diese Drohungen … Ich habe schon gedacht, daß es vielleicht mit Thomas zusammenhängt, daß er wirklich mit Drogen gedealt hat und sich jetzt irgendwelchegeprellten Typen rächen wollen. Aber ich habe doch nichts mit Thomas’ Geschäften zu tun, und ich bezweifle noch heute, daß er selber schmutzige Finger hat. Irgendwer will uns eins auswischen, irgendwer hat was gegen uns. Ich hoffe nur inständig, keinem von meinen Kindern passiert etwas. Von mir aus können sie mich haben, wenn’s unbedingt sein muß, aber nicht die Kinder. Wenn ich mir nur vorstelle, Nathalie oder Maximilian … ich glaube, ich wäre zu allem fähig.« Er machte eine Pause, fuhr sich mit dem Zeigefinger über die Lippen. »Und irgendwie werde ich den Gedanken nicht los, daß die ganze Sache auch mit Meyer zusammenhängt. Nur fehlt mir
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