Die Berufung
hinterlassen sollten.
Unterdessen würden die erschöpften Postboten im Süden des Bundesstaates Mississippi jeden Tag Tonnen von Fisk-Propaganda ausliefern, bis der Wahlkampf vorüber war.
Alles natürlich nur mit Mr Fisks Genehmigung.
Nach mehreren Ansätzen war Denny Ott schließlich mit seinem Brief fertig und bat seine Frau, ihn zu lesen. Als sie nichts daran auszusetzen hatte, brachte er ihn zur Post. Und das war der Inhalt:
Lieber Bruder Ted,
ich habe eine Aufzeichnung Ihrer Predigt vom letzten Sonntag gehört, die während des Gottesdienstes vom Radiosender WBMR übertragen wurde. Für mich war das keine Predigt, sondern eine Wahlkampfrede. Ich bin mir sicher, dass Sie regelmäßig Homosexuelle von der Kanzel aus verdammen, und will mich nicht dazu äußern. Ihre Attacke gegen liberale Richter neun Tage vor der Wahl
ist jedoch ein offener Angriff auf Sheila McCarthy, auch wenn diese nicht namentlich erwähnt wird. Dadurch unterstützen Sie natürlich ihren Gegner.
Politische Reden dieser Art sind gesetzlich verboten und vor allem durch die Steuergesetze streng untersagt. Als gemeinnützige Organisation darf sich Harvest Tabernacle nicht politisch engagieren. Ansonsten riskieren Sie, den Status der Gemeinnützigkeit zu verlieren, was für jede Kirche eine Katastrophe sein dürfte.
Ich weiß aus zuverlässigen Quellen, dass sich auch andere Pastoren Ihrer Brotherhood Coalition persönlich und mit ihren Gemeinden in diesem Wahlkampf engagieren. Ich bin davon überzeugt, dass es sich um eine wohlkoordinierte Unterstützung für Ron Fisk handelt, und bin mir sicher, dass Sie und andere an diesem Sonntag Ihre Mitglieder von der Kanzel aus auffordern werden, für ihn zu stimmen.
Mr Fisk wird von einer Verschwörung großer Wirtschaftsunternehmen dazu benutzt, unseren Supreme Court mit Mitgliedern zu besetzen, die kriminelle Machenschaften von Unternehmen schützen, indem sie deren Haftung beschränken. Darunter werden nur die kleinen Leute zu leiden haben - Ihre und meine Gemeindemitglieder.
Denken Sie daran, dass ich an diesem Sonntag zusehen und zuhören werde. Und wenn Sie Ihre ungesetzlichen Aktivitäten nicht einstellen, werde ich nicht zögern, das Finanzamt zu informieren.
Ihr Bruder in Christus,
Denny Ott
Am Donnerstagmittag trafen sich die Mitarbeiter der Kanzlei Payton zu einem kurzen Mittagessen, um die letzten Wahlkampfaktivitäten zu besprechen. An einer Rigipswand im »Loch« hatte Sherman in chronologischer Reihenfolge die bisher von Ron Fisk verwendeten Zeitungsanzeigen arrangiert. Darunter waren sechs ganzseitige Spendenaufrufe aus Zeitungen und fünf Direktmailings. Die Sammlung wurde mittlerweile täglich aktualisiert, weil die Druckerpressen von Fisk Überstunden machten.
Es war eine eindrucksvolle und einigermaßen deprimierende Zusammenstellung.
Mithilfe eines Stadtplans von Hattiesburg und einer Liste der registrierten Wähler teilte Sherman die Viertel in der Nähe der Universität auf. Er würde mit Tabby von Haus zu Haus gehen, Rusty mit Vicky und Wes mit Mary Grace. In den nächsten fünf Tagen mussten sie an zweitausend Türen klingeln. Olivia erklärte sich bereit, den Telefondienst zu übernehmen. Mit ihrer Arthritis war der Einsatz auf der Straße nichts für sie.
Andere Teams, von denen viele aus den Kanzleien örtlicher Prozessanwälte kamen, würden das übrige Hattiesburg und die Vororte abgrasen. Neben der McCarthy-Werbung würden diese Freiwilligen auch Broschüren für Richter Thomas Harrison verteilen.
Die Aussicht, an Hunderte von Türen klopfen zu dürfen, schien zumindest Wes und Mary Grace geradezu verlockend. Seit Montag herrschte in der Kanzlei Beerdigungsstimmung. Das Fiasko mit den Vergleichsverhandlungen hatte sie die letzte Energie gekostet, und die ständigen Gerüchte über einen Insolvenzantrag von Krane jagten ihnen Angst ein. Sie waren entnervt und zerstreut und brauchten ein paar freie Tage.
Der letzte Anstoß kam von Nat Lester. Jeder Wahlkreis in allen siebenundzwanzig Countys war einem Freiwilligen zugewiesen worden, und Nat hatte alle Handynummern. Am Donnerstagnachmittag fing er an, einen nach dem anderen anzurufen. Bis spät am Montagabend würde er ihnen keine Ruhe mehr lassen.
Bruder Teds Antwort wurde der Pine Grove Church persönlich zugestellt. Er lautete folgendermaßen:
Lieber Pastor Ott,
Ihre Sorge rührt mich, und ich freue mich, dass Sie sich für meine Predigten interessieren. Wenn Sie aufmerksam zuhören, werden Sie
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