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Die Bedrohung

Die Bedrohung

Titel: Die Bedrohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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Unsere ohnehin schon angeschlagene Wirtschaft wird Jahre brauchen, um sich zu erholen, und im Norden wird es zu einem bewaffneten Aufstand kommen.«
    »Sie unterschätzen die Kraft unseres Volkes«, erwiderte Amatullah verächtlich. »Im Gegensatz zu den Amerikanern, die fett und faul sind, wissen unsere Leute, wie man Opfer bringt und eine schwere Situation durchsteht.«
    »Und Sie«, versetzte Ashani, »überschätzen Ihre Beliebtheit bei der Bevölkerung. Seien Sie sich nur nicht so sicher, dass sich die Leute nicht gegen Sie wenden, wenn sie keinen Strom mehr im Haus haben und sich nichts mehr zu essen kaufen können.«
    »Sie Verräter!«, schrie Amatullah. »Wie können Sie es wagen!«
    Ajatollah Najar streckte die Hand aus und fasste Amatullah am Arm. »Es reicht«, sagte er mit fester Stimme, »ihr solltet euch beide daran erinnern, bei wem ihr hier seid.«
    Ashani und Amatullah sahen den Obersten Führer an und wandten beschämt den Blick ab. Der Oberste Führer saß stoisch ruhig auf seinem Sessel, die Arme an den Seiten und seine langen Finger über die Knie gelegt. Ob seine Haltung nun aufgesetzt oder Ausdruck seiner Persönlichkeit war – er strahlte jedenfalls Ruhe und Gelassenheit aus.
    In gemessenem Ton sagte er: »Wir sind angegriffen worden.« Er nahm sich die Zeit, jedem der Anwesenden in die Augen zu sehen, bevor er fortfuhr: »Es ist unser gutes Recht, sowohl blutige Vergeltung als auch finanzielle Wiedergutmachung zu verlangen.« Er wandte sich seinem Außenminister zu. »Sie werden unser Anliegen bei den Vereinten Nationen vorbringen. Die Verantwortlichen für diese Tat werden dafür bezahlen müssen.« Sein Blick schweifte zu Ashani und Amatullah. »Wir müssen vorsichtig sein. Wie es aussieht, haben die Vereinigten Staaten wieder einmal Israel dazu benutzt, ihr Teufelswerk zu verrichten.«
    Alle Anwesenden außer Ashani nickten zustimmend.
    »Es besteht die Möglichkeit«, sagte Ashani, »dass die Vereinigten Staaten nichts von dem Angriff wussten.«
    »Glauben Sie, dass sie über unsere Verluste trauern?«
    »Nein, aber ich möchte den Rat daran erinnern, dass uns die Amerikaner sowohl Saddam als auch die Taliban vom Hals geschafft haben. Wir haben einen inoffiziellen Draht zu ihrer Regierung. Ich würde gern sehen, was ich in Erfahrung bringen kann, bevor wir Maßnahmen ergreifen.«
    »Lügen!«, rief Amatullah. »Das ist es, was Sie erfahren werden.«
    Ashani ignorierte Amatullah. »Es kann nicht schaden, sich zuerst einmal anzuhören, was sie zu sagen haben.«
    Amatullah wollte etwas einwenden, doch der Oberste Führer gebot ihm mit einem missbilligenden Blick zu schweigen. Er strich seine Robe glatt und sagte dann: »Die rechte Hand muss nicht immer wissen, was die linke tut.«
    Ashani hatte sich an diese vagen Äußerungen des Obersten Führers gewöhnt. Dadurch war es dem Geistlichen möglich, sich nicht die Hände schmutzig zu machen. Das Problem dabei war nur, dass seine Weisungen einen zu großen Spielraum für mögliche Interpretationen ließen.
    »Es ist nicht falsch, zu hören, was die Amerikaner zu sagen haben, aber ihr dürft ihnen nicht trauen. Ich überlasse euch die Details, aber eines möchte ich klarstellen: Dieser Angriff darf nicht ungesühnt bleiben.«
    Die Mitglieder des Rates nickten begeistert, und einige applaudierten sogar. Ashani hatte das beängstigende Gefühl, dass sie im Begriff waren, einen gefährlichen Weg einzuschlagen, auf dem sie sich vor allem von Rachegefühlen und Nationalstolz leiten ließen. Der Gedanke daran, wohin dieser Weg führen mochte, ließ ihn in einen heftigen Hustenanfall ausbrechen. Ashani krümmte sich vor Schmerz. Die anderen Mitglieder des Rates sahen ihn besorgt an, bis der Anfall schließlich aufhörte.
    »Entschuldigung«, sagte Ashani verlegen. Er spürte etwas Feuchtes am Kinn und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Er blickte hinunter und sah beschämt, dass seine Hand voller Blut war.
    Der Oberste Führer sah ihn mit tiefer Sorge an. »Mein Sohn, du solltest im Krankenhaus sein.«
    »Verzeihung. Ich werde sofort aufbrechen.« Ashani stand auf und verbeugte sich. Plötzlich hatte er das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Er ging zwei Schritte zur Tür, schwankte und brach zusammen.

19 IM WEISSEN HAUS
    An einem ganz gewöhnlichen Tag war Washington D.C. eine pulsierende Stadt. Aus nah und fern strömten die Leute in die amerikanische Hauptstadt, um ihren Geschäften nachzugehen, Spionage zu betreiben und sich

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