Die Bankerin
Gedanken darüber gemacht.«
»Und warum nicht? Glaubst du nicht, daß ein Mann in eine solche Lage geraten könnte?«
»Wann willst du noch Zeit für eine Freundin haben? Also laß die blöde Fragerei. Ich habe keine Lust, mich mitten in der Nacht mit so ’nem Quatsch abzugeben!«
»Würdest du mich fallenlassen?«
»Kannst du nicht bitte damit aufhören?! Ich will nicht darüber sprechen.« Johanna wurde wütend.
»Du brauchst nicht gleich an die Decke zu springen. Ich habenur mal drüber nachgedacht. Und ich wollte deine Meinung dazu hören.«
»Und ich werde sie dir nicht sagen. Aber sollte es eines Tages tatsächlich soweit kommen, dann wirst du meine Reaktion schon kennenlernen.« Ein drohender Unterton klang aus ihrer Stimme.
David bohrte nicht weiter. Es gab Themen, die er nicht einmal anschneiden durfte, weil Johanna darauf mit der Aggressivität einer wütenden Klapperschlange reagierte. Sie war hochgradig eifersüchtig. Ein anerkennender Blick von David auf eine schöne Frau, eine Schauspielerin, eine Fernsehansagerin konnte bedeuten, daß Johanna einen ganzen Abend lang eingeschnappt war. Es schien eine innere Angst zu sein, eines Tages den Mann zu verlieren, für den sie sich aufgeopfert hatte. Die Angst der fünf Jahre älteren Frau, wegen einer jüngeren im Stich gelassen zu werden. Deshalb waren für sie selbst Blicke etwas Verbotenes, hatten sich seine Liebe und seine Gefühle und Gedanken allein auf sie zu konzentrieren. Jeden bewundernden Blick, jedes
falsche
Wort setzte sie mit potentiellem Ehebruch gleich. Johanna, die barmherzige Samariterin, die sich so gut als aufopfernder Engel in einer mittelalterlichen Peststation gemacht hätte, der Schmutz und Gewürm, eitrige Geschwüre und stinkende Ausdünstungen und Ausscheidungen, Pestbeulen und vollgekotzte und beschissene Böden und Wände nichts ausgemacht hätten, solange sie durch ihren Dienst und ihr Dasein und ihre hilfreichen Worte den bedauernswerten Kreaturen Linderung in den Stunden des Schmerzes und der Todesqual bereitet hätte, diese selbe Johanna sprach nicht über Ehebruch, weil sie sich davor fürchtete wie vor sonst kaum etwas auf der Welt. Sie lebte in ihrem Reich täglichen Opferns und erwartete dafür Liebe. Das Gefühl, gebraucht zu werden, bedeutete ihr mehr als Geld und Wohlstand. Doch hätte man ihr die Geborgenheit genommen, den Lebensinhalt, der scheinbar aus nichts als der Sorge für und um andere, demtäglich gleichen Trott aus Putzen, Kochen, Waschen, Bügeln und den kleinen und größeren Problemen der Kinder bestand, wäre sie nicht mehr gebraucht worden, dann wäre ihr dünnes, wackliges Kartenhaus allein durch den Flügelschlag eines Schmetterlings in sich zusammengefallen. Und weil sie Angst davor hatte und in ihrem tiefsten Innern diese Angst eine reale Rolle spielte und mit zunehmendem Alter, da ihre einstige Attraktivität von fünf Kindern und ständigem Kopfzerbrechen um die täglichen Dinge aufgezehrt worden war und einer gewissen Vergrämtheit Platz gemacht hatte, die sich in zum Teil schon tiefen Falten äußerte, wollte sie nicht einmal in einem belanglosen Gespräch mitten in der Nacht dieses Thema behandeln, barg es doch die Gefahr, den Ängsten und geheimen Befürchtungen einen Hauch von Realität zu verleihen.
David streichelte über ihr frischgewaschenes Haar (nur dann fühlte es sich nicht strohig an), dabei dachte er zuerst an Nicole, dann an Esther, sah vor sich das Bild ihrer langen Beine, die sie im Kino auf die Lehne des Vordersitzes gelegt hatte, eine Winzigkeit gespreizt, gerade so viel, daß eine Hand senkrecht dazwischen paßte.
Johanna war lieb, einfach nur lieb. Nicole war nie lieb, nur manchmal unverbindlich nett, doch meist war sie entweder kalt und berechnend oder feuerspeiend. Und Esther? Wie fühlte sich ihr Haar an? Was, würde jetzt ihr Kopf an seiner Schulter ruhen? Was, würde er jetzt hier am offenen Fenster ihren kurzen Rock hochschieben und dieses junge Becken mit seinen wilden Stößen penetrieren?
Johanna stützte sich mit beiden Händen auf dem Fensterbrett ab, während David ihr Nachthemd hochschob und von hinten in sie eindrang. Esther, Esther, Esther! Er schloß die Augen und stieß mechanisch in diese feuchte, warme Höhle. Er umfaßte ihre ausgelaugten und ausgezehrten Brüste und stellte sich vor, Esthers junges, festes Fleisch in Händen zu halten und zu massieren, während Johanna leise und dunkelstöhnte. Und als er nach langer Zeit (er hatte ja gerade
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