Die Bankerin
seine Lenden zuckten und all sein Denken derart auf dieses Gotteskind fixiert war, daß er sich selbst streichelte und sein Blut in Wallung brachte und dabei unachtsam war und in die Unterwäsche ejakulierte. Zunächst erschrak er, doch es überwog dieses himmlische Gefühl, dieses verbotene Denken, diese Vorstellung, diese Phantasie, die nie Wirklichkeit werden würde, er hätte ja ihr Vater sein können! Aber mit Esther schien ein Teil seiner Jugend, die er verloren hatte, bevor sie überhaupt begann, zurückgekehrt zu sein, sie hatte etwas zurückgebracht, an das er nicht einmal mehr zu denken gewagt hatte. Mit einemmal stand sie da und mit ihr vergangene Zeiten. Er erinnerte sich, als er fünfzehn, sechzehn, siebzehn war, wie er oft allein in den nahen Wald ging und träumte und in seinen Träumen auf breiten Schwingen in eine andere Welt glitt, eine schönere, heilere Welt, mit einer Mutter, die ihn liebte, und einem fürsorglichen Vater. Und irgendwann gesellten sich in den Traum schöne Mädchen, und es hatte einige Mädchen in Helmbrechts gegeben, die ihm gefallen hatten, doch seine Schüchternheit hatte wie eine unüberwindliche Mauer zwischen ihm und diesen Mädchen gestanden.
Esther war ihm vertraut von der ersten Sekunde an. Ihr Gesicht, er meinte es schon tausendmal gesehen zu haben. Ihre Bewegungen, ihre Augen, ihr Mund, wie sie sprach, ihreStimme, als hätte er sie tausendmal gehört. Woher aber kam diese Vertrautheit? Warum betrachtete er sie nicht wie andere Mädchen ihres Alters auch, warum verliebte er sich in sie?
Er hatte seit ewigen Zeiten nicht masturbiert. Und dann erschien sie, und er tat es. Er sah schemenhaft und gefährlich eine drohende Gestalt am Horizont aufsteigen, und von unsichtbarer Hand wurde in riesigen Lettern wie ein Menetekel etwas an den Himmel geschrieben, und es hieß
L-I-E-B-E!
Aber wie konnte ein Mann in der Mitte seines Lebens sich in ein Mädchen verlieben, das erst geboren wurde, als er längst verheiratet war? Was machte sie so faszinierend, so anziehend? Ihre Unbekümmertheit, ihre ungewöhnliche Reife, ihr sich von anderen ihres Alters so sehr unterscheidendes Wesen, ihr Körper, ihre Stimme?
Er lag zehn Minuten regungslos da, die klebrige Samenflüssigkeit begann, an seinem Unterbauch anzutrocknen, er stand ein weiteres Mal auf, zog vorsichtig eine frische Unterhose aus dem Schrank (die verdammte Tür knarrte!), ging ins Bad und wusch sich, zog sich um und stellte sich dann im Wohnzimmer ans offene Fenster. Die Wohnung war noch immer erfüllt von einem leichten Brandgeruch, der Platz unter ihm war leer, nur hinter wenigen Fenstern brannte Licht. Er lehnte sich auf das Fensterbrett und sah hinaus. Die Stille dieser Nacht hatte etwas Beruhigendes. Er hätte müde sein müssen, und doch konnte er nicht schlafen, und er wußte nicht, wieso er aufgewacht war.
Schlimme Sorgen drückten ihn, und jeder normale Mensch wäre angesichts dieser Last zusammengebrochen. Nichts hätte in seinem Kopf sein dürfen, als nur die Sorge um seine Familie. Ein Kind im Krankenhaus, Drohungen, Anrufe, Angst. Und Lügen über Lügen! Doch in seinem Kopf war mehr, gefährlich mehr.
Er hatte sich zu allem Unglück auch noch verliebt. In ein kleines Mädchen. Er schalt sich einen Narren, Esther in seinLeben integrieren zu wollen; sie auch nur in seine Phantasien einzuspannen war vermessen. Er hörte nicht, wie Johanna ins Zimmer trat und plötzlich neben ihm stand. Er erschrak, als sie ihre Hand auf seine legte und sagte: »Kannst du auch nicht schlafen?«
»Mein Gott, hast du mich erschreckt! Was machst du denn hier?«
»Das gleiche könnte ich auch dich fragen. Es ist zu heiß im Bett, und ich hatte einen Druck auf der Blase.«
»Wenn dieser Sommer nur endlich zu Ende ginge! Ich sehne mich wie verrückt nach eisiger Kälte.«
»Und ich mich nach Ruhe. Ich habe miserabel geträumt«, sagte Johanna und legte ihren Kopf an seine Schulter. »Was ist bloß mit unserem Leben los? Ich kapiere es nicht.«
»Wer würde das schon kapieren? Hättest du dir jemals träumen lassen, hierher verschlagen zu werden? Ich nicht.«
»Liebst du mich?«
»Warum fragst du?«
»Du hast es mir lange nicht gesagt.«
»Ich denke, ich liebe dich.«
»Du denkst es nur?«
»Nein, ich habe nur Spaß gemacht. Ich liebe dich. Was würdest du machen, wenn ich eine Freundin hätte?«
»Was soll auf einmal diese bescheuerte Frage?«
»Einfach so. Mich interessiert deine Meinung.«
»Ich hab mir noch keine
Weitere Kostenlose Bücher