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Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern

Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern

Titel: Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Standiford
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Robbie küsste seine Fingerspitzen. »Es schmeckt strauß-tastisch. Probierst du das?«
    »Vielleicht«, sagte ich, dann fügte ich hinzu: » Abbondanza! «, und warf ohne jeden Grund die Arme in die Luft.
    Robbie lachte. »Du bist wirklich die pure Lebensfreude.«
    »Normalerweise bin ich nicht so voller Energie und so aufgedreht, ehrlich. Na ja, im Großen und Ganzen bin ich glücklich, ich bin nicht depressiv oder so, aber ich versuche, alles im Griff zu behalten –«
    »Schon in Ordnung, Norrie. Mir gefällt diese Seite von dir. Nervt es dich nicht auch manchmal, dass alle die ganze Zeit cool tun?«
    »Oh, ja. Ich habe noch nie darüber nachgedacht, aber du hast Recht. Das ist echt anstrengend.«
    »Ja, wirklich.«
    »Falls wir Freunde werden, gelobe ich, nicht die Coole raushängen zu lassen«, sagte ich. »Wenn mir etwas gefällt, werde ich in Schwärmerei verfallen und meinem Enthusiasmus freien Lauf lassen. Wenn ich etwas nicht leiden kann, gilt dasselbe.«
    » Falls wir Freunde werden?«
    »Okay, wenn wir Freunde werden. Jetzt. Wir sind jetzt Freunde. Ich mag dich! Okay? Ich mag dich, und ich tue nicht so, als ob ich dich nicht mögen würde, bloß um cool zu wirken.«
    Er lachte nicht. Ich hatte erwartet, dass er lachen würde.
    »Danke«, sagte er. »Ich weiß das zu schätzen. Ich mag dich auch.«
    »Das war ja nicht besonders überschwänglich«, beschwerte ich mich.
    » Du hast versprochen, nicht die Coole raushängen zu lassen. Ich nicht.«
    »Das ist unfair, Robinson Pepper!«
    »Wenn ich überschwänglich drauf bin, werde ich überschwänglich sein. Im Moment bin ich hungrig.«
    »Mmh. Ich auch.«
    Allmählich wurde die Gegend zweifelhaft. Wir bogen in eine dunkle Gasse ein und blieben vor einem kleinen Backsteinhaus mit rosa Tür und leuchtend blauen Fensterläden stehen. Durch das größte Fenster konnte man wegen der Buntglasscheibe nicht ins Innere sehen. Das Restaurant hatte kein Schild. Über dem ausgebrannten Schaufenster auf der gegenüberliegenden Straßenseite gab es jedoch eines mit der Aufschrift: CHOP CHOP KARATE SHOP.
    Robbie drückte auf die Klingel. Im Türspion erschien ein Männerauge. »Wer ist da?«
    »Robbie Pepper. Zwei Personen zum Abendessen?«
    Die Tür öffnete sich. Ein glatzköpfiger, dürrer alter Mann in Schürze musterte uns, dann ließ er uns herein. »Immer hier lang, bitte.«
    Das Restaurant war dunkel und wurde nur von Kerzen erleuchtet. Ich strich über die gemusterte Tapete. Es war Schlangenleder. Aus den Lautsprechern kam leise ein Song von Tom Waits.
    »Die Kellnerin ist gleich bei Ihnen.« Der alte Mann verschwand in der Küche.
    »Das ist Maurice«, erklärte Robbie. »Dieses Lokal gehört seiner Familie seit den Zwanzigern. Früher war es ein Flüsterlokal, während der Prohibition wurde hier illegal Alkohol ausgeschenkt.«
    Ich sah mich um. Auf einem Regal in der Ecke stand eine Sammlung seltsamer Figuren, an den Wänden waren hier und da Bronzeskulpturen befestigt.
    Eine hübsche Kellnerin reichte uns die Speisekarten. »Hi, Robbie«, sagte sie.
    »Hi, Marissa«, erwiderte er. »Das ist Norrie.«
    Marissa und ich begrüßten einander. Ich meinte den gleichen Ausdruck in ihren Augen zu erkennen, den ich schon bei Aileen wahrgenommen hatte. Sie sah mich als Konkurrentin.
    »Wir nehmen einen Krug Sangria«, sagte Robbie.
    Marissa erwiderte: »Tut mir leid, Robbie, aber hat Norrie ihren Personalausweis dabei?«
    Er drehte sich zu mir und zwinkerte, als würde er die Frage nicht verstehen. Ich schüttelte den Kopf.
    »Oh. Stimmt. Tut mir leid. Norrie, was möchtest du trinken? Ohne Alkohol, meine ich.«
    »Cola vielleicht.« Ich fühlte mich wie ein Säugling. Marissas selbstgefälliges Lächeln machte es auch nicht besser. »Nein, lieber ein Ginger Ale.«
    »Zwei Ginger Ale«, bestellte Robbie.
    »Du willst wirklich kein Glas Wein?«, fragte Marissa Robbie. »Wir haben heute Abend einen schönen Sangiovese.«
    »Nein, danke«, erwiderte Robbie. »Ginger Ale ist in Ordnung.«
    Marissa zuckte mit den Schultern, so nach dem Motto: Dein Problem, wenn du auf Minderjährige stehst , und überließ uns unseren Speisekarten. Meine fröhliche, überschwängliche Stimmung verflog. Ich war mit einem Mal unsicher und fühlte mich nicht wohl in meiner Haut.
    Es klingelte an der Tür und dieses Mal öffnete Marissa. Eine große Gruppe marschierte ins Restaurant und steuerte auf einen Tisch in der Ecke zu. Als sie an uns vorbeikamen, musterte uns ein hochgewachsener Typ mit

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