Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern
langen Haaren und Brille.
»Hi, Robbie«, grüßte ein Mädchen aus der Truppe.
Während Marissa ungeduldig mit einem Stapel Speisekarten gegen ihre Hand klopfte und darauf wartete, ihnen einen Tisch zuzuweisen, stellte Robbie mich vor. »Das sind Doyle, Katya, Josh, Bennett und Anjali.«
»Setzt euch doch zu uns«, schlug Doyle vor.
Robbie sah mich an. »Hast du Lust?«
»Klar.« Ich war neugierig auf seine Freunde und hoffte, sie würden uns von dem peinlichen Schweigen erlösen.
Unter Marissas vernichtendem Blick wechselten wir in die Ecke und quetschten uns um einen runden Tisch. Doyle – der Typ mit der Brille – bestellte umgehend zwei Flaschen Wein. Marissa zog mir demonstrativ mein Weinglas unter der Nase weg.
»Larissa Dalsheimer ist für den Sondheim Prize nominiert«, erzählte Katya. »Könnt ihr euch das vorstellen? Sie malt pornografische Szenen auf Bauklötzchen. Geht’s auch noch plumper?«
»Ihr Zeug ist totaler Schrott«, stimmte Doyle zu. »Aber sie gewinnt, du wirst sehen.«
»Erotischer Krempel kriegt immer sämtliche Preise«, sagte Anjali. »Es ist ja angeblich so subversiv .«
»Larissa hat mir eins dieser Bauklötzchen geschenkt«, sagte Josh. »Mir gefällt’s.« Das wunderte mich nicht, schließlich sah Josh mit seinen zotteligen blonden Haaren und dem ironischen Hipsterbärtchen wie ein Pornostar aus. Wie ein ironischer Pornostar. Zumindest stelle ich mir vor, dass ein ironischer Pornostar so aussieht – ich habe ja noch nie einen Porno gesehen. (Ehrlich, Almighty. Hoch und heilig!)
»Vielleicht hast du ja dafür Modell gestanden«, stichelte Doyle.
Josh lehnte sich zurück und grinste. »Kein Kommentar.«
»Lass gut sein, Doyle«, sagte Bennett. »Du ermutigst ihn bloß.«
Katya ist Künstlerin und die anderen sind Graduiertenstudenten wie Robbie. Sie tragen ihre Piercings und Tattoos und ihre unnatürlich gefärbten Haare auf die blasierte Art, die Leute an sich haben, die auf einer Wellenlänge liegen.
»Und, Norrie, bist du auch an der Hopkins?«, erkundigte sich Katya.
»Mmh«, murmelte ich und hoffte, es dabei belassen zu können. Unglücklicherweise verriet mir ihr Gesichtsausdruck, dass meine Antwort ihre Neugier noch nicht gestillt hatte, also fügte ich hinzu: »Robbie und ich haben uns bei einem Kurs kennengelernt.«
»Echt?«, fragte Anjali. »Du siehst ein bisschen zu jung aus, um schon mit dem College fertig zu sein.«
»Ja, ähm, ich weiß«, sagte ich. »Das hör ich oft.«
Robbie lachte. »Sie ist nicht mit dem College fertig. Sie geht noch auf die Highschool.«
»Was?« Bennett prustete los.
»Robbie!« Anjali schnappte nach Luft.
Mein Gesicht brannte vor Verlegenheit. Jane bezeichnet es immer als »Blitzsonnenbrand«, wenn ich so knallrot anlaufe.
»Wir waren nur zusammen im Kino«, erklärte Robbie. »Was ist denn dabei?«
»Nichts ist dabei«, antwortete Doyle. Ich hatte das Gefühl, dass sie es für taktlos hielten, in meiner Anwesenheit weiter darüber zu reden. Und das war es vermutlich auch. Also hörten sie auf. Aber ich wusste, dass sie später darauf zurückkommen würden. Um die Situation zu entschärfen, sagte ich: »Wir sind nicht zusammen oder so.«
Bei diesem Satz machte Robbie ein ziemlich belämmertes Gesicht, widersprach mir aber nicht. Es war die Wahrheit – die nüchterne Wahrheit, wenn nicht sogar die Wahrheit im wahrsten Sinne des Wortes. Seit ich Robbie kannte, hatte ich Wangenknochen, und das musste etwas zu bedeuten haben. Allerdings (noch) nichts Konkretes.
Josh schenkte ein Glas Wein ein und stellte es, indem er über Anjali hinweglangte, vor mich. » Josh …«, murmelte Anjali.
»Was?« Josh lächelte mich mit Unschuldsmiene an. Alles an ihm wirkte so harmlos, angefangen bei seinen jungenhaften lockigen Haaren und dem schmalen Yogakörper bis hin zu seinem T-Shirt mit der rosa Blume. Alles an ihm war eitel Sonnenschein, wie Miss Maura sagen würde. Aber war er das wirklich? »Ich möchte nur, dass sie sich wohlfühlt.«
Marissa kam zu unserem Tisch. »Seid ihr so weit?« Sie sah zuerst zu mir. Ich hatte mir die Speisekarte kaum angesehen, aber das war egal. Ich wusste, was ich wollte.
»Ich nehme den Strauß.«
Damit wollte ich zeigen, dass ich beim Essen kein mäkeliges Kleinkind war. In Wirklichkeit hatte ich Lust auf Spaghetti, aber das war ein typisches Kinderessen. Außerdem war ich neugierig, wie Strauß wohl schmeckte. Ich war nämlich abenteuerlustig.
»Sie ist wie der tapfere kleine Toaster
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