Die Belagerung der Welt - Romanjahre
Hintern, das unerträglich Rührende, auch der Vergeblichkeit wegen Rührende des unschuldigen Annabelungsversuchs â es war schrecklich. Ich konnte nicht hinsehen und wollte es nicht wahrhaben, im Traume, es ging über meine Kräfte.
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Wieder zurück, träumte mir davon, daà bei Actes Sud einer von meinen Rivalen, weià nicht mehr, um wen es sich handelte, überschwenglich gefeiert wurde, das heiÃt, sein Eintreten in den Verlag wurde mit allen Ehren gefeiert. Ich stand dabei und dachte, klar, sie haben einen Sieger, einen, der sich verkauft, einen Schlagerhelden erworben, für sie ist es ein Verlagssieg, der Hit ein Sieg, dachte ich, gut so. Und wandte mich ab.
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Nachsommer, Altweibersommer hier in Paris, die Stadt innig in sich gekehrt, das Lebensgefühl heiter beschwingt oder doch von Entzückungen gestreift, das Träumerische springt von den Fassaden und löst sich vom Pflaster, und zwar in
dem herrlichen Sonnenlicht, das nicht mehr mörderisch, sondern Abglanz ist, ja, vielleicht ist Abglanz das Wort, das sowohl die äuÃere Verzauberung wie deren Widerschein in der eigenen Laune bezeichnet. Es ist ein Aufleben, und in rund zehn Tagen gehts nach RuÃland, nach Moskau und in die Wolgagegend nach Rostow, Saratow. Lesereise, Lesungen an Goethe-Instituten, und zwar aus dem Canto , der eben übersetzt herausgekommen ist, die Ãbersetzung liest ein russischer Schauspieler.
Ich beginne mich zögerlich für die Reise zu erwärmen, es ist zum ersten Mal, daà ich, um es pathetisch auszudrücken, den Fuà auf den Boden des Landes setzen werde, aus dem mein Vater stammt. Er kam übrigens ungefähr im selben Alter wie Leonid, das heiÃt, beide haben nur die Kindheit, das Aufwachsen bis zur Maturität in RuÃland verbracht, nun, rund 20 Jahre, der eine unter dem Zaren, der andere unter den Sowjets. Für mich kommt das im Grunde erzwichtige Ereignis wahrlich spät im Leben.
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Neulich zusammen mit Odile und Igor (der jedoch gleich aufgab und per Taxi nach Hause desertierte) eine Abel-Ferrara-Nacht im Kino Champo verbracht, drei Filme bis zum Frühstück, Beginn um Mitternacht. Ich mag diesen in meinen Augen genialischen, als Person verdrogten, verrückten, wohl versexten Filmer mit seiner apokalyptischen Kreativität oder besser Intensität â Gewalt und Sexâ/âSex und Gewalt â, seine Protagonisten sind alle an der Nadel und an der Flasche und am Kopulieren, es ist eine abstoÃende Fauna von Jet-set-Film-Pack oder mafiöser Kriminalität, seine Verfluchten haben längst alle Grenzen von Verantwortlichkeit oder Achtung vor dem Leben in irgendeiner Form hinter sich, aber die künstlerische Kralle oder Signatur ist hinreiÃend, im Vergleich dazu kriege ich angesichts der braven
französischen Gesellschaftskomödien Gänsehaut oder das groÃe Gähnen. Nur das Bis-an-die-Grenze-Gehen zählt oder genügt in Sachen Kunst. Nun, wieder so ein Fall von rasender gewissenloser Unbürgerlichkeit, gelinde gesagt, Anstandslosigkeit/Rauschabhängigkeit wie Malcolm Lowry, wie Friedrich Kuhn, es ist das Manische, das allen Benimmregeln Spottende, das Sittliche Verabscheuende, es ist die »Freiheit«, dieser Freiheitsgrad, den ich auch bei einem Serge Gainsbourg spüre, an dem meine eigenen künstlerischen Wellen sich brechen, diesen Verlorenen oder Verdammten gegenüber komme ich mir wie der ärgste SpieÃer vor, solche »Freiheit« wage ich nicht in Anspruch zu nehmen, bleibe gleichzeitig angezogen und abgestoÃen. Abel Ferrara kommt meiner Meinung nach spürbar von Cassavetes her. Das was mich abstöÃt und anzieht und tief irritiert, ist wohl die Rücksichtslosigkeit in der Selbstzerstörung. Es muà sich um eine verdrängte Hälfte in mir handeln.
Insgesamt eine schöne Kinonacht gewesen, eine wahre Lebenszufuhr, wie sie nur echte Kunst vermag. Danach der Heimweg zu Fuà nach Hause bei Tagesanbruch, den Quais entlang.
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Handke, Don Juan
Man kann es lesen wie die Anlehnung an eine (heilige) Schrift oder auch wie an den Haaren herbeigezogen, eine Zumutung, manchmal an der Grenze zum Peinlichen? Und dennoch gewinnt der Text gleichsam wider Willen des Lesers allmähliche Autorität. Man kann ihn ablehnen, doch man kann sich ihm mit fortschreitender Lektüre kaum entziehen. Sprachlich am schönsten sind die
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