Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Berufung

Titel: Die Berufung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
Anwälte, die eben noch so aufgeregt der Verteilung des großen Kuchens entgegengesehen hatten, ließen die Stifte fallen und starrten einander entsetzt an. Viele rangen nach Luft, andere fluchten deutlich vernehmbar und ließen die Köpfe sinken. Am liebsten hätten sie sich auf Sully gestürzt, aber er war nur der Mann vor Ort, und alle wussten seit Langem, dass er nichts zu sagen hatte.
    F. Clyde Hardin wischte sich den Schweiß vom nassen Gesicht und versuchte tapfer, seinen rebellierenden Magen im Griff zu behalten.
    Plötzlich wollten alle nur noch weg. Sie ertrugen es nicht mehr, die leeren Stühle anzustarren. Stühle, auf denen die Männer gesessen hatten, die sie hätten reich machen können. Die Prozessanwälte rafften in aller Eile ihre Papiere zusammen, stopften sie in ihre Aktentaschen und verabschiedeten sich abrupt.
    Wes und Mary Grace fuhren schweigend nach Hause.
31
    Am Montagmorgen verkündete das WM Street Jour nal das Scheitern der Vergleichsverhandlungen in Hattiesburg. Der Artikel erschien auf der zweiten Seite und stammte von einem Reporter mit guten Insiderquellen bei Krane Chemical. Eine davon sah die Schuld bei den Anwälten der Kläger. »Die Forderungen waren zu unrealistisch. Wir waren guten Willens, aber es ging einfach nicht.« »Es ist hoffnungslos«, meinte eine andere anonyme Quelle. »Nach diesem Urteil denkt jeder Prozessanwalt, sein Fall ist vierzig Millionen wert.« Mr Watts, der CEO von Krane, äußerte sich enttäuscht. »Wir wollten den Rechtsstreit beilegen und uns anderen Dingen zuwenden. Jetzt bleiben große Unsicherheiten für die Zukunft des Unternehmens.«
    Carl Trudeau las den Bericht online um 4.30 Uhr in seinem Penthouse und rieb sich lachend die Hände. Es würde eine höchst rentable Woche werden.
    Wes versuchte den ganzen Vormittag über, Jared Kurtin zu erreichen, aber der große Mann war verreist. Unter seiner Handynummer meldete sich nur die Mailbox. Seine Sekretärin wurde schließlich unhöflich, Wes auch. Er und Mary Grace hatten Zweifel daran, dass die wilden Forderungen von Sterling Bintz Krane verschreckt hatten. Wenn man realistisch sein wollte, waren die von ihm vorgeschlagenen dreißig Millionen Dollar nur ein Bruchteil einer eventuellen Vergleichssumme.
    In Bowmore schlug die Nachricht ein wie eine Bombe.
    Im McCarthy-Hauptquartier hatte Nat Lester die gesamte Nacht durchgearbeitet. Als Sheila wie üblich um 8.30 Uhr eintraf, war er noch topfit. Er hatte den Artikel der New Tork Times an alle örtlichen Zeitungen gemailt und telefonierte gerade Reporter und Redakteure ab, als sie ausgeruht hereinkam und lächelnd um einen Ananassaft bat.
    »Wir treiben diese Gauner vor uns her!«, jubelte er. »Ihre schmutzigen Tricks haben sie eingeholt.«
    »Herzlichen Glückwunsch. Das freut mich wirklich.«
    »Wir schicken die Leitartikel und den Times-Artikel an alle registrierten Wähler.«
    »Wie viel kostet das?«
    »Das ist doch völlig egal. Eine Woche vor den Wahlen dürfen wir nicht geizig sein. Sind Sie bereit?«
    »In einer Stunde geht es los.«
    In den nächsten sieben Tagen würde sie vierunddreißig Orte in zwanzig Countys besuchen. Möglich waren diese Blitzvisiten nur, weil ihr zwei Prozessanwälte eine King Air und einen kleinen Jet zur Verfügung gestellt hatten. Nat hatte die Tournee koordiniert. Vor Ort konnten sie auf die Hilfe von Lehrern, Gewerkschaftsbossen, Führern der afroamerikanischen Gemeinschaft und natürlich Prozessanwälten zählen. Nach Jackson würde sie im Anschluss an die Wahl zurückkehren. Während sie selbst ihre Wahlkampfreden hielt, würde eine letzte Runde Fernsehspots den Bezirk überfluten.
    Wenn die Stimmen ausgezählt waren, war auch der letzte Cent ihrer Spendengelder ausgegeben. Sie konnte nur hoffen, dass sie nicht ins Minus gerieten.
     
    Ron Fisk verließ das Haus schließlich am Montagmorgen, aber er ging nicht wie sonst ins Büro. Stattdessen fuhr er mit Doreen nach Jackson, wo er sich in den Räumen von Judicial Vision zu einer weiteren langwierigen und anstrengenden Besprechung mit Tony Zachary traf. Am Sonntagnachmittag hatten sie sich im Wohnzimmer der Fisks durch ein vierstündiges Gespräch gequält, das zu keiner echten Lösung geführt hatte. Ron wollte alle Wahlkampfaktivitäten einstellen, solange sein guter Name nicht gerettet war. Er hatte Zachary bestimmt viermal gefeuert, aber zumindest redete er noch mit ihm.
    Am Sonntag hatte Tedford in Atlanta den gesamten Tag über und bis in die Nacht hinein

Weitere Kostenlose Bücher