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Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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wir uns hier herumtreiben, sonst kommt er noch auf die Idee, auf uns Jagd zu machen.«
    Amara hob den Arm, um ihr Gesicht vor den peitschenden Ästen zu schützen. »Das ist doch sinnlos«, sagte sie. »Ich gehe in die Luft!«
    »Na, dann mal los!«
    Amara nahm ihren Bogen und ihren Köcher. Sie zog die Füße aus den Steigbügeln, setzte sie auf den Sattel, erhob sich geschmeidig und sprang aus der gleichen Bewegung in die Luft. Auf ihre stille Bitte hin füllte Cirrus den leeren Raum unter ihr, packte sie und trug sie in die Höhe. Ihr Windelementar schob die Äste zur Seite, die ihr im Weg hingen, bis sie durch die leere Luft über den Bergkamm schwebte und nach Süden beidrehte, um dem fliehenden Vord-Kundschafter zu folgen. Sie nahm Bernard als Anhaltspunkt, suchte den Bereich vor ihm ab und bemerkte eine schnelle Bewegung ungefähr dreißig oder vierzig Schritte vor ihm.
    Der besessene Graslöwe lief nicht wie ein gewöhnliches Exemplar seiner Art. Denn diese Tiere konnten beinahe unsichtbar durch Bäume und Unterholz schleichen, und selbst Amara, die sich mit stiller Anmut durch sein natürliches Revier bewegte, hätte ihre Schwierigkeiten gehabt, ihn zu finden. Doch im Bann der Vord rannte der Graslöwe einfach geradeaus. Er preschte durchs Gebüsch, ohne auf Stacheln und Dornen zu achten. Dabei brach er Äste ab, trampelte Schösslinge nieder und änderte die Richtung nur dann, wenn Bäume oder Felsen den Weg versperrten.
    Was ihm an Anmut fehlte, machte er mit Schnelligkeit wett. Ein richtiger Graslöwe war kein ausdauernder Läufer, auch wenn er über kurze Entfernungen eine hohe Geschwindigkeit erreichen konnte. Von einem Vord besessen, rannte das Tier unermüdlich und aus Leibeskräften und ließ Bernard mit dem Pferd immer weiter hinter sich zurück.
    So war es an Amara, den Kundschafter aufzuhalten. Bernard hatte natürlich recht – ihr Vorhaben war auch so schon gefährlich genug. Sollten die Vord von ihrer Anwesenheit in dieser Gegend erfahren und auch nur einen geringen Teil ihrer Streitmacht zur Jagd auf Bernard und Amara ansetzen, würde es unmöglich sein, den Auftrag auszuführen. Und wie Amara ihrem Gemahl am Morgen schon bewiesen hatte, würden sie sich, wenn die Vord ihren Aufenthaltsort ungefähr kannten, mit keiner Maßnahme lange vor ihnen verstecken können.
    Amara flog ein wenig höher, was ihr einen besseren Überblick verschaffte, und sah, dass das Vord in gerader Linie auf eine Lichtung im Wald zuhielt. Das wäre die beste Möglichkeit, um zuzuschlagen. Sie konnte recht gut mit dem Bogen umgehen, aber ein Ziel zwischen den Bäumen zu treffen, während sie auf einem Windstrom unterwegs war, wäre auch für sie zu schwierig.
    Natürlich musste man verrückt oder verzweifelt sein, um sich mit einem mittelschweren Bogen einem fliehenden Graslöwen – und noch dazu einem, der von einem Vord besessen war – in den Weg zu stellen. Eins von beidem würde schon auf sie zutreffen, schoss es Amara durch den Kopf, obwohl ihr wenig daran lag, herauszufinden, ob verrückt oder verzweifelt. Sie beschleunigte, sauste zu der Lichtung und landete auf dem offenen Gras.
    Ihr blieb wenig Zeit. Sie holte zwei Pfeile aus dem Köcher, steckte einen in die Erde neben ihren Füßen und legte den anderen auf. Nun atmete sie tief durch, um ruhig zu werden, und hob den Bogen. Der Vord-Kundschafter brach aus dem Unterholz hervor.
    Sie rief Cirrus und lieh sich von ihrem Windelementar Geschwindigkeit. Die Zeit schien sich zu verlangsamen, was ihr eine Ewigkeit zum Zielen gab.
    Dem Graslöwen, dessen Körper ein Vord gestohlen hatte, hing die halb verweste Zunge aus dem Maul. Die Ohren hätten gewöhnlich aufrecht gestanden, doch nun hingen sie wie welke Salatblätter herab. Zwischen den Zähnen wuchsen Schimmelpilze oder Flechten. Die Schulter prallte an die Kante eines umgestürzten Baums, und ein Schauer Holzspäne flog in die Luft. Das gefühllose Fleisch erhielt einen weiteren Riss, der allerdings keine sichtbare Wirkung zeigte.
    Amara schoss ihren Pfeil ab. Er flog zielstrebig über die vierzig Schritt bis zu dem Graslöwen hinüber und traf den Schädel genau über den Augenbrauen, glitt über den harten Knochen und bohrte sich zwischen die kräftigen, angespannten Schultern.
    Der Vord-Kundschafter zuckte nicht einmal zusammen.
    Amara nahm den zweiten Pfeil.
    Erdklumpen spritzten unter den Füßen des Löwen in die Luft, emporgeschleudert von der schieren Kraft der Beine. Amara wollte gar nicht daran

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