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Die Begnadigung

Die Begnadigung

Titel: Die Begnadigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Svensson …«, sagte der Autofahrer. »Wirklich, Sie sind's.«
    »Mein Gott! Einer, der mich wieder Svensson nennt. Ich habe gar nicht mehr gewußt, daß ich so heiße.« Björn Svensson stieg von seinem Apfelschimmel. »Woher kennen wir uns?«
    »Ich bin Doktor Färber …«
    »Färber? Ach …« Über Svenssons Gesicht glitt das Erinnern und Erkennen. »Der operationswütige Chirurg …«
    Dr. Färber verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. Er nahm die Titulierung als plumpen Scherz hin. Es blieb ihm auch gar nichts anderes übrig. Er zog seine Mütze ab, warf sie nach hinten auf die Notsitze und streifte die weichen Handschuhe ab.
    »Ich sehe, es geht Ihnen gut, Herr Svensson.«
    »Blendend! Dieser Doktor Hansen ist ein Genie!« Es gab Färber einen Stich ins Herz. »Er hat aus mir erst einen Menschen gemacht! Vorher war ich eine Zivilisationsmumie!«
    »Und Sie spüren nichts mehr von Ihrem … Ihrem Karzinom?«
    Es fiel Dr. Färber schwer, es auszusprechen. Es war so ungeheuerlich, was er mit eigenen Augen sah, daß ihm die Bilder wieder in Erinnerung kamen, die im Lichtkasten vor Professor Runkel geleuchtet hatten. Ein Magen, für den kein Chirurg auch nur fünf Pfennig gegeben hätte. Und jetzt ritt er nach neun Monaten herum, elastisch, gut genährt, voll Temperament.
    Das ist unmöglich, überlegte Dr. Färber. Die eigene Mutter hat er zehn Monate am Leben gehalten, obwohl sie nur drei Monate Lebenserwartung hatte. Und diesen Svensson scheint er sogar zu heilen. Das kann, das darf nicht wahr sein!
    Nachdenklich fuhr Dr. Färber in die Stadt zurück.
    Er beschloß, Professor Runkel nichts von der Begegnung mit Björn Svensson zu erzählen.
    Fast genau ein Jahr nach der plötzlichen Ankunft Svenssons entkorkte Dr. Hansen wieder eine Flasche Sekt und reichte Björn ein Glas. Sie saßen sich im Wohnzimmer gegenüber. Verblüfft ergriff Svensson das Glas an dem langen Stiel.
    »Was soll's?«
    Karin Hansen legte vier Röntgenaufnahmen vor Svensson auf den Tisch. In ihren Augen, an ihrem glücklichen Lächeln erkannte er, welche Stunde gekommen war. Seine Hand mit dem Sektglas begann zu zittern. Der Sekt schwappte über seine Hand, lief über das Handgelenk in die Manschette. Er merkte es nicht … er starrte abwechselnd von Karin zu Dr. Hansen und zurück auf die Röntgenplatten. Unter seiner braungebrannten Haut schimmerte die Blässe größter Erregung durch.
    »Ist das wahr?« stotterte er.
    Dr. Hansen nickte.
    »Ich kann nicht sagen, Björn: Du bist geheilt. Ich kann nicht einmal sagen: Du überlebst die kritische Fünf-Jahres-Grenze. Wir wollen nicht so hoch greifen. Aber ich kann dir heute sagen: Du brauchst nicht mehr auf den Tod zu warten. Du bist kein akuter Fall mehr. Du wirst weiterleben … und hoffentlich noch lange, wenn du so weiterlebst, wie du es bei uns ein Jahr lang getan hast. Wenn du« – Hansen lächelte – »der ›Sauermilchreiter‹ bleibst …«
    »Mein Gott! Mein Gott!« Svensson stellt das Glas auf den Tisch. Er konnte nicht trinken, die Kehle war ihm zugeschnürt. Er würgte an einem Schluchzen, das seinen ganzen Körper ergriff. »Ich kann weiterleben … du … du hast den Krebs besiegt …«
    »Nein. Ich habe ihn aufhalten können. Und der Primärtumor ist weitgehend zerfallen.« Hansen hob die Röntgenplatten gegen das Licht des Kronleuchters. »Hier – noch sind die Schatten da … kleiner, weicher zerfließender. Die Kraft des Wachstums ist aus dem Tumor weggenommen worden. Auch die Leber ist noch nicht ganz frei. Die Rückbildung von Metastasen ist eine langwierige Sache. Aber wir haben die Hoffnung, daß dein Körper jetzt abwehrfähig ist und die Gifte, die zu den Zellveränderungen führen, ausgeschaltet sind.« Er legte Svensson die Hand auf die zuckende Schulter.
    Karin wandte sich ab. Sie sah, daß Björn weinte. Die Tränen liefen ihm über die Wangen.
    »Ich bin so froh, Björn«, sagte Hansen leise.
    »Ich verdanke dir mein Leben, Jens.« Svensson sprang auf.
    »Es war ein Experiment, Björn. Ein gefährliches Experiment.«
    »Dem Mutigen gehört die Welt. Bilden wir Mediziner aus, gründen wir riesige Kliniken, richten wir sie mit den modernsten Mitteln ein, werfen wir Milliarden für Strahlungsapparate aus, damit man uns Krebskranke resignierend mit dem Todesurteil ›Inkurabel‹ nach Hause schickt? Rechtfertigen die wenigen wirklich Geheilten, die meist in Frühstadien sind, den ungeheuren Aufwand?«
    Svensson griff in die Brusttasche. Er zog ein schmales

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