Die Beichte - Die Beichte - Dirty Secrets
Jos Ohr tönte das Freizeichen. Eine gehetzte Frauenstimme meldete sich. »Scott?«
»Nein.« Jo stellte sich vor. »Ich versuche, Mr. Southern zu erreichen. Spreche ich mit …«
»Kelly. Seine Frau.«
Vor ihrem inneren Auge erschien das Bild von Kelly Southern. Sie hatte die Frau des Footballspielers im Fernsehen gesehen, wie sie ihm nach einem Spiel ihren kleinen Sohn über den Zaun reichte. Sie war hübsch wie eine Cheerleaderin und schien ihren Mann zu lieben.
»Ich bin bei einem Treffen, zu dem er eigentlich dazustoßen sollte.«
Langes Schweigen. »Tut mir leid, ich weiß nicht …«
»Mrs. Southern, ist alles in Ordnung?«
»Ich probier es schon den ganzen Tag, aber ich erreiche ihn nicht. Sie arbeiten für die Polizei, haben Sie gesagt?«
»Ja.«
»Steckt er in Schwierigkeiten?«
»Nicht mit der Polizei. Warum genau fragen Sie?«
»Ich weiß nicht, wo er ist. Irgendwas stimmt da nicht.« Kellys Stimme brach. Sie klang jung und verängstigt. »Er ist nicht zum Training erschienen. Auch bei den Forty-Niners hat niemand eine Ahnung, wo er ist. Und ich hab eine komische Nachricht gekriegt.«
»Inwiefern komisch?«
»Anonym. Dass Scott Geheimnisse vor mir hat, dass ich es mir überlegen soll, ob ich mit so jemandem wirklich zusammen sein will.«
»Haben Sie die Nachricht noch?«
»Ich hab sie Scott gegeben. Ich mach mir solch schreckliche Sorgen.«
»Hat Scott ein Handy?«
Kelly gab ihr die Nummer. Sie notierte sie auf ihrem Handgelenk. Tang kaute auf der Unterlippe.
»Mrs. Southern, ich werde versuchen, ihn zu erwischen. Auch Police Lieutenant Amy Tang will mit Ihnen sprechen. Sie ruft Sie an, sobald ich aufgelegt habe.«
»Okay«, antwortete Kelly. »Probieren Sie es. Aber er geht nicht ran.«
Jo beendete das Gespräch und wählte Southerns Handynummer. Während es läutete, hörte sie, wie Tang die Unterhaltung mit Kelly fortsetzte und sie wegen der E-Mail befragte, die sie bekommen hatte.
Anonyme Mitteilungen: die Giftpille bei jeder Rufmordkampagne. Schmutzig. Schluss.
Das Freizeichen schrie ihr entgegen.
Scott marschierte.
Skunk wollte ihn am nördlichen Aussichtspunkt der Golden Gate Bridge treffen, aber er hatte keine Lust mehr, nach Skunks Regeln zu spielen. Keine Lust mehr, sich von Skunks schattenhaftem Boss manipulieren zu lassen. Höchste Zeit, das Ganze zu kippen.
Nach vorn gegen den Wind gestemmt, strebte er auf dem östlichen Fußgängerweg zur Mitte des Brückenzugs. Tief unten fuhr ein Containerschiff hinaus auf den Pazifik. Vorn dominierte der Nordpfeiler die Szenerie, massiv und rot, eine Farbe von eiserner Entschlossenheit. Er ragte über ihm auf wie ein stählerner Richter, der jederzeit auf ihn niedersausen und ihn zermalmen konnte. Auf der Straße zog mit neunzig Stundenkilometern ein endloser Verkehrsstrom vorbei. Auch auf dem Fußweg herrschte dichtes Gedränge.
Er hatte die Schnauze voll von der Geheimniskrämerei. Öffentlicher als hier ging es nicht. Hier draußen auf der Brücke konnte Skunk sich keine Gemeinheiten erlauben, ohne aufzufallen. Und er konnte auch nicht davonlaufen. Auf der einen Seite der tödliche Verkehr. Auf der anderen nichts als Wind und Wasser. Luft. Zweiundsiebzig Meter Luft unter dem höchsten Punkt der Brücke. Scott hatte es nachgeschlagen.
Auf der Mitte des gigantischen Bauwerks blieb er stehen und lehnte sich an das Schutzgeländer. Die Aussicht war spektakulär. Das knallrote Gitter fühlte sich kalt unter den Händen an. Bei jedem vorüberfahrenden Lastwagen vibrierte die Straße.
Er drehte sich um und lehnte sich mit dem Rücken an die Brüstung.
Das Handy läutete, doch er ließ reglos mehrere Töne des Kampflieds verklingen. Skunk war bestimmt sauer und wunderte sich, dass er nicht am Treffpunkt erschienen war und auf den Knien um Gnade winselte. Skunk konnte ruhig noch ein wenig warten.
Nach zwei weiteren Takten nahm er das Gespräch an.
Jos Hand krampfte sich um das Telefon.
Ein Mann meldete sich. »Ich bin nicht am Aussichtspunkt.«
Sie wäre jede Wette eingegangen, dass es Scott Southerns Stimme war - diese lakonische, leicht gedehnte Sprechweise mit der gewinnenden Nuance kannte sie. Sie öffnete den Mund, um zu antworten, blieb dann aber aus einer Intuition heraus stumm.
»Kommen Sie nach Süden. Ich bin auf der Ostseite, in der Mitte, einen guten Kilometer von Ihnen entfernt.«
Durch das Handy hörte sie den Lärm von schwerem, schnell fließendem Verkehr und das Rauschen von Wind. Das Schweigen an
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