Die Begierde: Fallen Angels 4 (German Edition)
zur äußersten Kante. Dort, jenseits des Daches des Bootshauses, blieb er im Mondschein stehen.
Ganz langsam begann er, das Papier zu zerreißen, zog mit einer Hand eine Hälfte herunter …
Er kam nicht sehr weit, bevor er aufhörte.
»Verdammt«, grummelte er. »Tu es. Tu’s einfach.«
Doch irgendetwas blockierte die Nervenbahnen zu seinen Extremitäten, der Befehl seines Gehirns wurde umgelenkt.
Er wollte Sissy gehen lassen. Ehrlich.
Er betete sogar darum.
Das Einzige, woran er denken konnte, war jedoch, dass sie da unten im Wohnzimmer der Dämonin nicht nur litt. Sie befand sich gänzlich in Devinas Hand. Und das bedeutete, dass sie nicht sicher war.
Seine Feindin war zu allem fähig.
Er musste Sissy da rausholen …
Fünfundvierzig
Mels schreckte aus dem Schlaf hoch. Die Dunkelheit, die sie umgab, versetzte sie an den Fluss zurück und unter das erstickende Wasser …
Sobald sie den hellen Streifen auf dem Fußboden ihr gegenüber sah, kehrte die Wirklichkeit zurück. Das Hotelzimmer. Matthias …
Sie drehte sich auf die Seite und stellte fest, dass er tief und fest schlief, sein Brustkorb hob und senkte sich langsam unter der Bettdecke. Er lag auf dem Rücken, die Arme über der Decke, die Handflächen nach oben gerichtet. Er sah aus, als könne er jeden Moment aus dem Bett springen.
Oder als liege er in einem Sarg.
Nette Vorstellung.
Gott, was für eine Nacht.
Nach einem kurzen Abstecher in den rund um die Uhr geöffneten Hotelladen war der weitere Abend ungefähr so verlaufen wie ihr letzter, mit erotischen Episoden, die sich mit ohnmachts ähnlichem Schlaf abwechselten.
Also, mal abgesehen davon, dass sie dieses Mal deutlich weiter gegangen waren.
Unvermittelt schlug er die Augen auf. »Alles okay?«
»Woher wusstest du, dass ich wach bin?«
Er zuckte eine nackte Schulter. »Ich schlafe nie so richtig.«
»Aha.«
Als Matthias den Blick zur Decke richtete, war er so reglos, dass es fast den Anschein hatte, er würde gar nicht atmen – und in dem Moment wusste sie mit Sicherheit, dass sie zum letzten Mal zusammen gewesen waren. Als hätten die ganzen Gymnastikübungen ihn umgestimmt?
Andererseits war es so viel mehr als nur Sex gewesen, dachte sie. Zumindest für sie.
In der folgenden, furchtbaren Stille gestattete sie sich, den Verlust zu spüren, und als wüsste er genau, woran sie dachte, fand er ihre Hand und drückte sie.
»Ich gehe schnell duschen«, sagte er.
Er beugte sich über sie und gab ihr einen langen Kuss, war dann aber so schnell auf den Beinen, dass sie erschauderte.
Das nannte man echt mal ein neues Kapitel aufschlagen. Es war, als hätte er nie gehumpelt.
Eine Sekunde später ging ein Licht an, dann rauschte die Dusche.
Ein schneller Blick auf die Uhr sagte Mels, dass es sieben Uhr war.
Zeit, nach Hause zu fahren, ebenfalls zu duschen und sich umzuziehen. Mit ein bisschen Glück wäre es ein Pilates-Morgen für ihre Mutter, und sie könnten sich beide die peinliche Begegnung ersparen. Nicht, dass Mels die vergangene Nacht bereute. Sie war einfach nur nicht besonders froh an diesem Tag.
Weil es vorbei, nicht weil es passiert war.
Sie stieg aus dem warmen Bett, knipste die Schreibtischlampe an – und erinnerte sich, oh Freude, dass sie ja gar keine Unterwäsche oder richtige Klamotten dabeihatte.
Mein Gott, dieser Sturz in den Fluss kam ihr vor, als wäre er jemand ganz anderem zugestoßen. Zumindest, bis sie den Schmerz in den Rippen und den Unterarmen spürte, mit denen sie sich aus dem Hudson gehievt hatte.
Mit einem Seitenblick in Richtung plätschernder Dusche überlegte sie, ob sie sich vielleicht zu ihm gesellen sollte – nein, das könnte aussehen wie eine plumpe Anmache in der Hoffnung, er würde es sich anders überlegen.
Sie hatte auch ihren Stolz.
Wobei sie eine von seinen Boxershorts mitnehmen würde. Auf gar keinen Fall würde sie mit nichts als einem Regenmantel nach Hause fahren.
In der Tasche, die auch Jim Heron durchwühlt hatte, fand sie zwei Stück davon, nahm sich eine und zog sie an. Sie passte einigermaßen – und Moment einmal, da war auch noch eine Sporthose übrig, neben einigen T-Shirts.
Letztlich musste sie die Hose am Bund ein paar Mal umkrem peln, und das Shirt war viel zu weit, aber alles war in Schwarz gehalten, und mit ihren Schuhen und dem Regenmantel darüber kam sie sich ein bisschen weniger nuttig vor.
Matthias war immer noch unter der Dusche.
Es war verlockend, sich einfach heimlich davonzustehlen und einen
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