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Die Begnadigung

Die Begnadigung

Titel: Die Begnadigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nie vergessen? Versuch es wenigstens, versuch es Herta. Ich will dafür versuchen … Komm zurück, Herta …«
    »Hubert!« Sie trat einen Schritt zurück. »Fehlt dir was …?«
    »Du, ja, du fehlst mir …«, sagte er leise.
    »Und das soll ich glauben?«
    »Ich bitte dich von Herzen darum, Herta …«
    »Sentimentalität steht dir nicht, Hubert!« Herta Färbers Überlegenheit, ihre Kühle, hinter der sie ihre wahren Gedanken und Gefühle verbarg, wirkten wie ein Schock auf Dr. Färber. Mit zittrigen Fingern steckte er sich eine Zigarette an.
    »Ich brauche dich, Herta«, sagte er heiser. »Ich brauche dich, weil …«
    »Weil du sonst deine Professur nicht bekommst, nicht wahr …? Ein Professor, dessen Frau auf Abwegen wandelt, unmöglich …« Herta lachte aufreizend und lehnte sich gegen ihren Wagen. Jetzt muß ich sie umbringen, dachte Färber. Erwürgen. Einfach die Hände um diesen Hals krallen und zudrücken, bis dieses teuflische Lachen aufhört. Bis sie aufhört zu atmen. Bis sie alle Gemeinheiten ausgehaucht hat …
    Hertas Lachen brach ab, mit einem schrillen Laut. Er machte Färber nüchtern.
    »Habe ich falsch getippt?« fragte sie höhnisch. Und gleich darauf in einem beinahe sanften Ernst: »Nicht wahr, Hubert, Runkel ist es, der die Aussöhnung zwischen uns wünscht?«
    »Ja …«, stöhnte Färber.
    »Und da kommst du und verlangst allen Ernstes, daß ich Hansen verlasse, zu dir zurückkehre und fortan Frau Professor mime, so wie man sich in akademischen Kreisen eine Professorengattin vorstellt. Das verlangst du?«
    »Ich bitte dich nur, zurückzukommen. Es wird alles ganz anders werden mit uns, Herta. Glaube es mir …«
    »Wie du um deine Professur kämpfst … Und was soll ich Hansen sagen?«
    »Was hast du mir gesagt, als du gingst? Nichts! Du bist einfach weggeblieben. Und später erst, da sagtest du: Ich liebe Jens, da kann man nichts dagegen machen …«
    »War das kein Grund zu gehen? Aber hier habe ich keinen. Oder soll ich zu Hansen sagen: Jens, ich muß für eine Weile zu Hubert, damit er Professor werden kann. Hinterher komme ich vielleicht wieder … und noch später müßte ich allerdings noch einmal zu Hubert zurück, damit er Ordinarius werden kann … Ich schlage vor, ihr Männer einigt euch, macht eine gemeinsame Klinik auf … dann brauche ich nur von Zimmer zu Zimmer zu wechseln …«
    »Wie unerhört schamlos du geworden bist«, sagte Dr. Färber leise.
    »So war ich immer. Du hast es nur nicht bemerkt …«
    Färber zerdrückte seine Zigarette. Der Tabak rieselte zwischen den Fingern hervor. Er warf sie weg.
    »Leb wohl«, sagte er. »Ich will dich nicht mehr belästigen. Ich gebe sogar meine bisherige Weigerung auf. Mein Anwalt wird dir schreiben, daß ich mit einer Scheidung einverstanden bin …«
    Er wandte sich ab und ging über die Straße zu seinem Wagen. Mit großen Augen starrte Herta hinter ihm her.
    »Und deine Professur?« rief sie ihm nach.
    »Was kümmert es dich noch?« Färber hob die Schultern. »Das Leben wird weitergehen …«
    Er stieg in seinen Wagen, der Anlasser schnürte … dann fuhr er ab, schnell, mit durchdrehenden Rädern.
    Herta Färber wartete, bis er um eine Biegung verschwunden war. Dann nahm sie ein Etui aus der Tasche, steckte sich eine Zigarette an und rauchte sie, auf der Straße stehend, an den Wagen gelehnt, langsam zu Ende. Erst dann schien sie sich schlüssig geworden zu sein, sie stieg ein, wendete und fuhr zurück nach Plön.
    In der Nacht packte sie ihre Koffer und verließ die Klinik. Niemand hörte sie. Nur ein Brief blieb auf ihrem Tisch zurück. Und daneben die Schlüssel …
    Allmählich machten sich alle in der ›See-Klinik‹ Gedanken darüber, obwohl es niemand erwähnte: Immer wieder mußte die Premiere von ›Androklus und der Löwe‹ verschoben werden. Es schien, als würde es nie zu einer Aufführung kommen. Auch der zweite Darsteller des Cäsaren war inzwischen gestorben, dann hatte sich die Darstellerin der Megäre hingelegt … kurz vor der Premiere bekam der Darsteller des Centurio einen Blutsturz, und Regisseur Hans Bertrich erlitt einen Rückfall. Allein Franz Wottke, der einzige Gesunde der Theatergruppe, schleppte von Probe zu Probe sein Löwenfell herum, bis er nur noch von Löwen träumte …
    Schließlich ging es nicht mehr darum, ob das Stück ›Androklus und der Löwe‹ überhaupt über die Bühnenbretter des großen Gemeinschaftssaales lief … es machte Spaß, Theater zu spielen, sich zu verkleiden,

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