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Die Begnadigung

Titel: Die Begnadigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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von Killern entkommen konnte. Außerdem war er wütend auf Whitaker und die Idioten in Washington, die ständig die Pläne änderten. Für die katastrophalen Folgen würde man mit Sicherheit ihn, Luigi, verantwortlich machen.
    Er rief Whitaker an, brüllte und fluchte und raste dann mit Zellman und den beiden anderen zum Bahnhof. Sie würden sich mit Krater in Mailand treffen, wo Whitaker ein großes Aufgebot einsetzen wollte.
    Als er Bologna in dem nach Mailand fahrenden Eurostar verließ, hatte Luigi eine wundervolle Idee, die er allerdings nicht laut aussprechen durfte. Warum rief er nicht einfach Israelis und Chinesen an und erzählte ihnen, dass Backman zuletzt in Modena gesehen worden sei und von dort aus vermutlich nach Parma und Mailand wolle? Sie hatten ein viel größeres Interesse an ihm als Langley. Und finden würden sie ihn bestimmt auch, im Gegensatz zu seinen Leuten.
    Aber Befehl war Befehl, selbst wenn er sich ständig änderte.
    Alle Straßen führten nach Mailand.
29
    D as Taxi hielt eine Querstraße vom Mailänder Hauptbahnhof entfernt. Marco bezahlte den Fahrer, bedankte sich mehrfach und wünschte ihm eine gute Heimfahrt nach Modena. Dann ging er an dem Dutzend Taxis vorbei, die auf ankommende Passagiere warteten. Im Inneren des riesigen Bahnhofs ließ er sich mit der Menge treiben, die Rolltreppen hinauf, in das organisierte Chaos des Bahnsteigbereichs, wo ein Dutzend Züge auf den Gleisen standen. Anhand der Anzeigetafel mit den Abfahrten prüfte er, welche Alternativen sich ihm boten. Viermal pro Tag fuhr ein Zug nach Stuttgart mit Halt in Zürich. Er besorgte sich einen Fahrplan, erstand einen billigen Führer mit Stadtplan und zog sich in ein Café in einer Ladenstraße zurück. Zeit war kostbar, aber er musste sich orientieren. Er trank zwei Espressi und aß ein Stück Kuchen dazu, ohne die Menge aus den Augen zu lassen. Er liebte die Massen, das Gewusel der kommenden und gehenden Menschen. Hier war er sicher.
    Sein erster Plan war, die etwa dreißig Minuten ins Stadtzentrum zu gehen. Irgendwo unterwegs würde er sich in einem billigen Bekleidungsgeschäft völlig neu ausstaffieren: Jacke, Hemd, Hose und Schuhe. Sie hatten ihn in Bologna entdeckt. Das Risiko konnte er nicht noch einmal eingehen.
    Mit Sicherheit gab es irgendwo in der Innenstadt, in der Nähe der Piazza del Duomo, ein Internetcafé, wo er für fünfzehn Minuten einen Computer benutzen konnte. Er hatte allerdings kein großes Vertrauen in seine Fähigkeit, sich an einem fremden Rechner nicht nur im Dschungel des Internets zurechtzufinden, sondern auch noch Neal eine Nachricht zukommen zu lassen. In Mailand war es 10.15 Uhr, das hieß 4.15 Uhr morgens in Culpeper. Um 7.50 Uhr würde Neal online gehen.
    Irgendwie musste er das mit der E-Mail hinbekommen. Ihm blieb keine Wahl.
    Der zweite Plan sagte ihm wesentlich mehr zu. Warum sollte er nicht einfach abhauen, fragte er sich, während er beobachtete, wie tausende Menschen in Züge stiegen, die sie in wenigen Stunden überall in Europa wieder ausspucken würden. Eine Fahrkarte kaufen und so schnell wie möglich aus Mailand und Italien verschwinden. Seine neue Haarfarbe, Giovannis Brille und die alte Professorenjacke hatten seine Verfolger in Bologna nicht täuschen können. Wenn sie so gut waren, konnten sie ihn überall finden.
    Er schloss einen Kompromiss mit sich selbst und entschied sich für einen Spaziergang um den Block. Frische Luft war immer gut. Nach vierhundert Metern hatte sich sein Kreislauf erholt. Wie in Bologna fächerten auch die Straßen in Mailand nach allen Seiten aus wie ein Spinnennetz. Der Verkehr war so dicht, dass die Autos zeitweise standen. Das gefiel ihm. Noch besser gefielen ihm die überfüllten Gehsteige, die ihm Deckung boten.
    Der Laden hieß »Roberto«. Es war ein kleines Geschäft für Herrenbekleidung zwischen einem Juwelier und einer Bäckerei. Die beiden Schaufenster waren voll gestopft mit Kleidung, die ungefähr eine Woche lang halten würde. Das passte ausgezeichnet in Marcos Zeitplan. Der Verkäufer stammte aus dem Nahen Osten und sprach schlechter Italienisch als Marco, aber er gestikulierte und grunzte mit großer Gewandtheit. Außerdem war er entschlossen, seinen Kunden in einen neuen Menschen zu verwandeln. Die blaue Jacke wurde durch eine dunkelbraune ersetzt, das Hemd durch einen weißen Pullover mit kurzen Ärmeln. Die marineblaue Hose war aus billigem Wollstoff. Da Änderungen eine Woche dauerten, bat Marco den Verkäufer um

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