Die Barbaren von Ragnarok
hakennasiges Gesicht mit einem schmallippigen, unbarmherzigen Mund und kleinen Ohren, die eng an seinem kahlen, gebräunten Schädel lagen. Die Kraft seiner Persönlichkeit beherrschte den Raum; ein Eindruck von Rücksichtslosigkeit und Autorität ging von ihm aus, die kalte Selbstsicherheit eines Mannes, dessen Wort Gesetz war. Das Gesicht kam ihm irgendwie bekannt vor, und John begriff, daß dieser Mann und Hesnar miteinander verwandt waren – wahrscheinlich sogar Vater und Sohn, was erklären würde, warum Hesnar so früh Sektionskommandant geworden war.
Garron verbeugte sich vor dem Sitzenden und sagte zu John: »Sar-Fane, weltlicher Herr der Söhne von Schomar, Großer Hirte der schomarischen Gemeinschaft, ließ Sie kommen, daß Sie seine und seiner Ratgeber Fragen beantworten. Sie werden dies prompt und wahrheitsgemäß tun.«
Garron zog sich zurück, und auf einen Wink Sar-Fanes kamen seine Ratgeber und Würdenträger herein, zehn an der Zahl, und nahmen hinter den anderen Schreibtischen Platz. John stand allein im Halbkreis der Verhörer und wartete.
Nachdem eine volle Minute verstrichen war, ergriff Sar-Fane das Wort. Er gebrauchte die Sprache der Gern, und sein Ton war so sachlich, und seine dunklen Augen hatten einen so unpersönlichen Ausdruck, als richte er einen Befehl an ein Haustier:
»Wir haben Mittel, um zwischen wahren und unwahren Antworten zu unterscheiden. Sie werden keine ausweichenden Antworten geben.«
Der Kommunikator auf Sar-Fanes Schreibtisch machte eine Meldung. Sar-Fane sprach einen Befehl hinein und begann eine Diskussion mit seinem Stab. Die fünf Männer rechts von Sar-Fane schienen persönliche Berater oder Kabinettsmitglieder oder beides zu sein; ihre Haltung war selbstbewußt, und wenn sie mit Sar-Fane sprachen, hatte ihr Benehmen bei aller Ehrerbietung etwas Ungezwungenes. Drei von den Männern zu seiner Linken schienen Adjutanten zu sein, der vierte in der Reihe war ein magerer, nervöser Mann mittleren Alters mit hoher Stirn und intelligenten Augen, die John mit unverhohlener Neugier beobachteten. Die anderen nannten ihn Rem Nelfin. Der fünfte Mann links von Sar-Fane schien als einziger Sympathie für John zu hegen. Sie nannten ihn Novla und stellten ihm zahlreiche Fragen, die alle in irgendeinem Zusammenhang mit John zu stehen schienen, dem sie während des Gesprächs immer wieder Seitenblicke zuwarfen. Novla beantwortete sie wie ein freundlicher alter Mann, der seinen Sohn gegen Vorwürfe verteidigt. Güte und Freundlichkeit sprachen auch aus seinem rundlichen, doch würdevollen Gesicht, und wenn er John ansah, war ein Ausdruck in seinen Augen, als wollte er sagen: Keine Sorge, ich bin dein Freund und werde dir helfen.
Die Diskussion der Schomarer endete. Sar-Fane richtete seinen kalten Blick auf John und sagte: »Sie behaupten, daß Sie sechshundert Lichtjahre weit von einer Welt namens Ragnarok gekommen seien. Warum?«
John hatte eine Anzahl Ausreden und Lügen auf Lager, um den wahren Grund seiner Anwesenheit zu verbergen, aber wie die Dinge lagen, schien Wahrheit die beste Strategie zu sein. Er dachte nicht daran, etwas über die ›Ragnarok‹ und die ›Einhorn‹ zu verraten, aber alles andere konnte er sagen. Wenn die Schomarer den Überfall mit dem Phantomschiff durchgeführt hatten, würden sie nichts erfahren, was sie nicht schon wußten. Waren sie unschuldig, so konnten sie ihm vielleicht einen Hinweis auf die Identität der Täter geben.
»Meine Gefährten und ich haben diese Reise unternommen, um hundert von meinen Leuten zu suchen, die von Ragnarok entführt wurden«, sagte er.
Nachdenkliches Schweigen. Schließlich sagte Sar-Fane: »Einige Ihrer Leute wurden entführt? Warum dachten Sie, Sie würden sie ausgerechnet hier finden? Gibt es nicht andere Raumsektoren, die Ihrer Heimat näher liegen?«
»Der Kurs des Entführerschiffs wurde ermittelt«, sagte John. »Seine geradlinige Projektion wies in diesen Sektor.«
»Waren Sie zur Zeit des Überfalls auf Ragnarok?«
»Nein. Der Koalitionskrieg gegen die Gern hatte gerade geendet, und ich war zweihundert Lichtjahre entfernt, als die Botschaft von Ragnarok kam, die den Überfall meldete.«
»Was für ein Krieg war das?«
John gab ihnen einen kurzen Bericht, an den sich mehrere Fragen über die Taktik anschlössen, die zum Sieg über die Gern geführt hatte. Dann sprach Novla, nicht wie einer, der ein Verhör führt, sondern wie ein Freund.
»Die Gern, die als Kaufleute zu uns kamen, sprachen von
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